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Zukunftsmärkte > Talente über soziale Medien

Die Stickiness von Tiktok ist völlig unerreicht

Viele Mittelständler unterschätzen Social Media. Es geht nicht nur um PR, sondern auch darum, junge Talente zu gewinnen.

Der Kampagnero: Benedikt Böckenförde ist Gründer und Chef von Visual Statements. Das Unternehmen entwickelt unter anderem Social-Media-Kampagnen und betreibt eigene Kanäle. Böckenförde hat Europäische Geschichte in Freiburg studiert. (Foto: Visual Statements)

Der Kampagnero

Benedikt Böckenförde ist Gründer und Chef von Visual Statements. Das Unternehmen entwickelt unter anderem Social-Media-Kampagnen und betreibt eigene Kanäle. Böckenförde hat Europäische Geschichte in Freiburg studiert.

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© Visual Statements

 

 

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Soziale Medien sind breit etabliert – um auf eine Marke aufmerksam zu machen oder direkt Waren zu vermarkten. Doch als Mittel, um Personal zu gewinnen, fristen sie gerade bei kleineren Arbeitgebern ein Nischendasein. Benedikt Böckenförde, Gründer der Agentur Visual Statements, sieht hier große Chancen.

 

Wenn ich ein Produkt einer jungen Zielgruppe nahebringen will, welche sozialen Medien sollte ich wählen?

Instagram, das wie Facebook von Meta betrieben wird, und Tiktok sind in dieser Zielgruppe am relevantesten. Youtube spielt als Entertainmentplattform ebenfalls eine Rolle in dieser Zielgruppe, wohingegen Facebook inzwischen ein älteres Publikum anspricht. Wobei man hier zwischen den Plattformen differenzieren muss: Facebook und Instagram sind soziale Netzwerke, mit denen die Generation der heute 40-Jährigen groß geworden ist und wo sie sich vernetzt hat, um zu sehen, welche Inhalte Freunde, Familie oder auch Marken, die einen interessieren, teilen. Unsere Generation erinnert sich noch an die Fanpages bei Facebook. Wenn wir auch eine ältere Zielgruppe mitnehmen wollen, ist Facebook immer noch ein relevantes Medium.

Und die anderen?

Tiktok ist grundsätzlich anders: kein soziales Ökosystem, sondern eine Entertainmentplattform, die eher mit Youtube um die Aufmerksamkeit der Nutzer konkurriert. Und die angesprochene junge Zielgruppe Gen Z verbringt mit Abstand am meisten Zeit bei Tiktok, knapp 40 Stunden im Monat. Aber auch Instagram würde ich hier in den Mix nehmen, obwohl die Zielgruppe dort nur ein Viertel dieser Zeit verbringt.

Vierzig Stunden Nutzungszeit im Durchschnitt aller, die die App nutzen? Das heißt für jemanden wie mich, der da so gut wie nie draufguckt, gibt es statistisch gesehen jemanden, der dort 80 Stunden im Monat vertrödelt?

Ja, die Stickiness von Tiktok ist völlig unerreicht. Das liegt an dem Algorithmus, der wahnsinnig gut darin ist, Inhalte zu identifizieren, die den individuellen Nutzer interessieren. Und das zum großen Teil unabhängig davon, welche sozialen Verbindungen er hat.

Was muss ich beachten, wenn mein Produkt ein Ausbildungsplatz ist, ich also Social Media zur Nachwuchsgewinnung nutzen möchte?

Dazu muss man zunächst wissen, dass die sozialen Medien bei den jungen Leuten die Suchmaschinen ablösen. Mehr als die Hälfte der Gen Z sucht nach Unternehmen und Personen zuerst bei sozialen Ökosystemen und Plattformen und erst dann, wenn überhaupt, bei Google. Tiktok und Meta werden hierdurch immer mehr zu Pull-Medien. Früher bekam man dort Werbung eingeblendet, aber gesucht hat man die Inhalte bei Google. Das ist heute anders. Nach Marken, auch Arbeitgebermarken, suchen junge Leute heute bei Tiktok und Instagram, weswegen man dort unbedingt stattfinden sollte.

Und wie mache ich das inhaltlich am besten?

Ganz wichtig ist Authentizität.


Also sind rappende Sparkassenangestellte vielleicht keine so gute Idee?

Wie zielführend es ist, seine Mitarbeiter auf dem Parkplatz irgendwelche Tänze für Tiktok aufführen zu lassen, will ich nicht konkret beurteilen. Worauf es ankommt, ist, einen authentischen Einblick in das Unternehmen zu gewähren. Wenn man als Unternehmen versucht, Employer Branding zu betreiben, um zum Beispiel Auszubildende oder Werkstudenten zu gewinnen und auf diesen Plattformen nicht stattfindet, dann sagt auch das etwas über einen aus. Man kann nicht nicht kommunizieren. Die junge Generation verbringt dort drei Stunden und wenn jemand einen potenziellen Arbeitgeber dort sucht, vielleicht auch, um Rückfragen zu stellen, und ihn nicht findet, ist das im Zweifelsfall eine vergebene Chance.


Aber gerade kleine Unternehmen haben nicht das Personal für eine Social-Media-Abteilung.

Das ist ja nicht zwingend nötig. Man sollte die sozialen Ökosysteme aber mindestens unter Berücksichtigung des Pull-Faktors verwenden. Um dort gefunden zu werden, reichen als Basis erst einmal ein paar wenige, starke inhaltliche Elemente, das muss nicht dauernd aktualisiert werden. Aber selbst das haben nur die wenigsten. Ein paar Einblicke ins Unternehmen, ein anständiges Impressum, Telefonnummer und E-Mail ist das Minimalprogramm. Und damit eventuelle Fragen schnell bearbeitet werden, muss halt einer täglich prüfen, ob Direktnachrichten kamen. Das kann auch eine Mitarbeiterin der Chefin aus der Personalabteilung sein, wenn die selbst zu viel zu tun hat.

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So wird aber nur gefunden, wer namentlich gesucht wird.

Richtig. Aber wie von der klassischen Google-Suche bekannt, kann man auch in diesem Umfeld Suchmaschinenoptimierung betreiben – indem man seinen Content gut verschlagwortet. Darüber hinaus kann man überlegen, ob man die Plattformen nicht in seine Mediastrategie integriert und Geld in die Hand nimmt, um einem Publikum, das gar nicht wusste, dass es einen gibt, die Ausbildung schmackhaft zu machen.


Was ist von den anderen Plattformen zu halten? Linkedin zum Beispiel?

Kununu ist recht wichtig, denn der beste Content hilft nicht, wenn es bei dem Portal nur schlechte Bewertungen über das Unternehmen gibt. Aber auf Linkedin sind circa ein Prozent aller Deutschen einmal am Tag. Das ist eine höchst relevante Umgebung für B2B-Marketing, in unserem Beispiel also, wenn ich Führungskräfte anwerben möchte, zumal man dort bezahlte Werbung sehr spitz targeten kann. Aber die junge Zielgruppe ist da einfach nicht.
 

Ihre Meinung zu Twitter, also jetzt X?

Das ist und bleibt wohl für die Medien- und Politikbubble enorm wichtig, ist aber für die breitere Masse der jüngeren Zielgruppen eher irrelevant. Das Konkurrenzprodukt Threads aus dem Meta-Konzern hat bisher den Durchbruch in Deutschland auch nicht geschafft.

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