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Studien & Forschung > Firmengründungen im Sinkflug

Firmengründungsrückgang in Deutschland: ZEW warnt vor Innovationslücken

ZEW-Studie zeigt: Zahl der Neugründungen sank von 240.000 auf 161.000. Besonders betroffen sind forschungsintensive Industriebranchen.

Die Zahl der Firmengründungen in Deutschland geht zurück. (Foto: Shutterstock)

Die Zahl der Firmengründungen in Deutschland ist seit Mitte der 1990er Jahre drastisch gesunken. Laut einer aktuellen Studie des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW wurden 2023 nur noch rund 161.000 neue Unternehmen gegründet - ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den etwa 240.000 Neugründungen im Jahr 1995. Besonders betroffen sind forschungsintensive Industriebranchen, während die Gastronomie zuletzt wieder mehr Gründungen verzeichnete.

Historische Entwicklung der Firmengründungen

Die ZEW-Studie zeichnet ein klares Bild der Entwicklung über fast drei Jahrzehnte: Seit Beginn der Zeitreihe 1995 hat sich die Zahl der jährlichen Neugründungen in Deutschland um etwa ein Drittel reduziert. Zwar gab es 2023 ein leichtes Plus von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, doch der langfristige Trend zeigt deutlich nach unten. Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen für die deutsche Wirtschaft, wie ZEW-Professorin Hanna Hottenrott gegenüber dem Spiegel betonte: "Weniger Neugründungen bedeuten weniger Wettbewerb, weniger Investitionen und weniger gute Aussichten für die deutsche Wirtschaft."

Maschinenbau, Chemie oder Elektrotechnik: Gründungen mehr als halbiert

Besonders auffällig ist der Rückgang in forschungsintensiven Industriebranchen. In Sektoren wie Maschinenbau, Chemie oder Elektrotechnik haben sich die Gründungszahlen seit 2002 mehr als halbiert: von damals 1.400 auf nur noch 625 im Jahr 2023. Diese Entwicklung ist besonders bedenklich, da gerade diese Branchen als Innovationstreiber gelten und maßgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland beitragen.

In weniger forschungsintensiven Branchen wie der Lebensmittel- und Textilbranche oder der Holz- und Zementindustrie fiel der Rückgang mit 27 Prozent auf zuletzt rund 5.300 Gründungen geringer aus. Ein positiver Trend zeigt sich hingegen in der Gastronomie, wo nach der Corona-Pandemie wieder mehr Neugründungen zu verzeichnen sind.

Gründe für den Rückgang der Firmengründungen

Die Ursachen für den anhaltenden Rückgang der Firmengründungen in Deutschland sind vielfältig. Basierend auf den Informationen aus den Quellen und der ZEW-Studie lassen sich folgende Hauptgründe identifizieren:

  • Bürokratische Hürden: Junge Unternehmen verbringen laut einer ZEW-Umfrage durchschnittlich neun Stunden pro Woche mit administrativen Aufgaben. Diese Zeit fehlt für das eigentliche Kerngeschäft und kann gerade in der Anfangsphase eine erhebliche Belastung darstellen.
  • Fachkräftemangel: Der zunehmende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften erschwert es Gründern, geeignetes Personal zu finden und ihr Unternehmen aufzubauen.
  • Hohe Energiekosten: Insbesondere in energieintensiven Branchen wie der Chemie- und Pharmaindustrie oder der Produktion von Eisen, Stahl und Edelmetallen stellen die gestiegenen Energiepreise eine große Hürde für Neugründungen dar.
  • Finanzierungsschwierigkeiten: Obwohl in den Quellen nicht explizit erwähnt, ist der Zugang zu Kapital gerade für innovative Startups oft eine Herausforderung.
  • Regulatorische Anforderungen: Strenge Auflagen in Bereichen wie Datenschutz, Umweltschutz oder Arbeitssicherheit können gerade für kleine Unternehmen eine große Herausforderung darstellen.

Diese Faktoren wirken sich besonders stark auf forschungsintensive und industrielle Gründungen aus, da hier oft hohe Anfangsinvestitionen und komplexe regulatorische Anforderungen zusammenkommen.

Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft

Der Rückgang der Firmengründungen hat weitreichende Folgen für die gesamte deutsche Wirtschaft. ZEW-Forscherin Sandra Gottschalk warnt vor allem vor den Konsequenzen in forschungsintensiven Branchen: "Dort drohen Innovationslücken, die sich langfristig auch auf andere Branchen in der deutschen Wirtschaft auswirken können." Weniger neue Unternehmen bedeuten weniger frische Ideen und Innovationen, die den Wettbewerb antreiben und etablierte Unternehmen herausfordern.

Gerade der deutsche Mittelstand  könnte langfristig unter dieser Entwicklung leiden. Viele mittelständische Unternehmen sind aus kleinen Gründungen hervorgegangen und haben sich über die Jahre zu wichtigen Arbeitgebern und Innovationstreibern entwickelt. Wenn dieser Nachschub an jungen, dynamischen Unternehmen ausbleibt, könnte dies die Erneuerungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt beeinträchtigen.

Ausblick

Der kontinuierliche Rückgang der Firmengründungen in Deutschland, insbesondere in forschungsintensiven Industriebranchen, stellt eine ernstzunehmende Herausforderung für den Wirtschaftsstandort dar. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind gezielte politische Maßnahmen erforderlich. Diese könnten von Bürokratieabbau über verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zu spezifischen Förderprogrammen für Hightech-Gründungen reichen. Nur wenn es gelingt, das Gründungsklima in Deutschland wieder zu verbessern, kann die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft langfristig gesichert werden.

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