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Kunden & Märkte > Bedeutung für Sanktionspolitik

Das russische Wachstum liegt über dem deutschen

Deutschland steckt in einer Rezession, die Zahlen dazu sind jetzt offiziell. Russland dagegen verzeichnet ein leichtes Wachstum, auch diese Zahlen sind nachprüfbar. Was heißt das für die Sanktionspolitik? Ein Kommentar.

Die russische Wirtschaft erholt sich.
Die russische Wirtschaft wächst: Container im Hafen von St. Petersburg in Russland. Bild: picture alliance / imageBROKER | Stephan Gabriel

Die eine Meldung hat bei uns jetzt zu einem Achselzucken geführt, die andere haben wir gleich gar nicht wahrgenommen.

Die eine Meldung lautet so: Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland ist um 0,3 Prozent im ersten Quartal gesunken. Europas größte Volkswirtschaft landet damit in der Rezession, da auch schon im vorangegangenen Quartal die Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent gesunken war. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer Rezession gesprochen. Schuld daran ist der private Konsum, der angesichts der hartnäckig hohen Inflation um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zurückgegangen ist. Ein belegtes Brot für vier Euro beim Bäcker können sich die meisten Menschen eben nicht mehr leisten. Man hat es geahnt – deswegen das Achselzucken. Und so schlimm wird es ja auch nicht. Immerhin gibt es kaum Arbeitslosigkeit, die Börse läuft und der Sommer steht vor der Tür.

Die andere Meldung, die unbemerkt geblieben ist, geht so: Der russische Machthaber Wladimir Putin hat bei einer Videokonferenz zu Wirtschaftsfragen mit Ministerien und der Zentralbank vor gut einem Monat, für seine Wirtschaft eine Art Entwarnung gegeben. Ein Minus von 0,8 Prozent beim BIP hatte er für dieses Jahr erwartet, jetzt sehe es etwas besser aus. Sein Wirtschaftsminister konkretisierte ein paar Tage später: „Wir schätzen die BIP-Wachstumsrate in diesem Jahr auf 1,2 Prozent.“

Fakenews? Nein. Auch die World Trade Organisation WTO und der Internationale Währungsfonds (IWF) erwarten in diesem Jahr für Russland ein Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent. Das klingt anders als die derzeitige Einschätzung für Deutschland. Die Inflationsprognosen liegen ebenfalls keine Welten auseinander. So erwartet der IWF, dass sich die Inflation in Russland in diesem Jahr von 12,4 Prozent 2022 auf 6,2 Prozent halbiert. Ob in Deutschland 2023 am Ende wirklich eine Inflation von 3,6 Prozent steht nach 9,8 Prozent im letzten Jahr, ist keine ausgemachte Sache.

Die unterschiedlichen Entwicklungen müssten an sich genau andersherum verlaufen, wenn die Sanktionen des Westens, an die sich Deutschland angeschlossen hat, so wirken, wie wir uns das vorgestellt haben. Um nicht missverstanden zu werden: Dass dies nicht der Fall ist, spricht nicht dafür, bei den Sanktionen nachzulassen. Es lässt sich aber an diesen beiden Entwicklungen ablesen, wie hoch der wirtschaftliche Preis ist, den die Deutschen für ihre Haltung zahlen. Den Zahlen nach ist er höher als der russische.

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