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Zukunftsmärkte > Innovative Glasböden

Die nächste Generation von Sportböden

Ein innovativer Glasboden, der in Sporthallen neue Maßstäbe setzt: Christof Babinsky führt ASB Glassfloor zu internationalem Erfolg, doch die Suche nach Wachstumskapital bleibt in Deutschland herausfordernd.

Leuchtende Böden aus Glas in Sporthallen
Leuchtendes Spielfeld: Entwickler aus Deutschland erfanden den Sporthallenboden als großen Bildschirm neu. Fürs Wachstum brauchten sie Geld von einem Finanzinvestor. (Foto:© ASB Glassfloor)

Christof Babinskys Geschichte klingt schön und irgendwie idealtypisch nach Mittelstand: Der Vater gründet 1965 ASB Systembau Horst ­Babinsky im bayerischen Stein an der Traun. Das Unternehmen wächst in der Nische mit Sportböden, erreicht die Marktführerschaft für Glaswände von Squashhallen. Dann sucht der Vater nach einem Nachfolger, Teile des Unternehmens werden verkauft, weil der Sohn gerade als Marketingmanager in England arbeitet und das Familienunternehmen nicht übernehmen will. „Die Glassparte haben wir damals behalten und ich bin 2016 dann doch ab nach Hause“, sagt Babinsky heute. Als Nachfolger im Familienunternehmen baut der 37-Jährige seither die Sparte ASB Glassfloor weiter aus. Und er braucht für das Wachstum Geld von Investoren – in Deutschland ein schwieriges Unterfangen, wie viele Unternehmen bereits festgestellt haben, vor allem, wenn das Produkt sehr speziell, innovativ und hoch erklärungsbedürftig ist.

Elastischer als der sonst in Sporthallen übliche Holzboden
Das zwei mal fünf Millimeter dicke Sicherheitsglas des besonderen Glasbodens ist elastischer, als der sonst in Sporthallen übliche Holzboden – die Gelenke der Sportler müssen so weniger Gewicht abfangen. Die Oberfläche des Glasbodens ist leicht körnig, weil sie mit einem Raster aus millimetergroß eingebrannten Keramikpunkten überzogen ist. Anders als die sonst übliche Klebehaftung sorgt die so entstehende Reibehaftung dafür, dass Sportler sich nicht so leicht verletzen können – nicht bei Drehungen und auch nicht wie sonst üblich durch Verbrennung der Haut bei Stürzen.

Auch Wasser auf dem Boden ist mit dem Glasboden kein Problem mehr. „Wir haben nur positives Feedback von den Athleten“, hebt Babinsky hervor. „Vor allem die Älteren sagen, wenn der Glasboden schon früher da gewesen wäre, hätten sie drei bis vier Jahre länger im Profisport spielen können.“

Die größten Vorteile liegen nicht im rein sportlichen Bereich. Der Glasboden kann wie ein großer LED-Monitor Bilder und Animationen abspielen. „Sie können Werbung einspielen, sie können Statistiken für die Zuschauer einblenden und sie können diverse Effekte laufen lassen“, zählt Babinsky auf. „Eine kleine Explosion um einen Spieler nach einer besonders gelungenen Aktion zum Beispiel.“

Der Boden kann in der Pause einen kleinen Parkour für die Zuschauer zeigen oder Spiele mit einem virtuellen Ball, mit dem Personen dann interaktiv spielen können – und schafft so ganz neue Möglichkeiten für das Pausenprogramm oder gleich ganz neuartige Veranstaltungen. Dank moderner Sensorik- und Trackingtechnik sowie einer künstlichen Intelligenz kann der Glasboden zuvor gespeicherte Spielzüge nachstellen und im Training mit Vorschlägen für bessere Spieloptionen verbinden – vor den Füßen des Spielers.

Das Produkt ist nicht nur erklärungsbedürftig, sondern war auch wirtschaftlich kein Selbstläufer. „Die Vereine sind relativ traditionell“, stellt Babinsky früh fest. „Wir haben lange mit der Zulassung gekämpft und hatten ja auch keinen Proof of Concept vorzuweisen.“ Der kam mit dem ersten Einsatz 2019 beim Volleyball-Supercup in Hannover. „Dann kamen die Pandemie und das Verbot von Sportveranstaltungen“, erinnert sich Babinsky. „Die Frage damals war, wie wir damit umgehen“, blickt er zurück. Er entschied sich, in die Wachstumsstory zu investieren. Und der Mitgesellschafter Abacus Alpha aus Frankenthal in Rheinland-Pfalz, der 2016 schon Geld gegeben hatte, als es um die Nachfolge ging, zog mit. So wurde aus der Beteiligung zur Nachfolgefinanzierung eine zur Wachstumsfinanzierung.

Schrumpfendes Volumen

Hierzulande 50 bis 150 Millionen Euro dafür zu bekommen, gegen eine Beteiligung, ist nicht ganz leicht. Investoren für eine Seed- oder Frühphasenfinanzierung finden sich in Deutschland inzwischen reichlich. Risikokapitalgeber, Business Angels und zunehmend auch etablierte Mittelständler stehen als Partner mit Geld und wertvollem Wissen bereit. Doch für die Wachstums­phase haben es Firmen schwer. Nicht wenige Unternehmen auf Kapitalsuche bekommen Geld dann von ausländischen Investoren, manche ziehen gleich ganz ins Ausland.


2023 verzeichnete der Bundesverband Beteiligungskapital (BVK) in allen Segmenten des deutschen Beteiligungskapitalmarktes Investitionsrückgänge. Das Investitionsvolumen sank binnen eines Jahres von 15,4 Milliarden Euro auf 10,5 Milliarden Euro. „Anhaltende Konjunktursorgen, die Zinswende und geopolitische Krisen belasteten Beteiligungsgesellschaften und Portfoliounternehmen gleichermaßen“, sagt Frank Hüther, BVK-Vorstandssprecher und Geschäftsführer von Abacus Alpha. In allen Marktsegmenten – Venture Capital (VC), Buy-outs, Wachstums-/Minderheitsbeteiligungen – blieb das Investitionsniveau 2023 unter dem Vorjahreswert. Besonders ausgeprägt schrumpften die Wachstumsfinanzierungen. Deren Volumen halbierte sich auf 1,5 Milliarden Euro. „In diesem Marktsegment fluktuieren die Investitionen regelmäßig aufgrund großer Einzelinvestments“, gibt Hüther zu bedenken.

 

Trotz des gesamtwirtschaftlichen Gegenwinds konnten auch 2023 einige Finanzierungsrunden im dreistelligen Bereich erfolgreich geschlossen werden, bei denen Beteiligungsgesellschaften substanziell zusammen mit anderen investierten, hebt der Beteiligungskapitalverband hervor und verweist auf die Energieanlagenfirmen Enpal und 1Komma5, den Raketenbauer Isar Aerospace, KI-Hoffnung Aleph Alpha, den Lieferdienst Flink, das Rüstungs-Start-up Helsing oder Fitnesstrainer E-Gym. „Geblieben ist jedoch die enorme Abhängigkeit von internationalen VCs“, sagt BVK-Chef Hüther. Branchenkenner sprechen von 80 Prozent Anteil ausländischer Investoren in diesem Finanzierungs­segment.

Dabei ist Wachstumsfinanzierung besonders nötig. Ohne Beteiligungskapital – bilanztechnisch Eigenkapital – im dreistelligen Millionenbereich wird es für innovative oder expansionswillige Unternehmen hierzulande rasch eng. Das schlägt negativ auf die Innovationskraft durch. Denn die finanziert der deutsche Mittelstand der staatlichen Förderbank KfW zufolge zu mehr als 50 Prozent aus Eigenkapital und zu 30 Prozent über Kredite. Dabei haben zwar mehr als 35,5 Prozent der Unternehmen eine hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent, wie Creditreform berichtet. Aber auch der Anteil der eigenkapitalschwachen Firmen mit einer Eigenkapitalquote unter zehn Prozent liegt mit 29,5 Prozent hoch. Doch: „Nun aber zeige sich, dass Unternehmen mit hoher Eigenkapitalquote nicht zwingend eine höhere Umsatzrentabilität oder größere Steigerungen des Jahresergebnisses vorweisen können als Unternehmen mit mittleren oder niedrigen Eigenkapitalquoten“, hält Creditreform fest und fasst zusammen: „Eigenkapital dient in Krisenzeiten wohl in erster Linie defensiv als Schutzschild, weniger offensiv als Steigerung des Gewinns.“

Das passt nicht zu Innovation. Doch die ist nötig. Auf bis zu 550 Milliarden Euro schätzt die Bundesregierung allein die Kosten der Energiewende bis 2050. Die Investmentbank Goldman Sachs beziffert gleichzeitig die globalen Investitionen allein im Bereich KI für 2025 auf rund 200 Milliarden Dollar. Der deutsche Mittelstand gab der KfW zufolge 2022 rund 23 Milliarden Euro aus – für alles, was unter Digitalisierung fällt. „Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, dass das nicht ausreichen wird, um im Wettbewerb um die Global Leadership Erfolg zu haben“, sagt BVK-Chef Hüther. Dafür brauche es Beteiligungskapital. „Das ist mutiger als alle anderen Kapitalformen und macht es zu einem bedeutenden Finanzierungsinstrument für Wachstum und Transformation.“
Und es zahlt sich aus: Mit Beteiligungskapital finanzierte Unternehmen stehen laut BVK bei zentralen Kennzahlen wie Umsatz, Beschäftigung, Eigenkapitalausstattung und Investitionen besser da als Vergleichsunternehmen ohne Beteiligungskapital. Das Beschäftigungswachstum liegt in den drei Jahren nach dem Einstieg einer Beteiligungsgesellschaft mit insgesamt 13 Prozent deutlich über dem Anstieg der Vergleichsgruppe (6,8 Prozent). Der Umsatz wuchs über den gesamten Betrachtungszeitraum durchschnittlich um fast 21 Prozent und damit ebenfalls stärker als in der Vergleichsgruppe (13 Prozent). Auch die durchschnittliche Eigenkapitalquote liegt mit rund 29 bis 31 Prozent bei den mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen über der der Vergleichsunternehmen (24 bis 28 Prozent). Und das Anlagevermögen stieg in den drei Jahren nach dem Investoreneinstieg um durchschnittlich 17 Prozent, während es in der Vergleichsgruppe um fünf Prozent zurückging.

 

 

Sparring vom HTGF

Neben Geld investieren viele eben auch Wissen in Form von Sparring und Schulungsangeboten für ihre Portfoliounternehmen. Auch etwa der Hightech-Gründerfonds (HTGF) aus Bonn, der wie viele andere privates und öffentliches Geld für Beteiligungs- und Wagniskapitalinvestitionen über Fonds einsammelt. Neben dem Bundeswirtschaftsministerium und der KfW Capital gehören zu den Investoren des 2021 aufgelegten vierten Fonds HTGF IV mit seinen 493,8 Millionen Euro Volumen 45 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, besonders aus dem Mittelstand. Dabei sind auch Konzerne und Family-Offices. „Wir verstehen uns als Plattform, die Start-ups mit erfahrenen Unternehmen zusammenbringt“, sagt HTGF-Geschäftsführer Alex von Frankenberg. Als Seed-Investor steckt der Fonds jährlich Geld in rund 40 Technologie-Start-ups aus Industrie, Digitalbranche, Gesundheit, Chemie oder angrenzenden Geschäftsfeldern. Die Unternehmen dürfen dabei nicht älter als drei Jahre sein, haben ihren Hauptsitz in Deutschland oder verfügen über eine deutsche Betriebsstätte, wenn das Unternehmen im europäischen Ausland ansässig ist. Der HTGF begleitet die Gründer dann langfristig auch in der Wachstumsphase, investiert aber nicht mehr neu.
Ein Beispiel ist Ineratec, ein E-Fuel-Hersteller aus Karlsruhe, an dem der HTGF beteiligt ist. Anfang 2024 sicherte sich Ineratec in einer B-Runde 118 Millionen Euro. „Wir wollen diese Investition für die weltweite Skalierung von E-Fuels nutzen“, erklärt CEO Tim Böltken. Bis 2030 plant er, ein Gigawatt erneuerbarer Energie in 165.000 Tonnen nachhaltige E-Fuels – Co2-neutralen Sprit – umzuwandeln. Bestand das Finanzierungskonsortium in der Seed-Runde 2016 noch ausschließlich aus deutschen Investoren, Waren in der B-Runde wie zuvor in der A-Runde 2022 auch Investoren aus Frankreich, den USA und Japan dabei.

Die USA locken

Auch die Glassfloor-Story gewinnt Spannung und führt Babinsky 2022 in den Basketball. Das Debüt gab der interaktive beleuchtbare Glasboden im Juli 2023 bei der U19-Damen Basketball-WM des Welt-Basketballbundes Fiba. „Das war unser erstes großes, medienwirksames Event“, berichtet der Unternehmenschef. Seither steigt die Zahl der Interessenten steil. Basketball-Bundesliga-Opening bei Bayern München. NBA-All-Star Weekend. „Dabei sehen 35.000 Zuschauer live vor Ort zu und 70 Millionen live im Fernsehen“, sagt Babinsky. Kürzlich hat er ASB Glassfloor America in New York als Tochterunternehmen für den US-Markt gegründet. Auch in Europa ist eine weitere Gesellschaft geplant. Sie soll die Böden besitzen und betreiben.
Summen wollen die Partner nicht nennen. Nur so viel: Der Boden kostet jeweils zwei bis vier Millionen Euro. Zehn bis 20 Böden braucht eine Liga. „Bei der Deutschen Basketballbundesliga sprechen wir von 60 bis 100 Millionen Euro“, sagt Babinsky. Auch ein Businessplan für eine große internationale Europäische Liga ist bereits formuliert. Für das US-Geschäft gibt es seit kurzem einen Letter of Intent: Die NBA will sich mit einer Minderheit an der US-Tochtergesellschaft beteiligen. Ohne Wachstumskapital wäre es wohl nicht so weit gekommen.

 

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