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Historischer Streik bei Ford Köln: Arbeitskampf um Zukunft des Standorts

Nach dem ersten Streik in der Unternehmensgeschichte haben sich Ford und die IG Metall in Köln auf Eckpunkte geeinigt. Die Umsetzung hängt von der US-Konzernzentrale ab.

Erstmals seit Gründung des Kölner Werks legen Ford-Beschäftigte im Streit um Stellenabbau und Standortzukunft die Arbeit nieder. (Foto: shutterstock)

Köln - 19.5.2025

Bei Ford in Köln zeichnet sich eine Entspannung im Konflikt um den geplanten Stellenabbau ab. Nach intensiven Verhandlungen haben sich die deutsche Geschäftsführung und die IG Metall auf Eckpunkte für weitere Gespräche verständigt. Damit sind zunächst keine weiteren Streiks zu erwarten. Allerdings steht die finale Zustimmung der US-Konzernzentrale noch aus.

Erster Streik in der Ford-Geschichte

Vergangene Woche kam es zum ersten regulären Streik in der 95-jährigen Geschichte von Ford in Köln. Die IG Metall hatte zu einem eintägigen Ausstand aufgerufen, der die Produktion weitgehend zum Erliegen brachte. Hintergrund ist der von Ford geplante massive Stellenabbau: Von aktuell rund 11.500 Arbeitsplätzen in Köln sollen bis Ende 2027 etwa 2.900 wegfallen.

Köln - 14.5.2025

Am Mittwochmorgen um 4:30 Uhr begann in den Kölner Ford-Werken ein historischer Arbeitskampf. Erstmals seit der Werksgründung im Jahr 1930 legten die Beschäftigten in einem regulären Streik die Arbeit nieder. Die von der IG Metall organisierte Aktion soll bis zum Ende der Nachtschicht am Donnerstagmorgen andauern.

Der Streik ist die Folge festgefahrener Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft und dem Ford-Management. Im Mittelpunkt steht der geplante Abbau von 2.900 Stellen bis Ende 2027. Aktuell beschäftigt Ford in Köln noch rund 11.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die IG Metall wirft der Unternehmensführung Konzeptlosigkeit vor und warnt, dass dies den Fortbestand der deutschen Tochter des US-Konzerns gefährde.

„Die Arbeit ruht hier komplett. Wir lassen niemanden rein“, betonte David Lüdtke, IG-Metall-Sprecher bei Ford Köln. Die Arbeitsniederlegung betrifft sämtliche Bereiche des Standorts – von der Produktion über die Entwicklung bis hin zur Verwaltung. Lediglich ein Notdienst-Tor bleibt für bestimmte Mitarbeiter geöffnet.

Forderungen der IG Metall

Die IG Metall fordert hohe Abfindungen für Beschäftigte, die das Unternehmen freiwillig verlassen oder in ausgelagerte Geschäftsbereiche wechseln. Für die verbleibenden Mitarbeiter verlangt die Gewerkschaft einen finanziellen Schutzschirm, der auch im Fall einer möglichen Insolvenz greifen soll. Diese Forderung erhält zusätzliche Brisanz, nachdem der US-Mutterkonzern seine Zusage zur Übernahme von Schulden der Kölner Tochter zurückgezogen hat.

Benjamin Gruschka, Betriebsratschef von Ford Deutschland, sieht die Wirkung des Streiks als deutlich an: „Das tut schon weh, das kostet ihn ein paar Millionen heute.“ Er kündigte weitere Arbeitsniederlegungen an, sollte das Management keine Bewegung zeigen.

Herausforderungen für Ford in Deutschland

Ford steht in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen. Der Marktanteil bei Neuzulassungen ist von 5 Prozent vor zwei Jahren auf 3,5 Prozent im vergangenen Jahr gesunken. Zwar verzeichnete das Unternehmen im April einen leichten Aufschwung mit einem Plus von 15,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, doch reicht das nicht aus, um die schwierige Gesamtlage nachhaltig zu verbessern.

Ein zentrales Problem bleibt die schleppende Umstellung auf Elektromobilität. In Köln produziert Ford zwei neue Elektro-Modelle – den Ford Explorer (ab 39.900 Euro) und den Capri (ab 42.400 Euro). Die Verkaufszahlen dieser Fahrzeuge bleiben jedoch hinter den Erwartungen zurück. Hinzu kommt, dass beide Modelle auf Volkswagen-Technik basieren, was die Gewinnmarge zusätzlich belastet. Darüber hinaus gelten die Fahrzeuge als zu hochpreisig, um in Deutschland spürbare Marktanteilsgewinne zu erzielen.

Historische Einordnung

Die Ford-Werke blicken auf eine nahezu hundertjährige Geschichte in Deutschland zurück. Gegründet 1925 in Berlin, wurde das Werk 1930 nach Köln verlegt. Seither ist der Standort ein fester Bestandteil der deutschen Automobilindustrie. Die Arbeitsbeziehungen galten lange als stabil – der erste reguläre Streik ereignete sich erst in diesen Tagen.

Historische Krisen und Anpassungen

  • In den 1970er Jahren führte die Ölkrise zu Produktionskürzungen und Kurzarbeit.

  • In den 1990er Jahren zwang die zunehmende Globalisierung zu Rationalisierungen und Umstrukturierungen.

Aktuelle Herausforderungen

  • Ursachen: Der technologische Wandel – insbesondere die Umstellung auf Elektromobilität – sowie der globale Wettbewerbsdruck stellen das Unternehmen vor große Herausforderungen.

  • Folgen: Ein erheblicher Stellenabbau droht, die Zukunft des Standorts Köln ist ungewiss.

  • Lösungsansätze: Sozialpartnerschaftliche Verhandlungen und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sollen den Wandel begleiten und den Standort sichern.

Fazit

Der Streik bei Ford in Köln markiert ein historisches Ereignis und verdeutlicht die tiefe Krise, in der sich der Autobauer derzeit befindet. Erstmals seit fast 100 Jahren legen Beschäftigte im regulären Arbeitskampf die Arbeit nieder – ein unübersehbares Signal an das Management. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur der geplante Stellenabbau, sondern auch die offene Frage, wie der Standort Köln langfristig gesichert und zukunftsfähig aufgestellt werden kann.

Die schleppende Umstellung auf Elektromobilität, sinkende Marktanteile und das Fehlen eines überzeugenden Zukunftskonzepts erhöhen den Druck auf beide Seiten. Der Ausgang der Verhandlungen zwischen IG Metall und Unternehmensführung dürfte wegweisend sein – nicht nur für Ford in Köln, sondern auch für den weiteren Umgang der gesamten deutschen Automobilindustrie mit den Herausforderungen der Transformation.

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