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Einkauf, Marketing und Marken > Globaler Markenwandel

Chinesische Marken erobern die Welt - der stille Aufstieg im globalen Einzelhandel

Von Fast Food bis Videospiele: Neue Marken aus dem Reich der Mitte hinterlassen weltweit ihre Spuren.

Pop Mart sorgt mit schrillen Sammelfiguren wie Labubu weltweit für Kultstatus – und wird zum Symbol für Chinas neue Markenmacht. (Foto: shutterstock)

Chinesische Marken erobern die Welt – zum Vorteil für uns alle

Fragt man einen westlichen Konsumenten nach einer erfolgreichen chinesischen Konsumgütermarke, so hätten viele bis vor Kurzem noch mit der Antwort gerungen. Zwar gilt China seit Langem als führende Fertigungsnation, doch fehlte es an eigenständigen, originellen Marken im Einzelhandel – selbst während seine Fabriken Jahr für Jahr unzählige Produkte für ausländische Unternehmen herstellten. Das jedoch ändert sich derzeit grundlegend: Innovative chinesische Marken treten zunehmend auf den Plan. Davon profitieren Konsumenten und Investoren weltweit.

Von Mixue bis Pop Mart: Wie Chinas Marken die Welt erobern

Ob in Stockholm oder Sydney – das geräuschlos vorbeigleitende Elektroauto stammt heute mit wachsender Wahrscheinlichkeit aus China. Die Eiskrem- und Getränkekette Mixue hat McDonald’s in der Zahl der Filialen weltweit überholt und expandiert nun in Südamerika – ebenso wie Meituan, eine Lieferdienst-App aus Peking. Die Teekette Chagee plant bis Ende 2027 mindestens 1.300 Filialen außerhalb Chinas, vor allem in Südostasien – vor wenigen Jahren existierte sie international praktisch nicht. Und der Spielwarenhersteller Pop Mart sorgt mit seinen seltsam grinsenden (oder sind es Grimassen?) neun-zähnigen Labubu-Puppen für einen Hype, der dem von Disney Konkurrenz macht. Zu den prominenten Fans zählen Rihanna und David Beckham.

Vom Billigimage zur Brandpower

Zwar kaufen westliche Konsumenten seit Jahrzehnten Produkte „Made in China“ – doch sie wurden meist für westliche Firmen designt. Erst mit der neuen Generation digitaler Handelsplattformen wie Shein und Temu begannen chinesische Anbieter, auch unter eigenem Namen globale Märkte zu erobern – zunächst mit günstiger Massenware, oft ohne Hinweis auf ihre Herkunft. Chinesische Marken galten lange als minderwertig, wenig kreativ und künstlich subventioniert. Lebensmittelskandale und fragwürdige Arbeitsbedingungen trugen nicht zur Imagepflege bei.

Diese Stereotype werden nun von einer neuen Unternehmergeneration infrage gestellt. Viele neue Marken werben selbstbewusst mit ihren chinesischen Wurzeln: Das Logo von Chagee zeigt eine Peking-Opernsängerin in traditioneller Kopfbedeckung – die Namensgebung verweist auf das klassische Opernstück „Lebewohl, meine Konkubine“. Das erfolgreiche Videospiel „Black Myth: Wukong“ basiert auf dem legendären Affenkönig aus dem chinesischen Epos „Die Reise nach Westen“.

Qualität steht mittlerweile ebenso im Fokus wie der Preis: Die Getränke von Chagee kosten mitunter so viel wie bei Starbucks, chinesische E-Autos glänzen nicht nur mit niedrigem Preis, sondern auch mit hochentwickelten Entertainment-Systemen. Sammlerstücke von Pop Mart erzielen Preise von bis zu 835 Dollar.

 

Chinas Markenwandel: Vom Nachahmer zum Innovator

Während sich chinesische Unternehmen früher durch günstige Imitationen westlicher Produkte profilierten, verfügen viele heute über eigenes wertvolles geistiges Eigentum. Zwar preisen staatliche Medien die Labubu-Puppen, doch erhält ein Großteil dieser neuen Marken kaum staatliche Subventionen – mit Ausnahme der E-Auto-Hersteller. Die chinesischen Kapitalmärkte, die eigentlich Zukunftstechnologien fördern sollen, benachteiligen Konsumgüterunternehmen: In den vergangenen zwei Jahren entfielen nur drei Prozent des Emissionsvolumens auf sie, während Halbleiterfirmen fünfmal so viel Kapital erhielten.

Der Aufstieg der Drachenmarken

Der globale Aufstieg chinesischer Konsummarken ist ein Gewinn für alle: Konsumenten erhalten Zugang zu mehr und originelleren Produkten; Investoren entdecken neue Märkte jenseits der Technologie-Sicherheitskonflikte. Die politische Sensibilität gegenüber chinesischer Tech – ob bei TikTok oder hypothetisch bei einem Börsengang der KI-Firma DeepSeek – macht Beteiligungen schwierig. Doch Teeshops und Spielzeuge gelten als unbedenklich: Selbst während der Handelskonflikt zwischen den USA und China im April eskalierte, ging Chagee in New York an die Börse und sammelte über 400 Millionen Dollar für die globale Expansion ein. Viele weitere Marken sind bereits in Hongkong gelistet oder bereiten entsprechende Schritte vor.

Westliche Unternehmen täten gut daran, aufzuwachen – und den Duft von Bubble Tea wahrzunehmen. Denn innerhalb Chinas schwindet der Prestigevorsprung ausländischer Marken. Wer in Zukunft im Reich der Mitte erfolgreich sein will, muss die kulturellen Nuancen chinesischer Konsumenten besser verstehen – oder sich gar mit innovativen chinesischen Partnern zusammentun, um Einblick und Inspiration zu gewinnen.

Noch stehen chinesische Marken erst am Anfang ihres globalen Siegeszugs. Doch chinesische Autobauer bringen westliche Hersteller bereits dazu, ihre Strategien neu zu überdenken. Und der Wettbewerbsdruck aus China könnte westliche Giganten wie Disney oder Mattel zu neuer Kreativität anspornen. Die Reise chinesischer Marken nach Westen – ganz wie die des legendären Affenkönigs – könnte sich als höchst lohnend erweisen.

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Aus The Economist, übersetzt von der Markt & Mittelstand Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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