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Ernst Prost: "Irgendwie doof, wenn man zum Angriff bläst, aber der Nachschub stockt"

Liqui-Moly-Chef Ernst Prost macht seinem Ärger über die Krise Luft: Alles sei schweineteuer geworden und Firmen frönten der Kurzarbeit, anstatt die Ärmel hochzukrempeln.

Ernst Prost haut immer mal wieder einen raus. Den Maurersohn, Fabrikanten und Geschäftsführer des Schmiermittelherstellers Liqui Moly, kennt die Fernsehrepublik als Unternehmer, der einst kaum eine Bühne ausließ. Der für eine Vermögenssteuer eintritt und gegen die Banken poltert. In der Coronakrise verzichtete er auf sein Gehalt und zahlte stattdessen an seine Mitarbeiter einen Bonus. Doch er hing das nicht mehr so sehr an die große Glocke. Fast schien es, als sei Prost mit seinen 64 Jahren altersmilde geworden. Doch der Eindruck täuscht. Jetzt hat er es wieder getan.

Anlass ist ein an sich spröder Quartalsbericht von Liqui Moly mit ordentlichen Zahlen. Prost hat in der Krise gegen den Mainstream investiert, und es ist noch nicht ganz klar, ob er damit dem Unternehmen wirklich einen Gefallen getan hat. Es könnte aber immerhin gut gehen. Allerdings nervt es Prost kolossal, wie es bei ihm hinter den Kulissen aussieht. Und das wolle er "sofort und aus dem Stegreif" einmal mitteilen. Übrigens "ohne auch nur ein einziges Mal die Worte Corona, Pandemie-Versager, föderale Krisen-Murks-Manager oder Laschet und Söder zu verwenden", schreibt Prost.

Folgen wir ihm also hinter die Kulissen. Ihm hänge ein "Mühlstein um den Hals", gesteht Prost: "Rohstoffknappheit landauf, landab. Unsere Vorratstanks sind leer. Wir leben von der Hand in den Mund und wringen jeden Tropfen Öl aus unseren Leitungen, um überhaupt lieferfähig zu bleiben. (…) Wo wir ansonsten mit 5000 Tonnen Schiffsladungen von der Nordsee bis zu unserer Fabrik im Saarhafen zu Dillingen fahren, tuckern wir heute mit 30-Tonnern über die Landstraßen und Autobahnen. Unrentabel, teuer und gar nicht umweltfreundlich. Rohstoffe, Verpackungsmaterialien, Kanister und Fässer, Verschlüsse, Kartons und Folien. Es fehlt hinten und vorne. Für manchen war der Lockdown offensichtlich ein Knockdown . . .", stellt Prost fest.

Was sei da los, fragt er sich. "Dieser Knick im Versorgungsschlauch ist doch nicht auf die paar Schiffe, die ein paar Tage im Suezkanal festhingen, zurückzuführen. Ich glaube eher, dass die eine oder andere Firma immer noch lieber auf dem Sofa rumhängt, dem Home-Office frönt und Kurzarbeitergeld bezieht, um Kosten zu sparen, anstatt die Ärmel hochzukrempeln" lautet seine eindeutige Analyse.

Dazu komme: "Alles ist schweineteuer geworden. Wir rechnen mit satten 20 Millionen Euro Mehrkosten, aufs laufende Jahr gesehen, allein für unsere Materialbezüge in der Fabrik. Klar, versuchen wir diese Kostenerhöhungen unsererseits über Preiserhöhungen an die Märkte weiter zu geben. Aber machen Sie das mal in Ländern, deren Volkswirtschaft am Boden liegt und die Inflation an die Decke strebt."

Prost kommt richtig in Fahrt: Nicht nur Schweinepreise, auch mangelnde Frachtmöglichkeiten machen Liqui Moly zu schaffen. Es fehlten "ordinäre Container". "Alles ausgebucht. Alles belegt, alles auf hoher See zwischen Asien und Europa. Krise? Kaufen bis die Schwarte kracht. So herum stimmt es eher."

Prost fasst dann nochmal zusammen, was hinter den Kulissen läuft oder eben nicht läuft: "Irgendwie doof, wenn man zum Angriff bläst und der Nachschub stockt. Aber solange wir in Ulm oder in Saarlouis keine Ölquellen entdecken, müssen wir uns halt mit den Gegebenheiten herumschlagen und damit fertig werden. Wir nennen das Inkompetenzkompensationskompetenz. Schönes Wort. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag. Bleiben Sie gesund und fröhlich."

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