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Einkauf, Marketing und Marken > Caravan-Branche Krise

Caravan-Industrie in der Krise: Mittelständische Unternehmen kämpfen um ihre Zukunft

Nach dem Corona-Hoch steckt die deutsche Wohnmobilbranche in der Krise. Überproduktion und Insolvenzen prägen das Bild. Eine Analyse der Lage.

Wohnmobile auf einem Händlergelände: Die Caravan-Branche kämpft mit Überproduktion und sinkender Nachfrage. (picture alliance / Armin Weigel )

Die deutsche Caravan-Branche erlebt einen dramatischen Absturz. Noch vor kurzem konnten sich Hersteller vor Aufträgen kaum retten, heute kämpfen viele ums nackte Überleben. Der Caravaning Industrie Verband (CIVD) meldet für 2024 einen Produktionsrückgang von 16,4 Prozent. Was steckt hinter diesem Abschwung und welche Lehren können mittelständische Unternehmen daraus ziehen?

Von Lieferengpässen zur Überproduktion: Eine Branche im Wandel

Die Caravan-Branche durchlebt turbulente Zeiten. Während der Corona-Pandemie erlebte sie einen regelrechten Boom, da viele Menschen Alternativen zum klassischen Hotelurlaub suchten. Doch die Hersteller konnten aufgrund von Lieferengpässen und Produktionsstopps die hohe Nachfrage nicht bedienen. Nun hat sich das Blatt gewendet: Die Produktion wurde hochgefahren, doch die Nachfrage ist eingebrochen.

Der Caravaning Industrie Verband (CIVD) berichtet von einem Umsatzrückgang auf 15,1 Milliarden Euro im Jahr 2024, was einem Minus von 6 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2023 entspricht. Besonders dramatisch zeigt sich die Situation bei den Produktionszahlen: 16,4 Prozent weniger Freizeitfahrzeuge verließen 2024 die Werkshallen als im Vorjahr.

Knaus Tabbert: Vom Börsenstar zum Krisenfall

Ein Paradebeispiel für die Probleme der Branche ist der Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert. Das Unternehmen, das 2020 noch als "agiler Marktführer in einem boomenden Umfeld" an die Börse ging, hat mittlerweile 75 Prozent seines Börsenwerts eingebüßt. Um das Überangebot zu reduzieren, sah sich Knaus Tabbert gezwungen, die Produktion in zwei seiner vier Werke zeitweise einzustellen.

Doch die Probleme gehen über die reine Marktsituation hinaus. Gegen ehemalige Vorstände und Mitarbeiter wird wegen Betrugsvorwürfen ermittelt. Offenbar hatten sich Zulieferer Aufträge bei Knaus Tabbert erkauft. Diese Entwicklung hat nicht nur das Vertrauen der Investoren erschüttert, sondern wirft auch ein schlechtes Licht auf die gesamte Branche.

Warum die Caravanbranche in die Krise gerutscht ist

Die aktuelle Krise in der Caravanbranche hat multiple Ursachen. Hier sind fünf zentrale Gründe für den Abschwung:

1. Überproduktion nach Lieferengpässen:

Nach den Lieferschwierigkeiten während der Corona-Pandemie haben viele Hersteller ihre Produktion massiv hochgefahren. Dies führte zu einem Überangebot, das nun nicht mehr vom Markt absorbiert werden kann. Die Lagerbestände bei den Händlern sind entsprechend hoch und belasten deren Liquidität.

2. Nachlassende Nachfrage:

Der Coronabedingte Boom im Caravaning-Sektor ist abgeflaut. Viele Kunden, die sich während der Pandemie ein Wohnmobil zugelegt haben, planen nun keine Neuanschaffung. Zudem kehren viele Urlauber zu klassischen Reiseformen zurück, was die Nachfrage nach Wohnmobilen und Wohnwagen zusätzlich dämpft.

3. Wirtschaftliche Unsicherheit:

Die allgemeine wirtschaftliche Lage und steigende Zinsen verunsichern potenzielle Käufer. Große Anschaffungen wie ein Wohnmobil werden in unsicheren Zeiten eher aufgeschoben. Dies trifft die Caravanbranche besonders hart, da ihre Produkte als Luxusgüter gelten.

4. Steigende Kosten:

Erhöhte Rohstoff- und Energiepreise belasten die Hersteller. Diese Kostensteigerungen können nicht vollständig an die Kunden weitergegeben werden, was die Margen der Unternehmen schmälert und ihre finanzielle Stabilität gefährdet.

5. Strukturelle Probleme:

Einige Unternehmen in der Branche haben es versäumt, sich rechtzeitig auf veränderte Marktbedingungen einzustellen. Ineffiziente Produktionsstrukturen und mangelnde Flexibilität in der Angebotsgestaltung rächen sich nun in der Krisensituation.

 

Caravaning Henschel: Ein Traditionsunternehmen in der Insolvenz

Die Krise in der Branche trifft nicht nur die Hersteller, sondern auch den Handel. Ein aktuelles Beispiel ist die Insolvenz der Caravaning Henschel Reisemobile und mehr GmbH aus Aalen. Das seit über 40 Jahren bestehende Unternehmen musste Insolvenz anmelden, wie aus dem Register für Insolvenzbekanntmachungen hervorgeht.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Tobias Humpf sieht dennoch Grund zur Zuversicht: "Unsere Aufgabe ist es, die Tradition dieses Unternehmens zu bewahren und gleichzeitig Wege zu finden, es wirtschaftlich zukunftsfähig zu machen." Humpf plant, den Betrieb zu stabilisieren, fünf Arbeitsplätze zu retten und sogar neue Mitarbeiter einzustellen.

Dieser Fall zeigt exemplarisch, vor welchen Herausforderungen mittelständische Unternehmen in der Caravan-Branche stehen. Die Suche nach Investoren läuft auf Hochtouren, um eine langfristige Zukunftsperspektive zu schaffen. Für Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen lassen sich daraus wichtige Lehren ziehen:

  • Flexibilität in der Unternehmensausrichtung ist entscheidend. Caravaning Henschel hatte sich auf Reparaturen, Wartungen und Serviceleistungen spezialisiert – ein Geschäftsmodell, das in Krisenzeiten möglicherweise angepasst werden muss.
  • Die Diversifizierung des Angebots kann helfen, Risiken zu streuen. Neben dem Kerngeschäft führt Henschel Caravaning auch Campingzubehör, Elektrogeräte und andere verwandte Produkte.
  • Eine solide Finanzstruktur ist unerlässlich, um Krisenzeiten zu überstehen. Unternehmen sollten rechtzeitig Rücklagen bilden und ihre Kreditlinien überprüfen.
  • Die Suche nach strategischen Partnern oder Investoren sollte frühzeitig eingeleitet werden, nicht erst, wenn die Insolvenz droht.
  • Eine transparente Kommunikation mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten kann helfen, das Vertrauen in schwierigen Zeiten aufrechtzuerhalten.

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