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Einkauf, Marketing und Marken > Interview mit Marcus Schüller von KPMG

Einkauf: Digitalisierung sorgt für einen höheren Wertbeitrag

Zur Performance eines Unternehmens kann der Einkauf weit mehr beitragen, als nur günstige Beschaffungspreise. Dafür muss er allerdings digital werden. KPMG-Partner Marcus Schüller erklärt im Interview, warum der Mittelstand dabei gegenüber Konzernen Vorteile hat.

Herr Schüller, Sie beraten Unternehmen bei der Digitalisierung ihres Einkaufs. Worin bestehen die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?
Da gibt es eine ganze Liste, etwa fehlendes Prozess- und Technologie-Knowhow in den Abteilungen, mangelnde Erfahrung im Umgang mit neuen Lieferanten bei der Digitalisierung oder unzulängliche Beurteilungskriterien für neue Services. Diese Punkte führen oft dazu, dass der Einkauf als Wertschöpfungspartner im Unternehmen geschwächt wird. Damit haben vor allem große Unternehmen und Konzerne zu kämpfen.

Inwiefern?
Konzerne digitalisieren sich oft mit einer Vielzahl von Tools und Technologien. Manche reizen die ganze Bandbreite aus und kaufen von der Einzellösung bis hin zu ganzen Unternehmen mit hunderten Mitarbeitern. Alle diese Lösungen müssen integriert und aufeinander abgestimmt werden. Dazu kommen auch juristische Anforderungen und die Abgleichung mit den Compliance-Vorschriften. Diese Harmonisierung ist sehr komplex und verlangsamt die Abläufe erst einmal, anstatt sie zu beschleunigen. Dieser Abstimmungsaufwand fällt bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU, Anm. d. Red.) geringer aus.

Was sind die größten Hürden im Mittelstand?
Grundsätzlich hat der Mittelstand den entscheidenden Vorteil, dass er aufgrund der flachen Hierarchien Lösungen viel schneller reinholen kann. Zumindest theoretisch.

Und praktisch?
Naja, die KMU müssen es vor allem wollen und aktiv umsetzen. Aber oft ist den Inhabern noch nicht klar, wo der Mehrwert liegt oder wie sie ihn heben können.

Worin besteht der Mehrwert eines digitalisierten Einkaufs?
In der Regel sinken Kosten und Fehlerquote, die Effizienz erhöht sich und die Qualität der zugekauften Produkte und Services steigt. Das Unternehmen wird schlanker, während der Kunde sogar am Ende ein besseres Ergebnis bekommt. Dafür ist es allerdings nicht ausreichend, zum Beispiel ein Data-Analytics-Tool oder Bots einzusetzen.

Was muss sich noch verändern?
Die internen Strukturen und festen Funktionen müssen aufgebrochen werden – weg vom Silodenken in einzelnen Abteilungen hin zu einer Arbeitsweise, bei der alle an demselben strategischen Strang ziehen. Eine gute Einzelperformance der Entwicklung, des Vertriebs oder des Einkaufs nützen nichts. Nur, wenn die Abteilungen zusammen arbeiten und koordiniert handeln, können sie einen höheren Wertbeitrag leisten.

Wie kann man das in der Praxis umsetzen?
Das geht nicht par ordre du Mufti, also, durch Bevormundung von oben. Damit so eine Veränderung „unten“ ankommt, muss man die Einstellung der Mitarbeiter sowie ihre Arbeitsweise und Motivation verändern. Das geht zum Beispiel durch Trainings, Schulungen oder Coachings. Wenn sich der Erfolg einstellt, sehen die Mitarbeiter in der Regel schnell ein, dass eine Veränderung sinnvoll ist und dann gibt es auch einen echten Change.

Ist agiles Arbeiten eine Voraussetzung für einen digitalen Einkauf?
Agil ist ein beliebtes Buzzword, das leider oft falsch angewendet wird. Es geht ja nicht darum, dass jeder alles anders macht und das, was er will – dieser Eindruck wird leider oft erweckt. Es gibt natürlich trotzdem Abläufe, aber die sind bereichsübergreifend. Um das zu ermöglichen, müssen Schnittstellen neu gedacht und agiles Arbeiten realisiert werden. Nur so kann man End-to-end-Prozesse gestalten.

Was bedeutet das?
Das Unternehmen analysiert, was der Wunsch oder der Bedarf des Kunden ist und setzt diesen bereichsübergreifend bis zur Auslieferung durch. Die Digitalisierung ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel, um mehr Transparenz zu schaffen. Auf dieser Basis ist es dann auch möglich, das Unternehmen besser zu steuern.

Zur Person:

Dr. Marcus Schüller ist Partner in den Bereichen Consulting und Value Chain Transformation bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG.

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