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Zukunftsmärkte > Befüllung der Gasspeicher

Es geht nicht um Verzicht

Der ehemalige Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg widmet sich heute als Investor dem Thema ­Nachhaltigkeit. Wie glaubwürdig ist das?

"Formel-1-Mentalität ist, auf jede Herausforderung eine Antwort zu finden", meint Nico Rosberg. © picture-alliance | Mike Wolff

Hi, Nico, wie hoch ist der CO2-Ausstoß der ­Formel 1 – des Trosses, der Fahrzeuge, der Events? Hast du das mal ausgerechnet?

Die Formel 1 hat das selbst ausgerechnet und sich sehr ehrgeizige Ziele gesetzt, um die Emissionen zu verringern. Der größte Anteil stammt tatsächlich nicht von den F1-Fahrzeugen selbst, sondern von der Logistik – über 70 Prozent. Dazu gehören auch die Reisen der Teams und Fans. Der Motorsport steht hier vor enormen Herausforderungen, aber ich bin sicher, dass man Lösungen finden kann. Die Extreme E, bei der ich selbst mit einem Team antrete, zeigt bereits, in welche Richtung es gehen kann.

Trotzdem findet sie statt: weil das Publikum sie liebt, weil es Enthusiasten bei den Machern gibt, und weil damit Geld verdient wird. Kann eigentlich auch Nachhaltigkeit jemals so viel Spaß machen?

Ja, klar. Das zeige ich ja nicht nur mit Rosberg X Racing, sondern auch mit dem Greentech Festival. Uns geht es nicht um Verzicht, sondern um das Aufzeigen von coolen Alternativen, die genauso viel – oder sogar noch mehr – Spaß machen. Die neue Generation wird mit nachhaltigen Produkten und Lösungen aufwachsen und sich gar nicht mehr an die alten Dinge erinnern.

Du setzt dich ein für Nachhaltigkeit in der Mobilität. Was sind die erfolgversprechendsten Entwicklungen?

Die Weiterentwicklung der Elektromobilität in all ihren Dimensionen: erneuerbare Energiequellen, Ladeinfrastruktur, Batteriekapazität, Recycling und Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Materialien, Lieferketten. Hier kommen sehr viele Elemente zusammen, die jeweils Entwicklungen erfordern und schon hervorbringen. Es wird ja nicht bloß der Antriebsstrang gewechselt, sondern eigentlich die gesamte Mobilitätsindustrie.


Wo siehst du die größten Probleme?

Ich habe mal gelernt, man soll von Herausforderungen sprechen, nicht von Problemen. Und ich habe auch gelernt, dass es für jede Herausforderung eine Antwort gibt. Das ist die Formel-1-Mentalität. Wir forschen und entwickeln so lange, bis wir die Lösung gefunden haben. Im Moment haben wir die größte Herausforderung sicher im Energiesektor. Die Elektrifizierung und Digitalisierung erfordert sehr viel Energie, und hierzu müssen langfristige Lösungen her – sowohl zur Erzeugung, aber auch zu Speicherung und effizienter Nutzung.


Die Beharrungskräfte bei den Autoherstellern waren groß – und dann kam Tesla. Was hältst du von Elon Musk?

Das ist nun ja schon eine ganze Weile her, und inzwischen haben die deutschen Hersteller aufgeholt. Tesla war als Start-up in einer ganz anderen Situation und konnte voll auf Risiko gehen zu einem Zeitpunkt, da noch nicht klar war, ob und wie sich die Industrie verändern wird. In Deutschland hängen 800.000 Arbeitsplätze an der Automobilindustrie. Da kann man nicht einfach von jetzt auf gleich die Strategie wechseln. Man trägt ja auch Verantwortung.

Die EU und die nationalen Regierungen regulieren den Mobilitätsmarkt stark. Stichwort Verbrenneraus. Sind solche konkreten Verbote der richtige Weg? Oder wären Vorgaben, den Schadstoffausstoß auf null zu senken, den Weg dahin aber offenzulassen, die bessere Vorgehensweise?

Das Verbrenneraus ist ja noch nicht final, es war lediglich ein Gesetzesentwurf, der noch nicht ratifiziert wurde. Einige Länder versuchen es aber auf eigene Faust. Mal sehen, wann es so weit ist. Klar ist: Die Emissionen bekommen wir nur runter, wenn wir die Elektromobilität vorantreiben. Dass dies der richtige Weg ist, steht außer Frage. Ich bin generell für Technologieoffenheit, denn viele Möglichkeiten entwickeln sich gerade erst, zum Beispiel im Bereich Brennstoff- und Feststoffbatterien. Aber es ist ein Prozess, der sehr viel Zeit braucht. Auch das ist klar.

Du selbst bist unter die Investoren gegangen. Was ist dein spannendstes Investment? Unter welchen Gesichtspunkten investierst du?

Ich habe nicht ein Investment, das ich hervorheben würde, da ich in so viele unterschiedliche Bereiche und Industrien investiert habe: Mobilität, Energie, Digitales, Food, Fashion. Mich interessieren alle Lösungen, die zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen. Generell sind für mich zwei Dinge wichtig: einmal, dass das Produkt oder die Idee die nachhaltige Antwort auf ein bestehendes Problem darstellt, und zum anderen, dass die Gründer mich persönlich und professionell überzeugen. Von zehn Start-ups scheitern neun, da muss man schon genau hinsehen.

Du lebst in Monaco. Was für ein Leben führst du da? Welchen Platz nehmen Familie, Sport und Arbeit ein?

Die Familie nimmt für mich den größten Stellenwert ein. Ich verbringe sehr viel Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern. Auch unsere Eltern leben in Monaco. Es ist unsere Heimat. Ich bin hier zur Schule gegangen und meine Töchter ebenso. Wir fühlen uns sehr wohl.

Du hast vor sechs Jahren nach dem Gewinn des Weltmeistertitels in der Formel 1 deinen Rücktritt angekündigt und konsequent umgesetzt. Bedauerst du das in einer stillen Stunde manchmal?

Nein, überhaupt nie.

Die letzte Frage ist unvermeidlich: Was für Autos fährst du heute?

Einen Audi E-Tron.

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