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Zukunftsmärkte > Paragon-Chef Klaus Dieter Frers

Familienunternehmen und Börse stehen in keinem Widerspruch

Gründung, Börsengang, Insolvenz, Neustart: Klaus Dieter Frers hat viel erlebt. Trotz mancher Rückschläge in seinem Unternehmerleben setzt er weiter auf den Kapitalmarkt. So will der Mittelständler unabhängiger von Banken und einzelnen Investoren sein.

Wer nach einem sentimentalen Unternehmensgründer sucht, der sich an seine Firma klammert, ist bei Klaus Dieter Frers an der falschen Adresse. Frers hat in seinem Unternehmerleben schon mehrfach abgegeben und losgelassen. Nicht immer freiwillig, aber dafür mit Lerneffekt: Nie mehr abhängig zu sein von Banken oder einzelnen Investoren, lautet seine Maxime. Dann lieber von anonymen Anteilseignern an der Börse: „Aktionäre nehmen ihre Beteiligung ernst“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Automobilzulieferers Paragon, der etwa 500 Mitarbeiter beschäftigt und 2017 einen Umsatz von ungefähr 125 Millionen Euro erwirtschaftete: „In meinen ersten Jahren als Unternehmer hatte ich manchmal den Eindruck, für dumm verkauft zu werden.“

Die Geschichte ist schnell erzählt: Im Jahr 1988 gründete der damals 30-jährige Frers, seines Zeichens diplomierter Maschinenbauingenieur, im ostwestfälischen Delbrück den Elektronikspezialisten Paragon und belieferte die Automobilindustrie. Wochen-, ja monatelang war er unterwegs bei Kunden, während sich seine Frau zu Hause um die drei Söhne kümmerte. Das Unternehmen wuchs schnell. In der kapitalmarkteuphorischen Sturm- und Drangzeit der Jahrtausendwende wagte sich auch Paragon im Jahr 2000 aufs Börsenparkett. Doch es kam wie bei so vielen anderen: Mit Zukäufen und Neugründungen hatte sich das Unternehmen übernommen, schlitterte in eine Liquiditätskrise und ging 2009 in die Planinsolvenz. Die Restrukturierung führte Frers selbst durch, gab danach wieder Gas und fokussierte sich mit Paragon noch stärker auf die Elektromobilität.

Wachsen, wachsen, wachsen

Jüngster Meilenstein: Im November 2017 brachte Frers 40 Prozent der Anteile der Paragon-Tochter Voltabox an die Börse. Voltabox stellt Batteriesysteme für Industriefahrzeuge wie Gabelstapler, Bergbaufahrzeuge oder Elektrobusse her. „Unser größter Wachstums-treiber“, freut sich Frers. Voltabox macht bereits 20 Prozent des Gesamtumsatzes von Paragon aus, Tendenz steigend: „Für 2018 erwarten wir für Paragon einen Umsatzsprung um mehr als 40 Prozent“, sagt Frers.

Frers hat in seiner Unternehmerlaufbahn seit der Insolvenz vor allem eines gelernt: achtsam und vorsichtig bei der Auswahl seiner Finanzpartner zu sein. Für seine Ideen, seine Nischenprodukte, „für das, was der Markt noch gar nicht kennt“, brauchte er seit jeher die Unterstützung von externen Geldgebern und Investoren. „Der Finanzierungsbedarf ist immer das ‚Schlimmste‘“, fasst er schmunzelnd zusammen.

Mehr Artikel aus unserer Serie „Macher“ finden Sie auf unserer Themenseite.

Für die Begebung einer Anleihe und für den Börsengang von Voltabox hat er sich umgehört im Markt. Bei Kunden, Lieferanten und „allgemein in der Region“. Nahe seinem Heimatstandort Delbrück ist der Automobilzulieferer Hella zu Hause. „Der Börsengang von Hella im Jahr 2014 hat mich schwer beeindruckt. Er war gut vorbereitet, alles lief nach Plan. Und die Transaktion war hochkomplex, weil Gesellschafter ausgestiegen sind“, erinnert sich Frers. Das Bankhaus Lampe war ein Begleiter in diesem Prozess, es sollte auch Voltabox an den Kapitalmarkt führen.

Sprache der Investoren lernen

Frers ist aber nicht nur vorsichtiger geworden, sondern auch professioneller im öffentlichen Auftritt. „Der Kapitalmarkt zwingt zur Disziplin und zur Perfektion des Reportings und des Frühwarnsystems. Das hat unserem Unternehmern gutgetan“, sagt er zur Freude seiner Investoren: „Ich scheue die geforderte Transparenz nicht.“

Dass er nicht Alleininhaber von Paragon und damit auch nicht Alleinentscheider ist – ihm gehören genau 50 Prozent der Aktien, der Rest befindet sich in Streubesitz –, scheint ihn nicht zu stören. „Ich muss mich noch mehr anstrengen, die Menschen zu überzeugen von dem, was ich für richtig halte“, sagt er verschmitzt. Die Voltabox-Roadshow im vergangenen Jahr in London, Boston und New York fand er „grandios“, es hat ihm sichtlich Spaß gemacht, vor einer großen Menge an Investoren und Analysten zu sprechen. „Die hingen an meinen Lippen“, erinnert er sich gern: einer, der die Bühne liebt, aber versichert, dass er sie nicht braucht. „Mein Selbstwertgefühl ziehe ich aus meinem innersten Kreis, meiner Familie und meinen Freunden“, sagt er und ergänzt: „Auch aus meinen Gedanken und Analysen über Zukunftstechnologien. Ich habe relativ oft richtig gelegen in der Entscheidung, wo genau wir forschen und entwickeln wollen.“

Haudegen bleibt Haudegen

Doch auch wenn er die abwägende, nüchterne Diktion des Kapitalmarkts beherrscht – wenn es um Innovationen und Unternehmenswachstum geht, bricht bei Frers die unternehmerische Begeisterung durch. Er habe etliche Analysen und Biographien über Pioniere und Erfinder gelesen, erzählt er, die ihm als Vorbilder und Inspiration dienten: „Wir müssen mit unseren Produkten und Dienstleistungen eine Nische schaffen, von der die Leute heute noch nicht einmal träumen. Alternativlose Produkte, kein Me-too“, schwärmt er dann. Oder: „Wir müssen unseren Erfolg immer in Frage stellen, dürfen nie zufrieden sein.“ Oder: „Wenn ich A sage, dann meine ich auch A. Das erwarte ich auch von meinen Leuten.“

Frers möchte kein Patriarch sein, wohl aber eine Gallionsfigur. Einer, der von seinen Mitarbeitern erwartet, dass sie angstfrei sagen, was sie denken. Aber auch einer, der zugibt, dass seine Frau sein stärkster Kritiker ist. „Sie erdet mich“, sagt Frers. Und ein Unternehmer, der aufs Ganze geht: „Wenn ich überzeugt bin von einer Idee, dann kriegen meine Leute alles, was sie an Platz, Geld und Leuten brauchen.“

Frers Ehefrau Brigitte ist seit vielen Jahren mit an Bord, seine persönliche Assistentin und verantwortlich für die Kommunikation. Familienunternehmen und Börse? „Geht doch“, sagt Klaus Dieter Frers. Er versteht nicht, warum sich Familienunternehmen so schwertun mit der Idee, sich dem Kapitalmarkt zu öffnen. Für ihn stehen Familienunternehmen und Börse in keinem Widerspruch: „Ich sehe mich als Tugendwächter und bin verantwortlich dafür, dass wir unsere Ziele in aller Einfachheit, aber auch in aller Radikalität erreichen. Auch mit anonymen Anteilseignern im Rücken fühle ich mich durch und durch als Macher.“


Dieser Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 06/2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

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