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Zukunftsmärkte > Hapag-Lloyd

Deutschlands Gewinnmaschine zahlt kaum Steuern und ein Milliardär profitiert

Überall fehlt es an Teilen – und die, die sie transportieren, verdienen mehr denn je. Das hat auch damit zu tun, dass Kartelle ungestraft den Markt dominieren. Deutschlands größte Reederei erlöst in diesem Umfeld mehr als jedes andere Unternehmen hierzulande, ohne nennenswert Steuern zu zahlen. Davon profitiert ausgerechnet Deutschlands streitbarster Milliardär.

Wenn nicht noch etwas schief geht, wird Hapag-Lloyd in diesem Jahr rund 18 Milliarden Euro verdienen und Firmen wie Volkswagen damit als gewinnträchtigsten Konzern hierzulande ablösen. © Shutterstock

Wenn nicht noch etwas schief geht, wird Hapag-Lloyd in diesem Jahr rund 18 Milliarden Euro verdienen und Firmen wie Volkswagen damit als gewinnträchtigsten Konzern hierzulande ablösen. Deutschlands größte Reederei ist damit auch in der Diskussion für eine Übergewinnsteuer, schließlich profitiert sie von der Krise um uns herum wie kein anderes Unternehmen. In den USA gerieten Reedereien politisch so unter Druck, dass Präsident Joe Biden im Juni den Ocean Shipping Reform Act unterzeichnete. Die Verordnung schränkt den Handlungsspielraum der Konzerne spürbar ein. In Frankreich scheiterte eine Steuer auf die Krisen-Gewinne für Transportunternehmen vorerst nur, weil den Unternehmen strenge Auflagen gemacht wurden.

In Deutschland ist Hapag-Lloyd dagegen bisher nicht ins Scheinwerferlicht geraten. 2021 zahlte die Reederei auf ihren 9,4 Milliarden Euro schweren Rekordewinn gerade einmal 61 Millionen Steuern ans Finanzamt – eine Quote von 0,67 Prozent. In diesem Jahr sind es trotz der Rekordgewinne bisher nur 77 Millionen Euro. Aufgrund der sogenannten Tonnagesteuer wird nicht der Gewinn, sondern lediglich pauschal die Größe der Schiffe besteuert, was den Reedereien in Boomphasen zu enormen Einsparungen verhilft.


EU macht es Reedereien leicht

Hapag-Lloyd spielt in der Welt, wie sie gerade tickt, keine Sonderstellung: Fast alle großen Reedereien profitieren von den Engpässen im Logistikmarkt – vor kurzem hatte auch Wettbewerber Maersk Rekordzahlen veröffentlicht. Derr Grund: Es gibt zu viel Fracht für zu wenige Schiffe. Wer sich den Markt genau anschaut, erkennt drei große Kartelle, die mit Billigung der Politik den Kuchen unter sich aufteilen. Und wo wenig Konkurrenz herrscht, steigen die Preise – die am Ende die Verbraucher bezahlen müssen.

 

Wer sich fragt, warum die Inflationsrate so steigt, muss  auf die Weltmeere schauen. Die drei Dickschiffe CMA, CGM und Evergreen gaben sich den maritimen Namen „Ocean Alliance“. Die beiden Marktführer MSC und Maersk nannten sich kurz „2M“ und zum dritten im Bunde, zu „The Alliance“ gehört unter anderem Hapag-Lloyd. Diese drei Allianzen machen laut Marktforscher Alphaliner 83 Prozent des Weltmarktes aus.

Kritik gibt es seit langem und sie wird angesichts der aktuellen Bilanzzahlen der Reedereien immer lauter. Der Zentralverband der Seehafenbetriebe fordert nicht zuletzt die EU auf, dieser Übermacht der Reeder-Allianzen ein Ende zu bereiten. Konkret soll verboten werden, dass sich die Reeder zusammentun, um mit gebündelter Marktmacht Preise für Hafendienstleistungen und den Hinterlandverkehr zu drücken. Das erlaubt die sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung der EU, die 2024 ausläuft und nun umso kritischer betrachtet wird.

 

Hapag-Lloyd-Vorstandschef Rolf Habben Jansen verteidigt wie auch seine Amtskollegen die Zusammenschlüsse. „Ohne die Arbeitsteilung innerhalb der Allianzen wären die Lieferengpässe während der Pandemie noch deutlich stärker ausgefallen.“ Zudem deutet einiges darauf hin, dass die Rekordzahlen für Hapag-Lloyd einmalig sind: Die Engpässe auf den Weltmeeren haben sich zuletzt wieder entspannt, die Preise für Fracht sinken. Umgekehrt steigen die Treibstoffkosten.

 

Bei Hapag-Lloyd haben die hohen Gewinne eine besondere Bedeutung, weil der wichtigste Eigentümer Klaus-Michael Kühne ist. Der 85jährige Milliardär bringt derzeit die Lufthansa in Turbulenzen, weil er auf einen Sitz im Aufsichtsrat beharrt, aber nicht sagt, was er mit seinem Aktienanteil von 17,5 Prozent vorhat. Bei der Lufthansa herrscht Unklarheit, selbst eine komplette Übernahme der Airline durch Kühne halten viele für möglich. Die Gewinne von Hapag-Lloyd könnten dabei nützlich sein, auch wenn es dafür derzeit keine konkreten Anzeichen gibt.

Womöglich unterstützt Kühne aber auch wieder seinen Herzensverein mit einer Millionenspritze. Mitte Oktober deutete er an, den Hamburger SV unter gewissen Bedingungen mit 120 Millionen Euro zu unterstützen. Dem Verein, der gerade auf einem Aufstiegsplatz in die erste Bundesliga steht, wäre ein Sponsoring des Stadions allem Anschein nach lieber, als wenn Kühne im Präsidium mehr Macht fordert. Ähnlich wie bei der Lufthansa wartet auch der HSV auf klare Signale des erfolgreichsten Hamburger Kaufmanns aller Zeiten.

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