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Zukunftsmärkte > Marketing im Ausland

So internationalisieren Sie Ihre Marke

Marke und Produktdesign müssen am Kunden ausgerichtet sein, sagt Designexperte Markus Wild. Deswegen reicht auf Auslandsmärkten keine bloße Übersetzung des Unternehmensnamens. Stattdessen müssen Unternehmer ihre Produkte völlig neu denken.

Wie kann ein Mittelständler herausfinden, ob seine Marke im Ausland funktioniert oder nicht?
Die eigene Marke zu beurteilen ist schwierig. Man muss einen Schritt zurücktreten können und zu antizipieren versuchen, wie die Marke aus Sicht eines Chinesen oder Argentiniers wirken könnte. Umfragen oder Statistiken nützen dabei wenig, denn es geht um kulturelles Verständnis und lan­destypische Vorlieben. Daher sollten Unternehmen auf Experten mit langjähriger Erfahrung in den jeweiligen Märkten zurückgreifen.

Funktioniert die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ noch als Qualitätsversprechen?
Generell ja, aber man darf sich darauf nicht mehr ausruhen. Die Zeiten, dass sich Produkte „Made in Germany“ quasi von allein verkauft haben, sind vor­bei. Vor allem in asiatischen Märkten entwickeln sich Unternehmen rasant zu Innovationsführern, und im selben Tempo wächst das Vertrauen der Konsumenten in heimische Marken. Angesichts der zunehmenden internationalen Konkurrenz nicht den Anschluss zu verlieren dürfte zum Prüfstein vie­ler deutscher Mittelständler werden.

Können Sie Mittelständler verstehen, die trotz Exportgeschäft an ihrer in Deutschland etablierten Marke auch international festhalten?
Dafür gibt es nur ein einziges Argument: wenn meine Marke international so strahlt, dass eine Änderung für Verwirrung sorgen würde. Das gilt etwa für globale Marken wie Mercedes. Alle ande­ren, die nicht über Weltgeltung verfügen, sollten sich meines Erachtens überlegen, den Weg einer Markenanpassung in fremden Märkten zu gehen.

Wie müssen Unternehmen bei der Internationalisie­rung ihrer Marke vorgehen?
Ich rate davon ab, einfach den Markennamen in die Sprache des Zielmarktes zu übersetzen. Denn es geht bei einer Marke ja um mehr als ein bloßes Wort: Sie soll Wertigkeit vermitteln, Wiedererkenn­barkeit sicherstellen und Vertrauen schaffen. Daher muss ich strategisch überlegen, wie ich die Eigen­schaften meiner Marke bestmöglich in einen Begriff fasse und kommuniziere.

Muss eine Marke im B2B-Geschäft anders aussehen als im B2C-Bereich?
Nicht unbedingt. Meiner Erfahrung nach wird das Verhalten der Verbraucher auch im professio­nellen Bereich adaptiert. B2B-Kunden sind nicht mehr so konservativ gestrickt wie früher. Sie reagie­ren auf dieselben Argumente wie Endverbraucher und sind Marken gegenüber, zu denen sie Vertrauen aufgebaut haben, treu. Sobald das Markenverspre­chen dem „Praxischeck“ aber nicht standhält, wech­seln sie den Zulieferer.

Wie wichtig ist die Verwendung von Farben?
Die kulturellen Befindlichkeiten bei der Farb­gebung verlieren an Bedeutung. Früher war es so: Wenn ein Unternehmen in China Fuß fassen wollte, mussten in seiner Markte die Farben Rot und Gold auftauchen, Grün war ein absolutes No-Go. Mittler­weile ist die Markenwelt weltweit bunter geworden, und bei der Markeneinschätzung spielen Farben nur noch eine untergeordnete Rolle.

Welche Fettnäpfchen sollten Mittelständler beim Entwurf ihres Markennamens umschiffen?
Es gibt zuhauf Beispiele von Markennamen, die nach der Übersetzung in eine andere Sprache eine negative Konnotation bekamen. Im besten Fall pro­vozieren die Unternehmen mit diesen Fehlgriffen Gelächter, im schlimmsten erleben sie Ablehnung. Daher sollten Unternehmen im Zielland unbedingt muttersprachliche Experten einbinden, die auch die dortige Kultur kennen.

Was meinen Sie mit Kultur?
Jeder Markt und jedes Zielland ist anders. Süd­amerikanische und südeuropäische Kunden etwa schätzen eine emotionalere Ansprache – auch im B2B-Bereich. Bevor sie sich intensiver mit den Funktionalitäten eines Produkts beschäftigen, wol­len sie erst einmal für das angebotene Produkt erwärmt werden. In Ostasien und vor allem Japan erwarten die potentiellen Kunden hingegen von Anfang an eine große Detailtiefe. Ausführliche und überprüfbare Informationen zur Produktqualität müssen dort an erster Stelle stehen. Und in den USA springen Kunden auf Superlative an – hier muss eine Marke als größer und besser dargestellt werden als die Konkurrenz.

Müssen Unternehmen also in jeder Vertriebsregion eine eigene Marke einführen?
Die Marke kann überall dieselbe sein. Aber die Markenkommunikation sollte sich unterscheiden – etwa durch eine Unterzeile, entsprechende Formu­lierungen im Vertriebsflyer oder auch durch eine spezifische Bildersprache auf der jeweiligen nationa­len Website. Auch hier ist es übrigens zweitrangig, ob Endkonsumenten oder B2B-Kunden angespro­chen werden: Sie ticken ähnlicher, als viele Vertrieb­ler fürchten. Natürlich kann ich auch pro Markt eine eigene Marke entwerfen – das lohnt sich aber nur bei strategisch wichtigen Märkten.

Inwiefern müssen auch die Produkte die jeweilige Marke widerspiegeln?
Ein angepasstes Produktdesign kann sinnvoll sein. In den USA kaufen Kunden gern robuste Industrieprodukte: Ein höheres Gewicht und ein voluminöseres Design sind daher vorteilhaft. In Südeuropa und Ostasien hingegen mögen Kun­den feingliedriges Produktdesign und eine präzise Formsprache. Dort werden zudem häufiger weiße Produkte gekauft, in Deutschland gilt hingegen Schwarz als edel.

Klingt ziemlich aufwendig.
Stimmt. Produktvarianten sind oft komplex und teuer. Daher müssen gerade mittelständische Unter­nehmen Prioritäten setzen. Wer wenig Geschäft in den USA hat, aber viel in Ostasien, sollte deren Vor­lieben beachten. Generell beobachten wir: Qualita­tiv gute Produkte finden in allen Märkten Abneh­mer, auch wenn ihr Produktdesign nicht 1:1 mit den kulturellen Faibles übereinstimmt. Daher ist der Mittelweg mit einem globalen Produkt in Ordnung für kleine Unternehmen, die keine großen Pro­duktdesign-Budgets haben. Ihre Vertriebsmitarbei­ter haben aber möglicherweise mehr Mühe, in ihren jeweiligen Märkten neue Kunden zu überzeugen.

Rechnet sich eine neue Markenentwicklung?
Leider ist es schwierig, das im Vorhinein abzu­schätzen. Natürlich kann man es im Ausland erst einmal mit der deutschen Marke probieren. Wenn es nicht funktioniert, hat man aber möglicherweise viel Geld „versenkt“ – oder im ungünstigsten Fall sein Produkt für diesen Markt „verbrannt“. Ich halte es daher für sinnvoll, zusammen mit dem Marktpo­tential auch das Markenbewusstsein eines Zielmark­tes zu erforschen. Manchmal genügen bereits kleine Anpassungen der Marke. Eine internationale Mar­kenstrategie muss nicht zwingend teuer sein. 


Dieser Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 06/2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.