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Internationalisierung: So werden Mittelständler im Ausland erfolgreich

Die deutsche Wirtschaft ist im Außenhandel ein Schwergewicht. Das liegt auch an mittelständischen Weltmarktführern. Doch wie vermarkten Unternehmen ihre Produkte am besten in anderen Ländern? Und wann lohnt sich eine Auslandstochter vor Ort?

Produkte aus Deutschland sind nach wie vor international gefragt. „Made in Germany“ steht weltweit für qualitativ hochwertige Ware, für die es sich lohnt, auch mal einen höheren Preis zu bezahlen. Viele dieser Produkte kommen von mittelständischen Unternehmen, die sich in ihrer Nische zum Hidden Champion entwickelt haben. Jeder zweite Mittelständler exportiert seine Ware ins Ausland.

Unternehmen, die auch abseits des Binnenmarktes erfolgreich sein wollen, müssen zuerst identifizieren, in welchen Regionen es für ihre Produkte eine relevante Nachfrage gibt. Die Wahl fällt dabei oft zunächst auf andere Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union (EU). Dank der Zollunion und anderer gemeinsamer Regeln sind hier der Bürokratieaufwand und die Zusatzkosten deutlich geringer, als bei einer Expansion in fernere Staaten. Bei der Entsendung von Mitarbeitern innerhalb der EU müssen Unternehmen aber dennoch einige Regeln beachten. 

Trotz des größeren Aufwandes kann sich auch der Markteintritt außerhalb der EU im Rahmen einer Internationalisierungsstrategie lohnen. 

Diese Auslandsmärkte (außerhalb der EU) gelten als lukrativ für den Mittelstand

  • USA: Traditionell sind die USA ein wichtiger Auslandsmarkt für deutsche Unternehmen. Vor allem bei Maschinen, Fahrzeugen und Pharmazeutika ist die Nachfrage nach deutschen Produkten groß.
  • China: Ein Geheimtipp ist China schon lange nicht mehr. Das Reich der Mitte kann sich sowohl als Zielmarkt für den Export, als auch für die Gründung einer Niederlassung lohnen. Deutsche Mittelständler freut vor allem, dass die wichtigen Zukunftsbranchen, die China in seinem Fünfjahresplan definiert hat, ihre Stärke sind. Zu den Schlüsselbranchen, auf die sich China konzentrieren will, gehören unter anderem die Elektromobilität, die Robotertechnologie und die Luft- und Raumfahrttechnik. Aktuell verkomplizieren unter anderem die Proteste in Hongkong die Lage deutscher Unternehmen vor Ort.
  • Lateinamerika: Die Region ist ein schwieriges Pflaster für deutsche Unternehmen, da sich die wirtschaftlichen Bedingungen von Land zu Land stark unterscheiden und auch immer wieder politische Krisen auftreten. Der Markt ist dennoch attraktiv für deutsche Mittelständler, da Staaten wie Mexiko, Brasilien und Argentinien eine große Bevölkerung haben, die zunehmend konsumfreudiger wird. Auch der Hidden Champion Bowa Electronic sieht Brasilien als wichtigsten Markt in Lateinamerika an.
  • Südafrika: Für Unternehmen, die auf dem afrikanischem Kontinent Fuß fassen wollen, ist Südafrika ideal. Das Land ist eine der größten Volkswirtschaften des Kontinents und bietet der Industrie eine gute Infrastruktur. Doch es gibt auch Probleme wie Korruption und überbordende Bürokratie – sowie politische Regelungen gegen Diskriminierung. Auch ständige Stromausfälle sind ein Problem – für das es aber eine Lösung gibt.
  • Ruanda: In Zukunft könnte auch Ruanda ein lohnender Standort für den deutschen Mittelstand werden. Volkswagen ist seit 2018 mit einem Werk dort vertreten. Automobilzulieferer könnten davon profitieren. Noch ist die gesamte Subsahara-Region allerdings eher etwas für Pioniere.
  • Iran: Deutsche Produkte sind hier sehr gefragt. Die amerikanischen Sanktionen gegen das Land am Persischen Golf sorgen allerdings für Unsicherheit – nicht nur im Mittelstand, sondern auch bei den Banken, die vor einer Exportfinanzierung in den Iran aus Angst vor Sanktionen zurückschrecken.
  • Indien: Das Land ist mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern nicht nur ein riesiger Absatzmarkt für deutsche Firmen. Die Wirtschaft Indiens wächst, und die zahlungskräftige Mittelschicht wird von Jahr zu Jahr größer. 

 

Bei der Eröffnung einer Auslandsniederlassung kann ein Joint Venture mit einem lokalem Unternehmen den Markteintritt erleichtern. Das Partnerunternehmen kennt die kulturellen Gepflogenheiten und die Rechtslage vor Ort. In manchen Ländern wie in einigen Regionen der Vereinigten Arabischen Emiraten ist ein Joint Venture sogar gesetzlich vorgeschrieben für ausländische Unternehmen, die vor Ort tätig werden wollen – auch wenn diese Regeln nun gelockert werden. Eine andere Möglichkeit, ins Ausland zu expandieren ist die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern in den jeweiligen Auslandsmärkten. Wie die Zusammenarbeit mit den Vertragspartnern aussehen kann, zeigt das Beispiel des Schmierstoffherstellers Liqui Moly. 

Wer im Ausland seine Produkte absetzen will, der kann sich auch um öffentliche Aufträge bemühen. In den meisten Staaten werden Projekt der Regierung öffentlich ausgeschrieben. Allerdings unterscheiden sich die Regeln von Land zu Land und für Mittelständler ist es nicht immer einfach, den Überblick zu behalten. Auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vergeben ihre Aufträge öffentlich nach transparenten Richtlinien. Da die NGOs einen gemeinnützigen Zweck verfolgen, müssen Mittelständler, die Projekte beliefern wollen, besondere Vorgaben erfüllen.   

Auswirkungen der Politik auf die Auslandsmärkte

Mit zunehmender Sorge beobachten Mittelständler die wirtschaftspolitischen Entwicklungen. Mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sind weltweit wieder mehr Handelsschranken hochgezogen wurden. Zum Leidwesen der deutschen Unternehmen hält Trump weitgehend seine Wahlversprechen ein und wendet sich dem Protektionismus zu. 

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Ein weiteres Sorgenkind ist der Brexit, die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen. Der Abschied eines der wichtigsten Handelspartner Deutschlands aus der Staatengemeinschaft hat unmittelbare Auswirkungen auf den Mittelstand und verringert das Wirtschaftswachstum in beiden Ländern. Welche Effekte der Brexit im Detail haben wird, und wie groß der Schaden für die Wirtschaft werden wird, ist indes noch völlig offen. 

Mittelständische Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen nach Großbritannien sollten sich auf jeden Fall auf einen möglichen harten Brexit vorbereiten. Da viele Unternehmen von einem solchen Szenario betroffen wären, könnte es einen Engpass an Arbeitskräften mit Kenntnissen in der Zollabwicklung geben. 

Das Vereinigte Königreich ist nicht einmal das einzige Sorgenkind innerhalb Europas. Die populistischen und nationalistischen Regierungen in Mittel- und Osteuropa verschärfen vor Ort den Fachkräftemangel. Denn gerade die gut ausgebildeten jungen Menschen ziehen aus Ungarn, Polen und Co. weg, um ihr Geld woanders zu verdienen.

In zahlreichen Ländern besteht zudem der Verdacht, dass Geheim- und Nachrichtendienste Wirtschaftsspionage betreiben. Mittelständler und ihre Mitarbeiter können sich dabei kaum schützen. Der wichtigste Tipp von Experten: den Laptop am besten zuhause lassen.

Es gibt aber für Unternehmen auch Grund zur Hoffnung. Die EU arbeitet weiterhin an neuen Freihandelsabkommen, die Handelsbarrieren und Zölle abbauen sollen (und nebenbei zum Beispiel Schiedsgerichte ermöglichen). So trat beispielsweise im Februar 2019 das Abkommen Jefta zwischen der EU und Japan in Kraft. Davon profitiert auch der deutsche Mittelstand stark. Selbst die Vereinigten Staaten konnten sich nach langen Verhandlungen auf ein neues Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko einigen. Vor allem Automobilkonzerne und deren mittelständische Zulieferer, die in Mexiko für den amerikanischen Markt produzieren, dürften sich über die Einigung freuen. 

In einem Exklusiv-Interview mit „Markt und Mittelstand“ sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im April 2019, der Freihandel sei für die deutsche Wirtschaft mit seinen zahlreichen Hidden Champions essentiell: „Nur ein freier, fairer und regelgebundener Handel schafft Wohlstand und Arbeitsplätze“, sagte der Christdemokrat. „Abschottung oder einseitige Handelsbarrieren hingegen vernichten Wachstum – und zwar auf allen Seiten.“

Weil die eigenen Mitarbeiter nicht überall gleichzeitig sein können, beschäftigt der Maschinenbauer Vecoplan im internationalen Vertrieb Handelsvertreter. Wie die Zusammenarbeit genau abläuft, regelt ein Vertrag. Auch der Düsenhersteller Lechler arbeitet mit Handelsvertretern zusammen. Doch sie sind nur ein erster Schritt einer gestaffelten Internationalisierungsstrategie.

Das braucht ein effektives Zoll- und Exportmanagement

Damit die Auswirkungen von Handelsbarrieren und Zöllen auf den Betrieb nicht so groß sind, sollte jedes Unternehmen ein eigenes Zollmanagement betreiben. Dazu gehört nicht nur ein Überblick über die aktuell anfallenden Zölle, sondern auch eine Kalkulation, über die jeweiligen Länderrisiken und Lohnkosten der einzelnen Produktionsstandorte. Mitunter kann es sich etwa lohnen, Teile der Fertigung in ein anderes Land zu verlegen, um damit Abgaben zu vermeiden.

Nicht nur Zölle können für Unternehmen große Kosten verursachen. Der Staat möchte am Gewinn durch den Verkauf der Waren mitverdienen. Wer nicht aufpasst, zahlt schnell zu viele Steuern. So können Mittelständler die im EU-Ausland gezahlte Vorsteuer rückerstattet bekommen. Um diesen Prozess zu erleichtern, gibt es ein standardisiertes Verfahren – das hat allerdings seine Tücken.

Noch komplizierter kann es bei Auslandstöchtern werden. Mitunter halten dann gleich zwei Staaten ihre Hand offen.

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Aufwendig ist auch die Exportlogistik im Mittelstand. Anders als bei Konzernen handelt es sich hierbei oft um Handarbeit. Automatisierte Prozesse gibt es selten, denn die Produkte sind in der Regel keine Massenware.

Diese Möglichkeiten der Exportfinanzierung gibt es

Banken bieten Mittelständler spezielle Kredite zur Exportfinanzierung an. Wegen zunehmender Regulierungsvorschriften (Know your client, KYC) sind die Geldinstitute allerdings gerade bei kleineren Kunden zurückhaltender geworden. Ein Ausweg für Banken und mittelständische Unternehmen könnte der Einsatz der Blockchain bei der Handelsfinanzierung werden. Dies vereinfacht die Kreditdokumentation und spart damit Kosten ein.

Eine Alternative zur Hausbank sind Finanzierungen über Gesellschaften, die sich auf die Außenhandelsfinanzierung von Mittelständler spezialisiert haben. Zudem bietet die staatliche Förderbank KFW über ihre Tochter KFW Ipex-Bank Export- und Projektfinanzierungen an.

Damit der Export am Ende auch wirklich ein lohnendes Geschäft ist, sollten Unternehmen ein effektives Forderungsmanagement betreiben. Denn sollte ein Kunde seine Rechnungen nicht bezahlen können, ist das für den Lieferanten gleich doppelt ärgerlich. Zum einen fehlt ihm dann die eingeplante Einnahme, zum anderen bleibt er auf den Kosten für die Produktion der Ware sitzen.

Um solche Fälle zu verhindern, können Mittelständler mehrere Instrumente einsetzen. Bei sogenannten Hermesdeckungen sichert die Bundesrepublik Deutschland das Unternehmen gegen einen Ausfall der Zahlungen ab. Eine andere Methode sind Akkreditive. Hierbei springt die Bank ein, wenn dem Kunden durch nicht bezahlte Rechnungen ein Schaden entsteht. Bei der Erstellung dieser Verträge sollten Unternehmen unbedingt sämtliche Formalien einhalten, damit das Finanzinstitut auch wirklich im Fall der Fälle zahlt.   

Kann der Kunde des Exporteurs nicht zahlen und es liegt auch keine Versicherung vor, muss das Unternehmen versuchen mit Hilfe von Inkasso doch noch an sein Geld zu kommen. Doch gerade im Ausland ist das oft nicht allzu erfolgsversprechend.

Tipps für ein erfolgreiches Exportgeschäft

Produkte, die sich in Deutschland auf dem Markt durchsetzen, sind nicht automatisch auch im Ausland ein Erfolg. Kunden in Schwellenländern haben für manche Hightech-Funktionen deutscher Produkte keine Verwendung. Für solche Märkte kann es sich lohnen eine neue Strategie zu entwerfen und schlichtere Produktvarianten zu produzieren. Das ist zwar in der Praxis oft teuer, kann sich aber dennoch lohnen. 

Auch bei Design und Marken haben andere Länder andere Vorlieben. Markennamen etwa einfach in die Landessprache zu übersetzen, genügt meistens nicht. Stattdessen müssen Unternehmen strategisch überlegen, wie sie die Eigenschaften ihres Produktes am besten kommunizieren können. Auch der Internetauftritt des Unternehmens muss sorgfältig angepasst werden. Wer die Texte nur von einem Übersetzer umschreiben lässt, oder gar Programme wie Google Translator verwendet, lässt viel Potential liegen. Generell gilt: Mittelständler, die sich mit den kulturellen Eigenheiten ihrer Absatzmärkte beschäftigen, haben eine größere Aussicht auf Erfolg. Das hat auch Arne Weber von Faytech in China gemerkt. „In vielen Geschäftsverhandlungen – aber auch in anderen Gesprächen – geht es darum, das Gesicht zu wahren“, hat er gelernt. „Und wehe, man lässt das beim Gesprächspartner nicht zu.“ Sein Vorteil: Er weiß, wie China tickt. Schließlich ist er mit einer Chinesin verheiratet und führt sein deutsch-chinesisches Unternehmen von der Metropole Shenzhen aus.

 

Der Spezialmaschinenbauer Fette Compacting hat mit anderen Mittelständlern seiner Branche eine Kooperation gegründet. Das Motto: Gemeinsam lassen sich ausländische Märkte besser erschließen als alleine. Auch der Brauereizulieferer Kaspar Schulz wächst international – entgegen der Krise seiner Branche. Das liegt auch daran, dass er konsequent auf den Export seiner Produkte setzt – und ständig auf die sich ändernden Bedürfnisse seiner Kunden reagiert.

 

Einen anderen Weg der Internationalisierung geht Der mittelständische Kerzenhersteller Gala. Er kaufte 2018 gleich zwei ausländische Mitbewerber zu. Die zunehmende Internationalisierung verschafft dem Unternehmen nicht nur zusätzliche Umsätze, sondern macht bestimmte, gerade kleinere Aufträge auch lukrativer.

Auch die Software Teamviewer wird in nahezu allen Ländern der Welt verwendet. Durch die stetige Internationalisierung haben sich derweil auch die Ansprüche geändert: „Nun sind wir gefragt, weltweit auch lokale Besonderheiten zu bedienen, darauf müssen wir mit der Präsenz vor Ort reagieren und uns lokal um Vertrieb und Marketing kümmern“, sagt Konstantin Ebert, Executive Vice President Sales. 

Zahlen und Daten: So wichtig ist der deutsche Außenhandel

  • 30 Prozent der deutschen Arbeitsplätze hingen 2017 direkt oder indirekt vom Außenhandel ab.
  • Waren im Wert von 1,3 Billionen Euro verkauften deutsche Unternehmen 2018 ins Ausland.
  • Nach China und den USA ist Deutschland der drittgrößte Exporteuer der Welt.
  • 227 Millionen Warenlieferungen hat der deutsche Zoll 2017 abgewickelt
  • Auf 227,8 Milliarden Euro sank 2018 der Außenhandelsbilanzüberschuss Deutschlands. 2017 betrug er noch 247,9 Milliarden. 

Was Unternehmen bei einem Marktaustritt beachten müssen

Ungern beschäftigen sich Unternehmen mit der Option, dass ihr Expansionsvorhaben scheitert. Dabei kann dies schneller passieren, als gedacht – und nicht immer ist die Geschäftsführung dafür verantwortlich. 

Entscheidet sich ein Unternehmen für den Marktaustritt, muss es diesen sorgfältig vorbereiten. Neben rechtlichen Aspekten hängt die richtige Austrittsstrategie von vielen verschiedenen Faktoren ab.

Der Artikel wurde am 4. Februar 2019 erstellt und zuletzt am 7. November 2019 aktualisiert.

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