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Zukunftsmärkte > Führung

„Der Weg ins Büro muss sich lohnen“

Microsoft-Deutschland-Chefin Marianne Janik über die Zukunft des klassischen Arbeitsplatzes, neue Formen der Führung und Tücken des Homeoffice.

Microsoft-Deutschland-Chefin Marianne Janik über die Zukunft des klassischen Arbeitsplatzes, neue Formen der Führung und Tücken des HomeofficeBild: Microsoft

Wie erreichen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn Sie sie nicht physisch treffen?

Sie haben heute keine Chance, modern zu führen, wenn Sie nicht die Breite aller Möglichkeiten nutzen. Dazu gehören natürlich moderne Technologien als Brücke zwischen der digitalen und der physischen Welt: Videomeetings, spontane Chats, das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten, die klassische E-Mail, aber auch der bidirektionale Austausch über unser firmeninternes soziales Netzwerk Yammer.

Welche Ansprüche haben Sie an Mitarbeiter im Homeoffice?

Ich würde die Frage lieber umdrehen. Denn als Führungskraft in einer hybriden Arbeitswelt muss ich vor allem den individuell sehr unterschiedlichen Ansprüchen der Mitarbeitenden gerecht werden. Wir beobachten, dass immer mehr Menschen außerhalb des 9-to-5-Rhythmus arbeiten – weil es sich besser mit ihrem Leben vereinbaren lässt. Die Herausforderung ist, diese persönlichen Bedürfnisse mit der Zusammenarbeit im Team in Einklang zu bringen. Und natürlich ist auch der Schutz vor Selbstüberforderung eine wichtige Führungsaufgabe. Flexibles Arbeiten darf nicht „immer verfügbar“ bedeuten.

Welche digitalen Führungsmethoden nutzen Sie?

Ich glaube nicht an die eine Methode. Gute Führung muss aus allem bestehen, was nötig und möglich ist, und dazu gehören neben den erwähnten Tools vor allem jetzt und künftig auch und insbesondere Soft Skills. Ich habe beispielsweise angefangen, bewusster auf Körpersprache zu achten – meine eigene wie die meiner Kolleg*innen. Dann kann ich gerade in hybriden Meetings besser einschätzen, ob wir auch wirklich alle mitnehmen.

Können sich Führungskräfte Homeoffice leisten?

Unbedingt. Führungskräfte haben an dieser Stelle sogar eine Vorbildfunktion. Es ist wichtig, dass sie hybride Arbeit auch am eigenen Leib erleben, nur dann können sie auch wirklich auf die Bedürfnisse ihres Teams eingehen. Außerdem vermeiden sie die Gefahr des sogenannten Proximity-Bias. Das bedeutet, dass die Leistungen im Büro besser bewertet werden, weil sie unter den Augen des Chefs stattfinden. Ich hoffe wirklich, dass die alte Formel Anwesenheit = Leistung bald endgültig ausgedient hat.

Nimmt die Identifikation mit der eigenen Firma ab?

Die Gefahr besteht. Tatsächlich aber stand es in Deutschland beim Thema Mitarbeiterbindung schon vor der Pandemie nicht zum Besten. Auch digitale Zusammenarbeit kann identitätsstiftend sein, wenn sie von Vertrauen, Wertschätzung und klaren Zielvorgaben geprägt ist. Das bedeutet, dass Führungskräfte gerade jetzt mehr Achtsamkeit und Empathie brauchen, damit zu jeder Zeit alle Kolleg*innen gleichermaßen Gehör finden – egal wo sie gerade arbeiten.

Welche Technologien setzen sich durch?

Es setzt sich durch, was praktischen Nutzen bringt und intuitiv anwendbar ist. Eine dezentral arbeitende Belegschaft braucht Tools, um sich bestmöglich zu vernetzen und kreativ, flexibel und innovativ zusammenarbeiten zu können. Das ist ein kontinuierlicher Lernprozess auch für Technologieanbieter. Viele neue Funktionen in Microsoft Teams sind aus dem Feedback von Anwendern entstanden. Auch die Idee für unsere Employee-Experience-Plattform Viva. Sie bietet Unterstützung bei Themen wie Wellbeing, persönliche Ressourcenplanung oder Fortbildung. Und was die Zukunftsmusik angeht: Da arbeiten wir bei Microsoft intensiv an Themen wie holografischen Meetings und Lösungen für das Metaverse.

Datensicherheit, Übertragungsstabilität – müssen Firmen die IT aufrüsten?

Leider werden die Gefahren von Cyberattacken grundsätzlich immer noch stark unterschätzt. Die gute Nachricht ist: Auch kleinere Unternehmen ohne große IT-Abteilung können heute ein hohes Schutzniveau erreichen, beispielsweise durch Sicherheitslösungen aus der Cloud. Neben technischen Lösungen für die IT-Infrastruktur investieren wir auch sehr viel in Schulungen für Kunden und Partner. Denn ein Großteil der Angriffsmuster läuft weiterhin über Betrugsmaschen, die auf Mitarbeitende abzielen.

Was bedeutet das für das Büro als Immobilie – braucht es die noch in alter Pracht?

Die alte Pracht kann durch eine optimale technische Ausstattung und ein angepasstes Raumkonzept in neuem Glanz erstrahlen. Büros werden künftig hauptsächlich als Orte der Begegnung und zum Arbeiten im Team genutzt werden. Es ist an der Zeit, die Rolle des Büros neu zu denken und Flächen so zu gestalten, dass sie zum hybriden Zusammenarbeiten einladen, Kreativität fördern und Möglichkeiten zum Austausch schaffen. Kurz gesagt: Der Weg ins Büro muss sich lohnen. Ich selbst habe übrigens in den letzten zehn Jahren kein eigenes Büro mehr gehabt.

Wie viel Homeoffice ist zu viel?

Prinzipiell gibt es kein pauschales „Zuviel an Homeoffice“, ebenso wie es kein pauschales „Zuviel an Büro“ gibt. Kritisch wird es, wenn sich die Bindung zu Kolleg*innen und Unternehmen auflöst. Doch wenn die Kultur nicht stimmt, passiert das auch im Büro. Außerdem hängt die Beantwortung dieser Frage natürlich stark vom Tätigkeitsfeld ab – von einer Salesperson erwarte ich, dass sie auch „unterwegs“ ist, wohingegen ein Entwickler seine beste Arbeit in eigener Konzentration abliefern wird.

Fremdelt der Mittelstand mit dem Thema?

Der aktuelle KfW-Digitalisierungsbericht zeigt: Es bewegt sich was im Mittelstand. Auch bei Themen wie der hybriden Arbeitswelt. Rund 35 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland haben ihre Digitalisierungsaktivitäten seit Pandemiebeginn ausgeweitet. Unterstützung bieten hier auch unsere rund 30.000 IT-Partnerunternehmen. Die sitzen auch in der Fläche. Und weil die meisten dieser Partner selbst Mittelständler sind, kennen sie die typischen Herausforderungen ihrer Kunden in der digitalen Transformation sehr genau. Ich bin sehr optimistisch, dass wir gemeinsam mit diesem Partnernetzwerk und durch Kooperationen wie mit dem Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft die digitalen Blockaden im Rückgrat der deutschen Wirtschaft lösen – das gilt dann auch für das Homeoffice und das Büro in neuer Pracht.

oli

Die Digitale

Marianne Janik ist seit November 2020 Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland.
Die promovierte Juristin engagiert sich stark für den digitalen Wandel besonders bei Innovation, Sicherheit ­sowie Aus- und Weiterbildung.
Sie ist unter anderem Mitglied im Präsidium des Branchenverbandes Bitkom und „Member of the Board of Directors“ der AmCham Germany.

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