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Mittelstand International: Typische Fehler beim Management von Tochtergesellschaften

Wie Mittelständler ihre Tochtergesellschaften erfolgreich steuern und typische Compliance-Fallen vermeiden – Herausforderungen und Lösungen im Überblick.

Bildquelle: Adobe Stocks

von Marc W. Theuerkauf

Familienunternehmungen und Unternehmensgruppen, die in den letzten Jahrzehnten viele Tochtergesellschaften in ausländischen Absatzmärkten als Vertriebs- und Produktionsstandorte etabliert haben, prägen den deutschen Mittelstand. Mit der wachsenden Internationalisierung nimmt die Komplexität in der Steuerung und auch im Umgang mit Compliance-Sachverhalten stetig zu. Der folgende Artikel beleuchtet exemplarisch mögliche und typische Herausforderungen und Problemstellungen im Management von Beteiligungen.  

Typische Herausforderungen und Problemstellungen

Steuerung und Management der Tochtergesellschaften

Die Steuerung der Tochtergesellschaften basiert häufig auf Vertrauen. Lokale Geschäftsführende sind oft als einzige und als Einzelbevollmächtigte in den lokalen Handelsregistern registriert. Dies hat u.a. folgende Konsequenzen:

  • Fällt sie geschäftsführende Person aus, muss eine neue Person registriert werden, was oft langwierig ist. In dieser Zeit ist die lokale Gesellschaft ohne Vertretungsberechtigte und somit rechtlich handlungsunfähig.
  •  Alle Geschäftsvorfälle werden von der geschäftsführenden Person entschieden und Verträge von dieser allein unterzeichnet. Ein 4-Augenprinzip wird nicht umgesetzt. Eine interne Delegation von Genehmigungen findet so per se auch nicht statt. 

Die Geschäftsordnungen der Tochtergesellschaften enthalten die notwendigen Regelungen, um den juristischen Anforderungen des jeweiligen Landes Sorge zu tragen. Geschäftsvorfälle, die eine Genehmigung der Muttergesellschaft erfordern, werden überraschenderweise oft in den Geschäftsordnungen gar nicht aufgeführt und sind auch sonst nicht schriftlich fixiert bzw. an die Finanzabteilung der Tochtergesellschaft kommuniziert. Eine Einhaltung kann somit lokal nicht sichergestellt und überwacht werden. 

Das Management einer Firma ist komplex und erfordert umfassende Kenntnisse. In der Regel werden die Vertriebsgesellschaften durch den Vertrieb gesteuert und Produktionsgesellschaften durch Techniker. Da ein sehr guter Vertriebs- oder Produktionsmanager nicht automatisch gleichzeitig ein guter Unternehmensmanager sein muss, ist es zwingend notwendig, auf entsprechende notwendige Skills zu achten. 

Compliance

Das Management der Muttergesellschaft trägt die Verantwortung, dass die Tochtergesellschaften gesetzliche, interne und vertragliche Anforderungen erfüllen. Sie können bei Gesetzesverstößen, gerade im angelsächsischen Rechtssystem, haftbar sein. Dies gilt insbesondere bei Verstößen im Kartellrecht oder von Geldwäsche- und Anti-Korruptionsgesetzen, bei Fehlverhalten in den Bereichen Menschenrechte, Umweltschutz oder der Nichteinhaltung internationaler Sanktionen. 

Oftmals sind die Compliance-Strukturen in den Tochtergesellschaften nur rudimentär ausgestaltet und beschränken sich auf lokale Compliance Botschafter, die als Schnittstelle zur zentralen Compliance-Abteilung der Muttergesellschaft agieren. Ein fundiertes Wissen über lokale gesetzliche Compliance Anforderungen ist häufig nicht sichergestellt, ebenso wenig wie regelmäßig wiederkehrende Compliance-Trainings der lokalen Mitarbeitenden. Notwendige Compliance-Audits finden häufig nicht statt. 

Berichterstattung und Beteiligungscontrolling

Die in den Tochtergesellschaften erstellten Monatsabschlüsse werden in der Regel an die Finanzbuchhaltung oder das (Beteiligungs-)Controlling übermittelt und dort konsolidiert. Abweichungsanalysen und Begründungen sind meist nicht Bestandteil der Berichterstattung.

Die Finanzbuchhaltung oder das Controlling der Muttergesellschaft verfügen häufig nicht über die personelle Ausstattung und Zeit sich intensiv mit dem Inhalt aus einer Controlling-Perspektive z.B. anhand von Kennzahlenanalysen und Kosten- und Margenanalysen usw. auseinanderzusetzen. Zudem fehlen durch den Zeitmangel Interaktion und Austausch mit der Finanzabteilung der Tochtergesellschaften. Dadurch werden Unstimmigkeiten und vorhandene Einsparungspotentiale ggfs. nicht oder zu spät erkannt. 

Geschäftsprozesse und IT-Systeme 

Tochtergesellschaften setzen oft eigene kleine lokale ERP-Systeme ein, die lediglich die Buchhaltung, den Vertrieb, den direkten Einkauf (Produktionsmaterialien) und die Lagerhaltung abdecken. 
Andere Geschäftsprozesse, wie der indirekte Einkauf (z.B. Dienstleistungen und Materialien, die nicht in die Produktion einfließen), die Anlagenbuchhaltung, Reisekostenabrechnungen und weitere, werden durch zusätzliche IT-Applikation oder mit Excel bzw. Papierformularen abgedeckt. 

Stellt die Muttergesellschaft keine einheitlichen IT-Lösungen zur Verfügung, führt dies zu einer Vielzahl an lokalen Insellösungen. Papierbasierte Prozesse führen zu manuellen Genehmigungen, Dokumentenscans oder Papierablagen und somit zu einer ineffizienten Bearbeitung. 

Zudem müssen sich lokale Verantwortliche um Probleme kümmern, für die es in der Firmengruppe bereits Lösungen gibt, die aber oft nicht weitergegeben werden. Dadurch bleiben Synergien ungenutzt und die Tochtergesellschaften konzentrieren sich weniger auf das eigentliche Geschäft.

Eine Vielzahl an unterschiedlichen lokalen IT-Systemen erhöht zudem die Komplexität hinsichtlich IT-Security Anforderungen, die idealerweise konzernweit mit einem einheitlichen Vorgehenskonzept umgesetzt werden sollten, um ein hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten. 

Weisungskompetenz der Fachabteilungen in der Zentrale 

Zentralabteilungen der Muttergesellschaft wie Personalabteilung, IT oder Finanzabteilung sind ursprünglich nur für die Hauptgesellschaft im Heimatland zuständig. Wächst nun die Gruppe mit Tochtergesellschaften, müssen die Zentralabteilungen der Muttergesellschaft in ihrer Selbstwahrnehmung und bei der Betreuung der Tochtergesellschaften mitwachsen. 

Dieses Mitwachsen findet anfänglich oft nicht statt. Die notwendige Weisungskompetenz und das Ausrollen von zu adaptierenden Richtlinien und Prozessvorgaben oder Methoden (z.B.  Performance Management) werden unterschiedlich gehandhabt. Dies führt zu einer Vielzahl von lokal aufgesetzten Prozessen, deren Ablauf in der Zentrale nicht bekannt sind.

Limitierte Personalgröße

Die Personalausstattung in Tochtergesellschaften ist je nach Landesgröße und Marktgröße limitiert. Dies führt dazu, dass die notwendigen Geschäftsprozesse (z.B. Vertrieb, Einkauf, Lager, Buchhaltung, Personalwesen, IT usw.) von wenigen Personen durchgeführt werden. Es ist nicht unüblich, dass z.B. die lokale Buchhalterin auch für Personalwesen und Lohnbuchhaltung zuständig ist.

Trifft nun die limitierte Personalgröße auf eine Situation, in der die Muttergesellschaft keine Regelprozesse und IT-Applikationen zur Verfügung stellt, müssen die Tochtergesellschaften diese selbständig schaffen. Mit steigender Anzahl der Tochtergesellschaften potenziert sich die Vielzahl an unterschiedlichen Prozessen, Vorgehensweisen und IT-Applikationen.  

Unternehmenswerte und Teamgefühl

Unternehmungen definieren Werte, die sie bestimmen und verkörpern. Ziel ist, dass sich alle Mitarbeitenden mit der Unternehmung identifizieren und sich alle Mitarbeitenden als Team sehen.  

Solche Wertegemeinschaften können jedoch nur entstehen oder zusammenwachsen, wenn man einander kennt, sich verbunden fühlt oder Dinge gemeinsam erlebt. Findet von den Muttergesellschaften kein regelmäßiger Austausch mit den Mitarbeitenden der Tochtergesellschaften statt (z.B. auf Fachabteilungs- oder Projektebene usw.), sind der lokale Geschäftsführer und die lokale HR-Abteilung die einzigen Personen, die die Firmenkultur und Firmenwerte vermitteln und prägen können.  

In der Praxis wird von den Mitarbeitenden der Tochtergesellschaften oft bemängelt, dass sie keinen regelmäßigen Kontakt mit ihren Kollegen aus der Muttergesellschaft oder zu anderen Tochtergesellschaften haben und ihnen eine Plattform fehlt, um sich über Probleme und Lösungen auszutauschen. Aus Sicht des Autors ist es somit schwer, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zur Unternehmensgruppe entstehen zu lassen.

Lösungsansätze

Viele der oben erwähnten Problemstellungen erfordern eine Transformation des Bewusstseins, wie Tochtergesellschaften gesteuert werden müssen. Hierzu gehört u.a. eine intensivere Austausch der Zentralfunktionen mit den entsprechenden Ansprechpersonen in den Satelliten-Gesellschaften.  

Zudem hat es sich in der Praxis als erfolgreich erwiesen, über einen integrierten Ansatz das Risiko- und das Compliance-Management zu verzahnen und im Zusammenspiel mit der Rechtsabteilung, dem Controlling und der Internen Revision eine effektive Lenkungs-, Steuerungs- und Kontrolllandschaft der Tochtergesellschaften zu etablieren.

Gerade eine Interne Revision bringt Prozesstransparenz und stößt Verbesserungen an. Sie hat auch eine wichtige Funktion in der Vermittlung von internen und externen Best Practices und übernimmt mit der Überprüfung des Internen Kontrollsystems und von Compliance-Vorgaben eine wichtige Funktion in jedem integrierten Managementsystem.

Der Autor

Marc W. Theuerkauf ist Inhaber von Internal Audit Services, einem Anbieter von Revisionsdienstleistungen für den deutschen Mittelstand. Er ist seit über 20 Jahren in der Internen Revision tätig und betreut seit über 9 Jahren deutsche mittelständische Unternehmungen im In- und Ausland.   

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