
Bei allen wirtschaftlichen Möglichkeiten bleibt China ein Land großer Risiken, Unwägbarkeiten und Ungerechtigkeiten. Wie kaum eine andere Volkswirtschaft verschafft das Reich der Mitte heimischen Firmen durch Regeln und Subventionen globale Wettbewerbsvorteile und baut gleichzeitig Hürden für ausländische Konkurrenten auf.
Unter dem Deckmantel der Steuererleichterung hat China nun dafür gesorgt, dass ausländische Unternehmen ihre in China erwirtschafteten Gewinne nicht mehr an die Muttergesellschaft abführen – sondern stattdessen in China reinvestieren. Denn für die in China reinvestierten Gewinne wird die Dividendenbesteuerung für bestimmte Industriebereiche ausgesetzt. Konkret bedeutet das für ausländische Unternehmen dieser Branchen, dass sie die mit ihrer in China steueransässigen Tochter erzielten Gewinne vorerst nicht versteuern müssen, wenn sie per Equity-Investment im Land reinvestiert werden. Weitere Voraussetzung ist, dass die Investition ohne Umwege über Dritte im In- oder Ausland vom investierenden an das zu fördernde Unternehmen fließt. Da das Gesetz mit Rückwirkung zum 1. Januar 2017 gilt, können deutsche Mittelständler auch für das vergangene Jahr Erstattungen geltend machen. Zu den betroffenen Industriesektoren zählen Informationstechnologie, Robotertechnik, Halbleiterindustrie, Elektromobilität sowie Ausrüster für Raum- und Seefahrt.
Plan geht auf: 7,9 Prozent mehr Investitionen
Das Kalkül der chinesischen Regierung, auf diesem Wege mehr Auslandsinvestitionen zu generieren, ging bereits auf. Während die ausländischen Investitionen in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres nur um 1,9 Prozent höher waren als im Vorjahreszeitraum, legten sie im November und Dezember 2017 so rasant zu, dass sich im Gesamtjahr ein Plus von 7,9 Prozent ergab. Auch in den ersten beiden Monaten 2018 stiegen die Direktinvestitionen aus dem Ausland in China um 0,5 Prozent zum Vorjahreszeitraum. 8.848 Unternehmen mit ausländischem Kapital wurden seit Anfang Januar in China gegründet, eine Steigerung um 129 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Unternehmen sollten beachten, dass es sich bei der Regelung nicht um eine Steuerbefreiung handelt, warnt Falk Lichtenstein, Partner bei der internationalen Rechtsanwaltskanzlei CMS: „Der Zeitpunkt der Steuerpflicht wird lediglich hinausgeschoben, von der Feststellung der Dividende hin zu dem Zeitpunkt, an dem der Gesellschafter den wirtschaftlichen Wert des Reinvestments realisiert, etwa bei einem Verkauf der Geschäftsanteile oder einer Liquidation und Repatriierung des Investments.“
Hin und Her bei Gewinnrückführung
Von dauerhaften Steuererleichterungen können Unternehmen aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen China und Deutschland profitieren. Es trat ebenfalls zum Januar 2017 in Kraft und verspricht deutschen Unternehmen eine vorteilhafte Dividendenbesteuerung von nur 5 Prozent. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen eine Kapitalgesellschaft ist (etwa GmbH oder AG, keine Briefkastenfirma) und mindestens 25 Prozent der Geschäftsanteile an der chinesischen Firma hält.
Diese positiven Entwicklungen lassen die jüngsten Probleme mit gewinnbringenden Geschäften etwas in Vergessenheit geraten. So hatten im Herbst 2016 Banken der gesamten Volksrepublik Dividendenzahlungen ins Ausland stark eingeschränkt. Grund war der Rückgang der Devisenreserven: Innerhalb eines Jahres waren sie um mehr als 1 Billion US-Dollar geschmolzen. China hatte damals mit zahlreichen Maßnahmen versucht, die Abwertung des Renminbi und den Abfluss von Kapital ins Ausland zu begrenzen. Die chinesische Währung war durch die im Vergleich zu früheren Jahren schwächeren Wachstumsaussichten der Wirtschaft und durch steigende Zinsen vor allem in den USA unter Druck geraten.
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Quotenregelung begrenzt Auslandstransfers
Konkret hatte das Devisenamt Chinas damals die Banken dazu aufgefordert, Auslandsüberweisungen ab einer Höhe von 5 Millionen US-Dollar streng zu überprüfen. Jeder einzelnen Bank wurde eine Quote vorgegeben. Eine Rechtsgrundlage für das Vorgehen der staatlichen Banken gab es damals laut Experten nicht. Teilweise konnten deutsche Firmen ihre Gewinne nicht mehr an die deutsche Mutter abführen, weil andere Firmen bei der gleichen Bank die Quote schon ausgeschöpft hatten. Ebenso konnten Rückzahlungen von Darlehen blockiert werden, die von der Muttergesellschaft in Deutschland gewährt wurden. Nur wenige Wochen nach Einführung der Beschränkungen wurden diese jedoch wieder aufgehoben.
Für die Rückführung von in China erzielten Gewinnen an die deutsche Mutter gibt es seitdem nur noch eine Einschränkung: „Jedes Jahr müssen Unternehmen 10 Prozent der Nachsteuergewinne in den gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagenfonds einzahlen, bis dieser 50 Prozent des Stammkapitals erreicht“, erklärt China-Experte Lichtenstein. Auch weiterhin dürfe darüber hinaus nur auf ein Konto des Gesellschafters überwiesen werden darf. Wenn Banken Zweifel an der Richtigkeit des Adressaten haben, lehnen sie den Transfer gewöhnlich ab.

Dieser Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 04/2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.