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Ifo: Investitionsklima in Deutschland hellt sich leicht auf – Unternehmen planen vorsichtig für 2025

Konsumstimmung verbessert sich nach Bundestagswahlen minimal, während fast 30 Prozent der Firmen höhere Investitionen planen.

(Foto: shuttertsock)

Die deutsche Wirtschaft zeigt erste vorsichtige Anzeichen einer Erholung. Nach den Bundestagswahlen und beschlossenen Investitionspaketen verbessert sich die Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen leicht, bleibt jedoch insgesamt auf niedrigem Niveau. Laut aktueller ifo-Befragung planen 29,7 Prozent der Unternehmen, ihre Investitionen 2025 zu erhöhen – ein Anstieg um fünf Prozentpunkte gegenüber November. Gleichzeitig sank der Anteil der Firmen, die Investitionskürzungen beabsichtigen, von 31,1 auf 27,3 Prozent.

Diese Entwicklung deutet auf eine langsame Stabilisierung des Wirtschaftsklimas hin, ohne jedoch bereits von einer Trendwende sprechen zu können. Für Unternehmer bedeutet dies, dass Zurückhaltung bei größeren Investitionsentscheidungen weiterhin geboten ist, während sich gleichzeitig erste Chancen für strategische Positionierungen ergeben.

Branchenunterschiede bei Investitionsbereitschaft

Die Investitionsbereitschaft variiert deutlich zwischen den Wirtschaftssektoren. Im Verarbeitenden Gewerbe zeigt sich mit 32,1 Prozent der höchste Anteil an Unternehmen, die ihre Investitionen steigern wollen. Besonders investitionsfreudig präsentieren sich die Chemiebranche, wo 39,0 Prozent der Unternehmen Investitionsausweitungen planen, während nur 18,0 Prozent Kürzungen vorsehen, sowie die Automobilhersteller mit 35,8 Prozent Ausweitungs- und 24,4 Prozent Kürzungsplänen.

Deutlich zurückhaltender agieren dagegen die Hersteller elektrischer Ausrüstungen: Hier planen lediglich 23,7 Prozent höhere Investitionen, während 40,3 Prozent Kürzungen beabsichtigen.

Für mittelständische Zulieferer in diesen Branchen ergeben sich hieraus unterschiedliche Perspektiven. Während Chemie- und Automobilzulieferer mit steigenden Aufträgen rechnen können, müssen Unternehmen im Elektrobereich mit anhaltender Zurückhaltung ihrer Kunden kalkulieren.

Konsumklima: Leichte Erholung mit Einschränkungen

Die Verbraucherstimmung in Deutschland verbessert sich minimal. Der Konsumklimaindex steigt für April 2025 um 0,1 Zähler auf minus 24,5 Punkte, wie die monatliche Konsumklimastudie der Institute GfK und NIM zeigt. Während Konjunktur- und Einkommenserwartungen sowie die Anschaffungsneigung zulegen, verhindert eine steigende Sparneigung eine stärkere Erholung.

Die Einkommenserwartungen steigen um 2,3 Punkte auf minus 3,1 Zähler, bleiben jedoch unter dem Vorjahresniveau. Die Anschaffungsneigung legt um 2,9 Punkte auf minus 8,2 Zähler zu und liegt damit deutlich über dem Vorjahresniveau, jedoch weiterhin unter dem Niveau der Pandemie-Lockdowns aus den Jahren 2020 und 2021.

Für Einzelhändler und konsumnahe Dienstleister bedeutet dies, dass mit keiner schnellen Erholung der Nachfrage zu rechnen ist. Gleichzeitig bietet die gestiegene Anschaffungsneigung Chancen für Anbieter langlebiger Konsumgüter, die mit gezielten Angeboten Kaufimpulse setzen können.

Einzelhandel: Branchenspezifische Entwicklungen

Im deutschen Einzelhandel schwindet der Pessimismus nur langsam. Das Barometer für das Geschäftsklima verbesserte sich im März auf minus 22,6 Punkte, nach minus 23,8 Punkten im Februar, wie das Ifo-Institut mitteilte. Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate hellten sich dabei leicht auf, bleiben aber überwiegend pessimistisch.

Bemerkenswert sind die deutlichen Unterschiede zwischen einzelnen Handelssegmenten: Bei Möbel- und Einrichtungshäusern hat sich die Stimmung im März aufgehellt, während sie sich im Einzelhandel mit Bekleidung, Fahrrädern und Kfz gegen den Trend verschlechtert hat. Besonders positiv entwickelte sich die Stimmung bei Lebensmittelhändlern vor dem Ostergeschäft.

Für mittelständische Handelsunternehmen bedeuten diese unterschiedlichen Entwicklungen, dass eine differenzierte Strategie je nach Sortiment erforderlich ist. Während Möbel- und Einrichtungshändler vorsichtig optimistisch planen können, sollten Bekleidungs- und Fahrradadhändler weiterhin konservativ kalkulieren.

Preispolitik und Umsatzerwartungen

Die Preisdynamik im Einzelhandel schwächt sich ab. Im März haben die Einzelhändler unterm Strich etwas seltener die Preise erhöht als im Vormonat. Auch bei ihren Plänen, Preise zu erhöhen, sind sie zurückhaltender geworden.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) erwartet für 2025 einen Branchenumsatz, der um zwei Prozent zulegen dürfte. Bereinigt um Preissteigerungen entspricht dies einem realen Plus von 0,5 Prozent. "Der Konsum und der Einzelhandel in Deutschland kommen auch im Jahr 2025 nicht richtig in Schwung", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Für Handelsunternehmen bedeutet dies, dass Preiserhöhungen zunehmend schwieriger durchsetzbar werden und Wachstum primär über Mengen- oder Marktanteilsgewinne erzielt werden muss. Effizienzsteigerungen und Kostenoptimierungen bleiben daher zentrale Erfolgsfaktoren.

Die Geschichte wirtschaftlicher Erholungsphasen

Phasen wirtschaftlicher Stagnation mit anschließender langsamer Erholung sind kein neues Phänomen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Bereits nach der Ölkrise 1973 erlebte Deutschland eine längere Phase der wirtschaftlichen Konsolidierung, bevor in den 1980er Jahren wieder ein stabiles Wachstum einsetzte. Ähnliche Muster zeigten sich nach der Dotcom-Blase Anfang der 2000er Jahre und der Finanzkrise 2008/2009.

Historisch betrachtet folgen auf Krisen oft Phasen vorsichtiger Investitionstätigkeit, bevor ein breiteres Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung zurückkehrt. Die aktuelle Situation weist Parallelen zur Post-Finanzkrisenerholung auf: Auch damals erholten sich zunächst einzelne Branchen, während andere länger mit den Nachwirkungen zu kämpfen hatten.

Ein wesentlicher Unterschied zur heutigen Situation liegt jedoch in der Kombination aus geopolitischen Unsicherheiten, strukturellem Wandel durch Digitalisierung und Dekarbonisierung sowie demographischen Herausforderungen. Diese Mehrfachbelastung macht den aktuellen Erholungsprozess komplexer und fragiler als in früheren Zyklen.

 

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