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Einkauf, Marketing und Marken > Caramba Unternehmensgeschichte

Caramba: Vom Bastler-Geheimtipp zum digitalen Trendsetter

Wie ein traditionsreiches Chemieunternehmen den Spagat zwischen Handwerkerromantik und moderner Marketingstrategie meistert.

Caramba: Ein Multifunktionsöl, das seit über 100 Jahren Rostlöser, Schmiermittel und Allzweckwaffe in einem ist. (Foto: Caramba)

von Midia Nuri

Wenn Sie "Caramba" hören, denken Sie vielleicht zuerst an einen mexikanischen Ausruf. Doch für Generationen von Handwerkern und Bastlern ist Caramba weit mehr: Ein Multifunktionsöl, das seit über 100 Jahren Rostlöser, Schmiermittel und Allzweckwaffe in einem ist. Nun steht das Traditionsunternehmen vor einem Wendepunkt - zwischen bewährter Qualität und digitaler Zukunft.

Von der Apotheke zum Kultprodukt: Die Geburtsstunde von Caramba

Fachsimpelt eine Gruppe von Bastlern oder Handwerkern, hört man immer wieder „Caramba". Das ist nicht der mexikanische Ruf des Erstaunens, der Freude oder Empörung. Die Rede ist vom Fein- und Kriechöl Caramba, bei dem Motorrad- und Wohnwagenbesitzer, die ihr Gefährt über den Winter bringen wollen, schon vor Jahrzehnten glänzende Augen bekamen. Denn es eignet sich für fast alles, entsprechend groß ist das Angebot: vom Kontaktspray über Sofortglanz für den Lack, Polster-Schaumreiniger bis Glas- und Innenraumreiniger, vom Aluspray, über Scheibenenteiser, Motor- und Kartreiniger, zum Silikonspray für Reißverschlüsse, vom Kamin- und Ofenglasreiniger bis zum Druckluftspray für die Reinigung der Tastatur.

1903 meldete Max Elb die Marke „Caramba" an. Der Kommerzienrat betrieb damals ein kleines chemisch-pharmazeutisches Unternehmen in Dresden-Löbtau, dessen Warenverzeichnis unter anderem Putz- und Poliermittel für Holz, Glas und Metall, pharmazeutische Präparate, Rostschutz- und Desinfektionsmittel sowie auch Lebens- und Genussmittel umfasste. Zum Namen Caramba hatte ihn Karl Mays dreiteiliges ­Werk Winnetou inspiriert.

Das Kultprodukt entwickelte aber nicht Elb, sondern die Deutsche Glühstoff-Gesellschaft. Sie erfand eine damals neuartige Grafitlösung als Sprühöl, die nicht nur gut schmierte und schützte, sondern zudem auch noch Rost löste. Die Firma gehörte zur Abteilung Autochemie der Rütgerswerke in Duisburg, die seit 1922 an Elbs Unternehmen beteiligt war und 1948 auch die Produktion ­übernahm.

Vom Nischenprodukt zum Millionenseller: Carambas Aufstieg

Seit 1929 trägt das Schmier- und Kriechöl den Namen der bis dahin kaum gebrauchten Marke Caramba. Schon die erste, 1950 entwickelte, Sprühdose kam dank patentierter Aerosolanlage ohne das seit 1995 verbotene FCKW aus. 1987 lief die hundertmillionste Dose vom Band. In den komplexen und wechselnden Konzernstrukturen – seit 2006 gehörte Caramba zur Berner-Gruppe aus dem baden-württembergischen Künzelsau – führte die Marke ein stiefmütterliches Dasein. „Werbeausgaben für Caramba waren lange fast nicht existent", erinnert sich Reiner Eckhardt, lange Chef der Caramba-Chemie-Gruppe in Duisburg. „Wir haben viel Private-Label-Aufträge gemacht", erklärt Eckhardt. „Wenn dann beispielsweise Scheibenreiniger für Aral oder Mercedes abgefüllt werden sollte, hatte das Priorität." Das soll sich ändern.

Neustart mit alter Stärke: Caramba wird unabhängig

Seit 1. September 2024 ist Eckhardt Eigentümer, Caramba ist jetzt konzernunabhängig. Statt selbst herzustellen, übernehmen das künftig Zulieferer. „Wie bei Coca-Cola", sagt Eckhardt. „Uns gehören die Formeln, wir machen die Vorgaben für Qualität sowie Umweltstandards und Nachhaltigkeit und lassen die Produkte dann in zertifizierten Betrieben abfüllen." Caramba ist es heute Kerngeschäft. „Zwei Drittel des Umsatzes kommen aus dem professionellen Bereich", sagt Eckhardt, also Handwerks- und Industriebetrieben sowie Werkstätten. Der Rest entfällt auf Hobbybastler. Beliebt ist neben dem klassischen Multifunktionsöl vor allem das Silikonspray.

Zwischen Tradition und Digitalisierung: Carambas Zukunftsstrategie

Bisher stammen 60 Prozent des Umsatzes aus dem Inland. Im Ausland lieben offenbar Österreicher, Ungarn und die Staaten auf dem Balkan das Öl. Eckhardt will weitere Länder und junge Menschen als Abnehmer dazugewinnen. „80 Prozent unseres Werbebudgets gehen ins Digitale, vor allem Instagram und Youtube", sagt Eckhardt. „Wir haben einen Influencer, dem die Leute eine halbe Stunde dabei zuschauen, wie er ein altes rostiges Ding saniert."

An den Produkten selbst will der Chef des Spezialchemieherstellers wenig ändern. „Höchstens die Zusammensetzung der Rohstoffe, mit Blick auf Umweltfreundlichkeit, Sicherheit für den Anwender oder wie sie riechen", sagt Eckhardt. Auch über Convenienceprodukte denkt der Gründer nach. Und über eine eigene Caravan-Serie. Damit auch die modernen und oft sehr großen Wohnmobile ökologisch nachhaltig geschmiert in den Urlaub fahren können.

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