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Einkauf, Marketing und Marken > Tücken vorübergehender Produkttrends

Dubai-Schokolade: Vom süßen Hype zum bitteren Nachgeschmack bei Aldi Süd

Rechtliche Probleme, Qualitätsbedenken und ein abflauender Trend: Die Dubai-Schokolade zeigt die Tücken kurzlebiger Produkthypes.

Trend-Highlight: Dubai-Schokolade. Foodblogger teilten ihre coolsten DIY-Rezepte, Chocolatiers tüftelten an feinen Kompositionen. Doch offenbar war der Hype bloß eine Eintagsfliege. (Foto: picture alliance)

Was als viraler TikTok-Trend begann, entwickelte sich kürzlich binnen weniger Wochen zu einem Phänomen, das die gesamte Süßwarenindustrie erfasste: Die Dubai-Schokolade, eine Kombination aus Schokolade, Pistaziencreme und Kadayif-Teigfäden, löste einen regelrechten Kaufrausch aus.

Wie aus dem Nichts standen Menschen plötzlich Schlange vor Geschäften, um eine der begehrten Tafeln zu ergattern, die anfangs zu Preisen bis zu 30 Euro gehandelt wurden. Im Internet wurden Weiterverkäufe zu Preisen von mehreren Hundert Euro erzielt. Discounter wie Lidl boten die Schokolade für nur 3,29 Euro an. Die Verfügbarkeit schwankte stark: Während einige Filialen innerhalb von Minuten ausverkauft waren, klagten andere über viel zu große Bestände.

Für mittelständische Unternehmen sind solche Schwankungen knifflig. Sie stehen vor der Frage, ob und wie sie auf solche schnelllebigen Trends aufspringen sollen, ohne dabei ihre Ressourcen zu strapazieren oder ihre Markenidentität aufs Spiel zu setzen.

Was bedeutet eigentlich Kadayif?

Kadayif, auch bekannt als Engelshaar, ist eine süße Spezialität, die ihren Ursprung in der Balkan- und Orient-Region hat. Es wird aus feinen Teigfäden mit einer Füllung aus Mandeln oder Walnüssen und Zuckersirup zubereitet.

Studie: Hype schon wieder vorbei?

Vor etwas mehr als drei Jahren brachte Sarah Hamouda (38) die Dubai-Schokolade in Dubai auf den Markt und löste damit einen Hype aus, der dank Social Media schnell auch Deutschland eroberte. Im November 2024 erreichte ihre Schokoladenkreation neue Höhen der Bekanntheit, als ein Mann verhaftet wurde, weil er 45 kg davon nach Deutschland schmuggeln wollte. Kurz darauf biss Markus Söder auf Instagram genüsslich in ein Stück der Schokolade und die Nachfrage stieg weiter an.

Doch der Hype scheint so schnell zu verfliegen, wie er gekommen ist. Der Einzelhandel berichtet von einem Nachfragerückgang um 70 Prozent gegenüber der Hochphase Anfang November 2024. Marktforscher bestätigen das: In der "Trendstudie 2025" des Augsburger Instituts für Generationenforschung wird prognostiziert, dass 2025 kaum noch über Dubai-Schokolade gesprochen wird.

Dass der Dubai-Schokolade-Trend schnell wieder verschwinden wird, erklären  Forscher mit dem Ankereffekt, einer kognitiven Verzerrung, bei der Konsumenten von einer initial genannten Information beeinflusst werden: Viele verbinden „Dubai“ mit Wohlstand und Luxus. Der gleiche Effekt würde nicht auftreten, wenn die Schokolade „Bukarest-Schokolade“ hieße.

Ein weiterer Faktor für den Erfolg der Dubai-Schokolade sind der virale Erfolg auf TikTok in Kombination mit dem sog. Bandwagon-Effekt, bei dem Menschen einem Trend folgen, weil andere das auch tun. So waren diejenigen, die über TikTok von der Schokolade erfuhren, mit ihrem Kauf zufriedener (32,1 %) als der Durchschnitt (19,1 %). Der schnelle Trend auf Social Media-Plattformen führte also zwar zur raschen Viralisierung, jedoch auch zur kurzen Lebensdauer, denn mehr als die Hälfte aller Generationen probierte die Schokolade nur ein Mal.

 

Staatliche Kontrollen, Qualitätsbedenken und einstweilige Verfügungen

Die rasante Verbreitung des Trends brachte Qualitätsprobleme mit sich. Untersuchungen in Baden-Württemberg deckten Mängel auf: In einigen Tafeln wurde kostengünstiges Palmöl anstelle von Kakaobutter verwendet; außerdem waren Zutatenlisten unvollständig – ein potenzielles Risiko für Allergiker. Diese Erkenntnisse haben auch andere Bundesländer und Lebensmittelüberwachungsbehörden alarmiert. Die Sicherheit der Verbraucher steht plötzlich im Fokus eines Produktes, das vor kurzem noch kaum ein Mensch kannte.

Aktuell darf Aldi Süd eine bestimmte Schokolade, die als "Dubai-Schokolade" vermarktet wurde, gemäß einem Beschluss des Kölner Landgerichts (Az. 33 O 544/24) nicht mehr verkaufen. Das Gericht stellte fest, dass die Bezeichnung irreführend sei, da die Schokolade nicht in Dubai, sondern in der Türkei hergestellt wird. Die Schokolade mit dem Namen "Alyan Handmade Dubai Chocolate", wurde seit Dezember 2024 verkauft. Mittlerweile ist das Produkt aus dem Sortiment entfernt.

Geklagt hatte Süßwarenimporteur Andreas Wilmers, der in Dubai hergestellte Produkte der Marke Fex in Deutschland vertreibt. Nach deutschem Recht darf ein Produkt nur dann als "Dubai-Schokolade" bezeichnet werden, wenn es tatsächlich in Dubai produziert wurde oder einen anderen klaren geografischen Bezug zu Dubai hat. Andernfalls könnten Verbraucher getäuscht werden.

Aldi Süd hatte die Schokolade als "Alyan Dubai Handmade Chocolate" in den Filialen angeboten, wobei auf der Verpackung angegeben war, dass sie in der Türkei hergestellt wird. Das Gericht befand, dass dieser Hinweis nicht ausreichend sei, um eine Irreführung zu verhindern. Käufer könnten aufgrund der Namensgebung fälschlicherweise annehmen, dass die Schokolade tatsächlich in Dubai produziert und importiert wurde.

Im Dezember 2024 hatte Wilmers auch Lidl und den Süßwarenhersteller Lindt abgemahnt. Daraufhin erklärte Lindt, dass der Begriff "Dubai Schokolade" eine Sortenbezeichnung für Schokolade mit typischer Pistazien-Kadayif-Füllung sei und nicht für Schokolade, die aus Dubai stammt. Laut dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie kann Dubai-Schokolade weltweit produziert werden.

All diese Vorfälle werfen ein Schlaglicht auf die Schattenseiten eines Produkthypes, der die Süßwarenindustrie im Sturm erobert hat.

Dubai-Schokolade als Symbol für die flüchtigen Versuchungen des Marktes

Als mittelständisches Unternehmen steht man oft vor der Herausforderung, mit neuen Trends Schritt zu halten, ohne dabei ins Stolpern zu geraten. Der "Dubai-Schokolade"-Hype zeigt, wie schnelllebig moderne Marketingtrends sein können und welche Risiken sie bergen.

Dubai-Schokolade, die nicht tatsächlich aus Dubai stammt, könnte das Vertrauen von Konsumenten untergraben. Langfristiger Gewinn beruht jedoch gerade auf dem Vertrauen der Kunden. Jede Firma stützt sich auf die Loyalität ihrer Kunden, die oft über Jahre oder sogar über Generationen hinweg aufgebaut wurde.

 

 

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