Tyntec weiß genau, wo es hingehen will. Das Dienstleistungsunternehmen hat bereits Standorte in Deutschland, Großbritannien und Singapur. Jetzt möchte der Mittelständler auf den nordamerikanischen Markt expandieren. Der Prozess der Länderauswahl ist aber nicht einfach, obwohl ihm gerade im Mittelstand besondere Bedeutung zukommt. Denn Mittelständler haben nicht die finanzielle Kraft großer Konzerne, per Gießkannenprinzip ganze Kontinente mit Standorten zu „fluten“. Mittelständler bewegen sich Schritt für Schritt auf das internationale Parkett. Die einzelnen Schritte in das richtige Land zu setzen, ist deswegen besonders wichtig. Ein Fehler kann bei kleineren Mittelständlern zur Insolvenz führen.
Tyntec geht bei der Auswahl eines neuen Standorts strategisch vor. „Die Erschließung neuer Märkte hängt für uns nicht nur davon ab, welches Potential wir bei den Unternehmen, Telekommunikationsanbietern und Endnutzern für unsere Services sehen“, erklärt CEO Michael Kowalzik. Darüber hinaus sind dem CEO das Wettbewerbsumfeld und die jeweiligen gesetzlichen Rahmenbedingungen wichtig. „Dies setzt eine genaue Marktkenntnis voraus, die wir uns im Rahmen einer umfassenden Marktanalyse sowie durch Mitarbeiter und Partner aneignen, die entweder direkt vor Ort sind oder über einen entsprechenden sprachlichen oder kulturellen Hintergrund verfügen“, sagt Kowalzik. So ist es auch im Fall der US-Präsenz. Tyntec hat sich zunächst einen erfahrenen US-Experten aus der Telekommunikationsbranche an Bord geholt und arbeitet mit diesem an der Markterschließung.
Auf die Geschäftskultur kommt es an
Der CMS-Hersteller e-Spirit hat bereits eine Niederlassung im amerikanischen Bundesstaat Massachusetts. Außerdem ist der Mittelständler in Österreich, Großbritannien und der Schweiz mit einem Standort vertreten. Bei jedem Expansionsschritt stand die räumliche Nähe zu Kunden und Partnern im Vordergrund, um eine effiziente und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu ermöglichen. „Für die erfolgreiche Etablierung in einem neuen Markt ist es notwendig, mit der Geschäftslandschaft und –kultur vertraut zu sein und Absatzpotentiale im Vorfeld zu analysieren,“ fügt Robert Bredlau, Vice President International Business Development, hinzu.
Die zehn wichtigsten Kriterien bei der Länderauswahl
Marktvolumen
Prüfen Sie, wie attraktiv der jeweilige Absatzmarkt für Ihre Produkte ist und welche Entwicklungstendenzen sich abzeichnen. Indikatoren hierfür liefern Exportzahlen und Produktionsinformationen der Länder, die Sie in Betracht ziehen. Schauen Sie auf die Wachstumsraten der Bevölkerungszahl und die Kaufkraft der Haushalte.
Ermitteln Sie, wie hoch die Inflationsrate und das Wechselkursrisiko Ihres potentiellen Ziellandes ist. Auch Informationen über Rohstoffvorkommen geben Ihnen Hinweise auf die ökonomische Stabilität eines Landes. Wichtig ist auch ein funktionierendes Bankensystem.
http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/trade.html
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/index.html
Politische Stabilität
Gibt es außen- oder innenpolitische Konflikte in Ihrem Wunschland? Ist die Regierung stabil oder müssen Sie Schwierigkeiten rechnen? Bringen Sie außerdem in Erfahrung, ob die Regierung dazu neigt, durch Ihre Wirtschaftspolitik einheimische Betriebe zu schützen.
http://www.oecd.org/home/0,2987,en_2649_201185_1_1_1_1_1,00.html
http://www.transparency.org/country
Infrastruktur
Indikatoren über Dichte, Qualität und Anschluss des Straßennetzes sind wichtig für den sicheren und pünktlichen Transport Ihrer Produkte. Ermitteln Sie, wie gut Eisenbahnnetze, Wasserwege und Fluglinien in Ihrem Wunschland ausgebaut sind. Auch die sichere Gewährleistung des Telekommunikationsnetzes und die Versorgung mit Strom und Wasser sowie die Abfallbeseitigung sind ein Muss für Sie.
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/index.html
Arbeitsmarkt
Die Universitätsdichte gibt Ihnen Auskunft über Anzahl und Know-how Ihrer zukünftigen Arbeitnehmer. Informieren Sie sich auch über die Motivation und Mobilitätsbereitschaft Ihrer potentiellen Fachkräfte.
Beurteilen Sie die inländische Wettbewerber und auch, mit welchen potentiellen Konkurrenzländern Sie rechnen müssen. Nehmen Sie später auch deren Preispolitik unter die Lupe und überprüfen Sie, ob Sie mit Ihrem Produkt konkurrenzfähig sind.
http://www.auma.de/_pages/d/04_MessemaerkteAusland/04_MessemaerkteAusland.aspx
http://www.dihk.de/themenfelder/international/laender-und-maerkte
http://www.kooperation-international.de/clusterportal.html
Kultur und Kommunikation
Informieren Sie sich über kulturelle Eigenheiten und mögliche Barrieren in Ihrem Wunschland. Ermitteln Sie außerdem, welche sprachlichen oder religiösen Unterschiede einem reibungslosen Arbeitsablauf möglicherweise im Wege stehen könnten und wie Sie diese beseitigen können.
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/KulturDialog/Uebersicht_node.html
Kundenstruktur und Lieferantenmarkt
Informieren Sie sich über Import- und Exportzölle und prüfen Sie, ob ausreichend qualifizierte Lieferanten verfügbar sind. Wenn Sie einem Kunden folgen stellen Sie sicher, dass Sie auch ohne diesen Kontakt „überlebensfähig“ sind.
http://www.imf.org/external/country/index.htm
Personalkosten
Achtung, niedrige Lohnkosten müssen Sie in Relation zu dem Faktor Effektivität setzen. Prüfen Sie auch, wie hoch die Arbeitsproduktivität in Ihrem Zielland ist.
http://www.imove-germany.de/cps/rde/xchg/imove_projekt_de/hs.xsl/index.htm?rdeLocaleAttr=de
Recht und Steuern
Prüfen Sie, ob Sie steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen können. Lohnt es sich, den F&E-Bereich auszulagern? Sind steuerliche Optimierungen bei mehreren Auslandstöchtern möglich?