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Zukunftsmärkte > Automarkt verloren?

Auto-Streit bei Markus Lanz: Der schmale Grat zwischen Premium-Chance und China-Falle 

Ex-VW-Chef Diess sieht 50:50-Chance für deutsche Hersteller - Fokus auf Premiumsegment als Überlebensstrategie 

Deutsche Autoindustrie zwischen Premium-Chance und China-Dominanz (Foto: shutterstock)

Die deutsche Automobilindustrie steht an einem Scheideweg: Während China im Massenmarkt für E-Autos davonzieht, sieht Ex-VW-Chef Herbert Diess noch eine realistische Chance für deutsche Hersteller - allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. In der Sendung "Markus Lanz" skizzierte er einen möglichen Weg aus der Krise, der die Branche polarisiert.

Premium als Rettungsanker: Deutschlands letzte Bastion

Die Situation der deutschen Autoindustrie präsentiert sich komplex. Bei "Markus Lanz" formulierte Ex-VW-Chef Herbert Diess eine klare These: "Die Chancen, dass die deutsche Automobilindustrie in zehn Jahren noch Weltspitze ist, liegen bei 50:50" .
 
Der Fokus auf das Premiumsegment könnte dabei den entscheidenden Unterschied machen. "In Deutschland werden fast nur noch teure Autos hergestellt", konstatierte Diess in der Sendung. Diese Position basiere auf jahrzehntelanger Dominanz.

 

Im Premiumsegment ist Deutschland seit mehr als dreißig Jahren führend, weil wir es geschafft haben, einen unglaublich starken Heimatmarkt zu schaffen.

Ex-VW-Chef Herbert Diess

Chinas Überholmanöver: Systematische Markteroberung statt Zufall

Die Dynamik der chinesischen Entwicklung überraschte selbst Branchenkenner. Christina Kunkel von der Süddeutschen Zeitung widersprach in der Sendung der These einer zufälligen Entwicklung: "Es gab eine ganz klare Industriestrategie. China hat schon vor 20 Jahren angefangen, sich diese Rohstoffe zu sichern, die Weiterverarbeitung sich zu sichern, die Technologie aufzubauen."  
 
Interessant ist dabei Diess' differenzierte Einschätzung des chinesischen Marktes: "Der chinesische Markt ist ein Desaster. Es gibt außer einem Hersteller keinen, der dort Geld verdient. Der Wettbewerb ist tödlich. BYD verdient Geld, aber auch nicht genug. Der Rest verdient kein Geld, verbrennt Eigenkapital."  

 

Technologische Weichenstellung: Der Streit um den richtigen Weg


Ein zentraler Konflikt entwickelte sich in der Sendung zwischen FDP-Fraktionschef Christian Dürr und den Experten. Dürr plädierte für Technologieoffenheit: "Ich rate dringend davon ab, dass Politiker sich hinstellen und über Technologien entscheiden, die die Zukunft bestimmen."  
 
Autoexperte Stefan Bratzel konterte scharf: "Mit dieser Haltung verspielen Sie die Zukunft der deutschen Automobilindustrie“. Diess positionierte sich ebenfalls klar: "Energieoffenheit ja, aber der Staat muss die Leitlinien vorgeben."  

 

Diess: Wir haben noch nicht verloren


Für die Zukunft formulierte Diess klare Bedingungen: "Wir brauchen einen starken Heimatmarkt für Elektrofahrzeuge" und "Wir müssen nun in der elektrischen Welt darstellen, dass wir bessere Autos bauen können. Das werden wir nur schaffen, wenn wir sie mögen, wenn wir sie lieben."  
 
Seine abschließende Einschätzung war dabei vorsichtig optimistisch: "Wir dürfen uns nicht eingraben und sagen: Wir haben verloren. Das ist noch nicht der Fall. Wir haben noch nicht verloren." Allerdings fügte er hinzu: "Den Rückstand können wir nur aufholen zusammen mit den Chinesen. Alleine werden wir es nicht schaffen."

 

Fazit

Die Zukunft der deutschen Automobilindustrie hängt maßgeblich von der Fähigkeit ab, die vorhandenen Stärken im Premiumsegment in die Ära der Elektromobilität zu übertragen. Dafür braucht es einen starken Heimatmarkt, schnelle Ladeinfrastruktur und eine klare strategische Ausrichtung. Die von Herbert Diess genannten "50:50-Chancen" erscheinen realistisch - allerdings nur, wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden.
 
Die Abhängigkeit von China wird sich kurzfristig nicht auflösen lassen. Umso wichtiger ist es, die verbleibenden Handlungsoptionen zu nutzen und das Premiumsegment als Brückenkopf in die Zukunft zu etablieren. Dabei wird entscheidend sein, ob es gelingt, die deutschen Konsumenten von E-Autos zu überzeugen - oder wie Diess es formuliert: "Wir müssen sie nicht nur mögen, wir müssen sie lieben."

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