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Zukunftsmärkte > Gas

Die bittere Wahrheit über den Konzern, den wir mit unserer Gas-Umlage retten

Zwölf Milliarden Euro: So groß ist das Finanzloch, das in den Büchern des Energiekonzerns Uniper klafft. Abstottern dürfen das die Gaskunden mit 2,4 Cent je Kilowattstunde. Eine Folge der Beteiligung des Bundes an dem Düsseldorfer Großimporteur, der aus Russland kaum noch Nachschub bekommt.

Zwölf Milliarden Euro: So groß ist das Finanzloch, des Energiekonzerns UniperBild: picture alliance, Panama Pictures | Christoph Hardt

Der Energiekonzern Uniper ist der Auslöser dafür, dass die Bundesregierung jetzt mit der Gasumlage allen Gasheizungsbesitzern und den Unternehmen tief in die Tasche greift. Uniper wäre pleite, wenn der Staat das Unternehmen nicht aufgefangen hätte, das als zu relevant für die Energieversorgung gilt, als dass es ausfallen dürfte. In der Folge wurde die Umlage fällig.

Wie verheerend die Gaskrise in der Bilanz des Unternehmens wütet, offenbarte der börsennotierte Konzern jetzt bei der Vorlage seiner Bilanz: In den ersten sechs Monaten 2022 ist ein Verlust von zwölf Milliarden Euro entstanden, davon gut die Hälfte im Zusammenhang mit den unterbrochenen Lieferungen aus Russland. Zudem hat die Tochter des finnischen Fortium-Konzerns 2,7 Milliarden Euro in den Wind geschrieben. Der Grund: Uniper ist eines der fünf Unternehmen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind - der Gasleitung, die aus politischen Gründen nie in Betrieb ging.

An der Börse ist der Kurs der Uniper-Aktie zeitweise um zehn Prozent auf rund sieben Euro abgesackt. Ende Dezember war die Uniper-Aktie noch mehr als 42 Euro wert. Die Bundesregierung hat sich Ende Juli mit 30 Prozent an dem angeschlagenen Unternehmen beteiligt. Berlin will so vermeiden, dass sich die - ohnehin angespannte - Versorgungslage mit Gas durch eine Pleite des größten deutschen Importeurs noch weiter dramatisch zuspitzt.

Pleite hätte fatale Folgen

Bisher hat der Konzern zuverlässig geliefert. Doch Uniper ist dabei gewaltig in Schieflage geraten, weil das Unternehmen das fehlende russische Gas mit teuren Zukäufen von anderen Märkten beschaffen muss. Zwei Drittel des gehandelten Gases kam bis Anfang des Jahres aus Russland. Den Preisunterschied zwischen dem ehemals billigen russischen Gas, und dem teuren Stoff, den sie jetzt auf den Märkten einkaufen müssen, können die Düsseldorfer aber nicht weiterverrechnen, denn sie sind über langfristige Lieferverträge an ihre Großkunden gebunden. Aktuell verbucht Uniper deswegen einen Verlust von 60 Millionen Euro – pro Tag. Zeitweise lägen die täglichen Fehlbeträge sogar bei über 100 Millionen Euro, beschreibt Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach die dramatische Lage seines Unternehmens. Auch andere Gasimporteure stehen vor dem gleichen Dilemma. Um diese Differenz auszugleichen und ein Kollaps der Gasversorgung zu verhindern, wurde die Gasumlage eingeführt mit der die Endkunden die Finanzlöcher von Uniper & Co Kilowattsunde für Kilowattstunde abstottern.

Betreiber zahlreicher Kraftwerke

Uniper ist 2014 aus der Abspaltung von Teilen des Energieriesen Eon entstanden Kraftwerke im In- und Ausland gehören zu dem Konzern, Beteiligungen an Atomkraftwerken in Schweden, aber auch Kraftwerke in Russland selbst, die inzwischen abgestoßen wurden. In Deutschland betreibt Uniper unter anderem das umstrittene Kohlekraftwerk Datteln 4. Das wirtschaftliche Rückgrat bildete das bisher sehr lukrative Gas- und Handelsgeschäft. Die enge Verflechtung mit Russland geht auf die Ruhrgas zurück, ein Vorgängerunternehmen. Was Eon abgeschoben hat, entwickelte sich in den Folgejahren zum attraktiven Investment und ist mit einem Anteil von 56 Prozent mehrheitlich in Besitz des staatlichen finnischen Konzerns Fortium.

Die Gaskrise hat der Stromsparte von Uniper einen sprunghaften Umsatzanstieg beschert. Doch der reicht bei weitem nicht, um das klaffende Finanzloch zu schließen, das durch das verlustreiche Gasgeschäft entstanden ist. So ist die Neuverschuldung im ersten Halbjahr von 324 Millionen Euro Ende 2021 auf 2,1 Milliarden hochgeschnellt. Der Energiekonzern rechnet ab dem kommenden Herbst mit besseren Ergebnissen, wenn die geplante Gasumlage auch in Düsseldorf die Kassen auffüllen wird. „Die Verluste werden ab dem vierten Quartal deutlich geringer ausfallen", versucht Finanzchefin Tina Tuomela mit einem positiven Ausblick Börsianer und Anleger zu beruhigen. Uniper betrachte 2022 und 2023 als Übergangsjahre. „Für 2024 sehen wir Licht am Ende des Tunnels“, vertröstet die Finanzchefin und erwähnt lieber nicht, dass auch das nur auf Kosten der Kunden möglich ist.

In der Zwischenzeit satteln die Düsseldorfer auf neue Gasquellen um. So gehört Uniper bereits zu den wichtigsten Unternehmen auf dem globalen LNG-Flüssiggasmarkt. Zudem versucht sich der Energiekonzern auch ein Standbein im Bereich Wasserstroff aufzubauen. Die Idee: Bestehende Erdgasspeicher sollen dann für diesen Brennstoff umgewandelt werden. Rund um das Wasserstoffgeschäft plant Uniper in Wilhelmshafen eine Elektrolyseanlage und einen Wasserstoffhafen.

Aktie für sehr mutige Anleger

Trotz dieser Aussichten und der Absicherung durch den Bund, bleibt die Uniper-Aktie eher ein Papier für sehr mutige Anleger, urteilt John Musk, Analyst der kanadischen Bank RBC. Er geht damit auf Spekulationen an den Märkten ein, die der Aktie ein gewisses Aufwärtspotential zusprechen, nachdem sie gut 80 Prozent ihres Wertes verloren hat. Die Logik dahinter: der Einstieg des deutschen Staates bietet Sicherheit. Allerdings müssten die Anleger ihre Hoffnungen lediglich auf steigende Kurse bauen. Denn eine Dividende darf Uniper nicht auszahlen, selbst wenn die Geschäfte wieder besser laufen sollten. Das ist eine Bedingung für den Einstieg des Bundes. Und die Beispiele Lufthansa und Commerzbank zeigen, dass sich der Anteilseigner Staat nicht gerade förderlich auf die Kursentwicklung auswirkt. Ganz abgesehen davon, dass der gewichtige Großaktionär eher politische als wirtschaftliche Interessen hat.

Unterm Strich sehen Investoren die Lage bei Uniper deswegen eher kritisch. So hat die Schweizer Großbank UBS die Einstufung für Uniper auf „Neutral" belassen. Analyst Sam Arie sieht nach der Vorlage der Halbjahreszahlen die Situation als etwas negativer als erwartet an. Händler in Frankfurt sprechen überwiegend von einem desaströsen Zahlenwerk, das man so aber auch erwartet habe. Kein Wunder, dass die Prognosen von Uniper für die Zukunft nur sehr vage formuliert sind. Hoffnungen, dass Uniper ganz vom Mutterkonzern Fortium übernommen wird, hat Vorstandschef Maubach ebenfalls platzen lassen: „Ich gehe nicht davon aus, dass wir sehr bald ein integrierter Teil des Konzerns werden.“

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