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Friedrich Merz in der Favoritenrolle

In der CDU bahnt sich ein Dreikampf um den künftigen Parteivorsitz an. Norbert Röttgen, Helge Braun und Friedrich Merz sondieren ihre Kandidaturen. Merz ist an der Basis klar in der Favoritenrolle. Dafür gibt es gute Gründe.

Die Umfragen sind eindeutig. Unter CDU-Wählern gibt es einen klaren Favoriten für den Parteivorsitz: Friedrich Merz wird von der Parteibasis als künftiger CDU-Vorsitzender mit weitem Abstand vor Norbert Röttgen gewünscht. Sondiert man innerhalb der Partei die Stimmung im Detail, so ergibt sich folgendes Bild: Friedrich Merz hat deutlichen Rückhalt in allen ostdeutschen Landesverbänden und eine Mehrheit in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen sowie Hamburg. Dazu stehen die Mittelständler, die Senioren, die Wertkonservativen und der Wirtschaftsflügel weitgehend hinter ihm. Norbert Röttgen hat in Schleswig-Holstein und im Saarland Gefolgschaft, ebenso bei Teilen der Unions-Arbeitnehmerschaft. Der schwindende Merkel-Führungskreis und Teile der Frauen-Union neigen Helge Braun zu. Die Landesverbände Hessen und Nordrhein-Westfalen sind gespalten. Die denkbaren Kandidaten Jens Spahn, Ralph Brinkhaus und Carsten Linnemann sind bei einer Basisabstimmung derzeit chancenlos. Summiert man die derzeitige Stimmungslage, so geht Friedrich Merz als großer Favorit in die Entscheidungstage.

Dafür gibt es vier Gründe

Erstens hat Merz seit drei Jahren kontinuierlich hohe Zustimmungswerte in Umfragen. Er lag bei bürgerlichen Wählern zunächst klar vor Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn. In den Umfragen des letzen Jahres deklassierte Merz seinen Konkurrenten Laschet regelrecht, obwohl der als Ministerpräsident des größten Bundeslandes und inmitten einer Pandemie die ganz große Bühne hatte. In beiden Fällen hat sich die CDU-Führung aber gegen dieses Mehrheitsbild von Basis und Wählerschaft gestellt - mit verheerenden Folgen. Innerhalb der CDU gibt es daher eine weiträumige Stimmung, dass man diesen Kardinalfehler nun korrigieren müsse, schon um die Integrität von Partei und Wählerschaft wieder herzustellen.

Zweitens steht Merz für hohe Wirtschaftskompetenz. Beim (für die CDU sehr wichtigen) deutschen Mittelstand und in der Industrie genießt er hohes Ansehen. Da durch die Pandemie die Konjunktur eingebrochen ist, Millionen Arbeitsplätze durch den Wandel in der Autoindustrie und asiatischen Wettbewerb bedroht sind und Deutschland sich in der Digitalisierung schwertut, wird die Sehnsucht nach einem CDU-Vorsitzenden wie weiland Ludwig Erhard groß. Die kommende Legislatur dürfte davon geprägt werden, ob die neue Ampelregierung Deutschlands Wettbewerbslage verbessern kann oder nicht. Die CDU wird eine Aufschwungperspektive entwickeln und verkörpern müssen. Und da hat eine Merz-CDU Vorteile vor Rot-Grün-Gelb, die ihre Stärken eher im Gesellschafts- und Klimapolitischen haben dürfte.

Drittens sehnt sich die Union nach Führungskraft und Oppositionskompetenz. Gerade in der jetzigen Krise wird nach den typologischen Kompromisslern und Integratoren wie Merkel, AKK und Laschet eher eine Leitfigur mit Kanten gebraucht. Einer der Opposition - und das heißt Konfrontation und Mut zu eigenem Profil - wirklich kann. Merz hat genau das bereits vor 20 Jahren als Fraktionsführer bewiesen und die Union nach einer ähnlichen Krise am Ende der Ära Kohl neu aufgestellt. Das klare Profil von Merz hat gerade mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlkämpfe deutliche Vorteile für die Union. Innerhalb der CDU ist zudem genau registriert worden, dass Merz gegenüber Laschet bis heute ein hohes Maß an Loyalität an den Tag gelegt hat. Es entstand zuweilen gar der Eindruck, dass Merz als einer der wenigen echten Wahlkämpfer aus der CDU-Spitze 2021 unterwegs gewesen war.

Viertens geht es bei der Vorsitzendenwahl auch um eine Richtungsentscheidung. AKK und Laschet standen weitgehend für die Fortführung des (aus klassischer CDU-Sicht) eher nach links geneigten Merkelkurses. Merz hingegen verkörpert „CDU pur“ - insbesondere in der Sicherheits-, Migrations- und Wirtschaftspolitik. „CDU pur“ freilich wünschen sich viele Unionisten zurück. Mit Angela Merkels Strategie, die CDU so weit nach links zu rücken, dass die SPD zeitweise raubkopiert und überflüssig wirkte, hat Merkel sich zwar einen langen persönlichen, machtpolitischen Vorteil beschert. Die Union aber hat diese Strategie der Achs-Verschiebung mit einem erheblichen Substanzverlust in Mandaten, Mitgliedern, inhaltlichen Positionen bezahlt. Der Langfristtrend einer Auszehrung mit einer Serie schlechter Wahlergebnisse - bereits gipfelnd in der Europawahl 2019, bei der die CDU nur noch erschütternde 22,6 Prozent der Stimmen (plus 6,3 Prozent der CSU) erreichte. Von Merz wiederum erhoffen sich die CDUler, dass er viele Wähler, auch solche, die in den vergangenen Jahren an die AfD verloren worden sind, zurückholen könne.

Der Instinkt der Partei will jetzt keine männlichen Varianten des Merkelismus (wofür Braun oder Röttgen stehen) - die CDU sucht und sehnt sich nach Identität, nach Profil und ihrem Wesenskern. Den verkörpert Friedrich Merz.

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