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„Hoppla, war gar nicht so“ ESG-Kriterien Wirrwarr

ESG-Investments sind im Kommen. Ein Kriterien-Wirrwarr könnte unglaubwürdige Ratings hervorrufen. Es gibt Parallelen zur Subprime-Krise 2008.

esg kriterien graphik

Mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine hat das Thema ESG-Anlagen noch einmal einen neuen Schub bekommen. Deutlich zeigt sich die Abhängigkeit Europas von russischem Gas und ganz grundsätzlich von Energielieferungen aus dem Ausland. Lösen lässt sich dieses Problem für rohstoffarme Länder wie Deutschland nur über den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Nimmt die grüne Revolution an den Finanzmärkten jetzt also erst richtig an Fahrt auf? Möglich. Auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee sehen die Finanzexperten allerdings große Herausforderungen bei dem Thema.

 

„Der Begriff Nachhaltigkeit ist an sich nicht nachhaltig“, beschrieb Warburg-Chefvolkswirt Carsten Klude das Grundproblem. Nachhaltigkeit bedeute für jeden etwas anderes. Stichwort Atomkraft: für die einen nachhaltig, für die anderen alles, nur nicht das. Das führt zu einer Menge Unübersichtlichkeit. Es fehlt schlicht der gemeinsame Standard. Ohne diesen ginge es nicht und werde es extrem schwierig, erklärte Robert Urtheil, Managing Director bei AlixPartners. „Sonst rennt jeder mit seinem eigenen Zertifikat rum und sagt, das ist ist ESG-konform.“

 

Für Anleger könnte das noch gefährlich werden. Es gebe inzwischen eine regelrechte ESG-Daten-Flut, mahnte Klude. „Damit begeben wir uns in sehr große Abhängigkeit von denen, die diese Daten auswerten und Ratings erstellen.“ Er schlug die Brücke zur Subprime-Krise im Jahr 2008, die in die Finanzkrise mündete. „Da gab es auch Rating-Agenturen, die tolle Ratings abgegeben haben und wo man im Nachhinein feststellen musste: Hoppla, war nicht so.“ Diese Unternehmen hätten extrem viel Macht und seien sich dessen auch bewusst, warnte er. „Das muss jedem bewusst sein, der in ESG investieren will.“ Im Zuge des immer mehr aufkommenden ESG-Scoring werde man deutliche Asset-Differenzierungen sehen. Sie sehe auch die große Gefahr zu sehr abhängig zu werden von einzelnen Unternehmen und deren ausgewählten Messmethoden, stimmte Nicole Handschuher, LHI Leasing-Geschäftsführerin, zu.

 

Eine Folge wäre nach Einschätzung von Metzler-Vorstandsmitglied Emmerich Müller, dass sich vermeintlich nachhaltige Anlagen sehr gut entwickelten. „Aber nicht, weil sich das Unternehmen gut entwickelt, sondern weil es einfach Kapitalströme in bestimmte Werte gibt, das führt zu erheblichen Verzerrungen.“ Befeuert werden könnte dies durch den Anlagenotstand, der nach wie vor besteht. „Wir haben enorme Liquidität am Markt und eine hohe Nachfrage nach Assets“, gab Handschuher zu bedenken.

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