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Einkauf, Marketing und Marken > Kaffeepreisentwicklung

Kaffee-Krise: Explodierende Preise. Warum Ihr Morgenkaffee bald Luxus sein könnte

Rohkaffeepreise steigen um 247 Prozent seit 2020. Röstereien und Cafés passen Preise an. Verbraucher zahlen mehr für ihr Lieblingsgetränk.

Kaffeetasse und Börsentrend
(Foto: KI-generiert, Markt und Mittelstand)

Der Preis für Rohkaffee an der Börse hat ein neues Rekordhoch erreicht. Ein Pfund Rohkaffee kostet aktuell etwa 4 Euro - ein Anstieg von 247 Prozent seit September 2020. Diese drastische Preisentwicklung stellt die gesamte Kaffeebranche vor enorme Herausforderungen und wirkt sich zunehmend auf Verbraucherpreise aus.

Klimawandel und Börsenpreise treiben Kosten

Die Hauptgründe für die steigenden Kaffeepreise sind vielschichtig. Der Klimawandel beeinträchtigt zunehmend die Ernten in den Anbauländern, was zu Knappheit und höheren Preisen führt. Gleichzeitig treibt die Spekulation an den Rohstoffbörsen die Preise in die Höhe. Das Statistische Bundesamt verzeichnete im Großhandel einen Preisanstieg von 34,4 Prozent für Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze im Vergleich zum Vorjahr.

Für Importeure wie Jens Klein aus Leipzig, der jährlich 20 bis 30 Tonnen Rohkaffee aus Nicaragua einführt, bedeutet dies eine erhebliche Kostensteigerung. Klein erwartet für die kommende Ernte Preiserhöhungen von 15 bis 20 Prozent. Diese Entwicklung stellt besonders kleine und mittelständische Unternehmen vor große finanzielle Herausforderungen.

Röstereien und Cafés unter Druck

Die Preissteigerungen im Rohkaffeesektor setzen die gesamte Wertschöpfungskette unter Druck. Andreas Berndt von der Hannoverschen Kaffeemanufaktur betont: "Wir können die Preise nicht einfach auf unsere Verkaufspreise umlegen." Viele Röstereien und Cafés sehen sich gezwungen, ihre Preise anzupassen, um wirtschaftlich zu bleiben.

Während große Handelsketten wie Aldi Preisschwankungen teilweise abfedern können, haben kleinere Betriebe weniger Spielraum. Der Ladenpreis für 500 Gramm Barissimo Röstkaffee bei Aldi ist seit September 2020 um etwa 72 Prozent gestiegen - deutlich weniger als der Anstieg des Rohkaffeepreises. Aldi begründet seine Preispolitik damit, dass hochwertige Produkte für alle bezahlbar bleiben müssen.

Kaffeekonsum in Deutschland bleibt hoch

Trotz steigender Preise bleibt Kaffee das Lieblingsgetränk der Deutschen. Laut dem Deutschen Kaffeeverband werden pro Kopf durchschnittlich 164 Liter Kaffee pro Jahr getrunken. Diese hohe Nachfrage erklärt, warum Kaffee für den Handel ein wichtiges "Eckprodukt" darstellt, dessen Preis möglichst niedrig gehalten wird, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Kaffeesteuer in Deutschland, die für ein Kilo Röstkaffee 2,19 Euro und für löslichen Kaffee 4,78 Euro pro Kilo beträgt, trägt zusätzlich zur Preisgestaltung bei. Deutschland ist eines der wenigen Länder, das eine solche Steuer erhebt.

Anpassungsstrategien der Branche

Angesichts der anhaltenden Preissteigerungen entwickeln Unternehmen verschiedene Strategien. Einige Cafés in Überlingen beispielsweise erwägen moderate Preiserhöhungen, um die gestiegenen Kosten aufzufangen. Andere setzen auf Effizienzsteigerungen oder die Anpassung ihres Sortiments.

Röstereien wie die Hannoversche Kaffeemanufaktur arbeiten daran, die Balance zwischen Qualität und Bezahlbarkeit zu halten. Dabei spielt auch die Kundenkommunikation eine wichtige Rolle, um Verständnis für notwendige Preisanpassungen zu schaffen.

Historischer Blick: Kaffee als Wirtschaftsfaktor und Krisensymbol

Kaffee hat seit seiner Entdeckung im 15. Jahrhundert eine wechselvolle ökonomische Geschichte durchlebt. Bereits im Osmanischen Reich und später in Europa wurde Kaffee zu einem begehrten Handelsgut. 

Während der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert stieg der weltweite Konsum rasant an, und mit der Kolonialisierung wurden Kaffeeplantagen systematisch für den Weltmarkt erschlossen. In Krisenzeiten, wie etwa während der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre oder während der Ölkrise der 1970er, wurden Kaffeeimporte oft teurer, was sich auf Verbraucherpreise und den Kaffeekonsum auswirkte.

Die aktuelle Preissteigerung von 247 Prozent seit 2020 erinnert an frühere Kaffeekrisen, etwa die Kaffeekrise der 1990er Jahre, als Preisverfälle und Börsenspekulationen Kleinbauern in den Ruin trieben. Heute sorgen der Klimawandel, globale Lieferkettenprobleme und spekulative Preisbildung für neue Herausforderungen. Die Geschichte zeigt, dass Kaffee als Handelsware oft zwischen wirtschaftlichen Interessen und sozialen Verwerfungen steht.

Kaffee als kulturelles und gesellschaftliches Symbol

Kaffee hat auch in der Literatur eine lange Tradition – als Genussmittel, Inspirationsquelle und gesellschaftliches Ritual. 

Honoré de Balzac, selbst ein passionierter Kaffeetrinker, beschrieb in seinen Schriften, wie Kaffee kreative Prozesse beflügeln kann. Johann Wolfgang von Goethe regte zur chemischen Analyse von Kaffeebohnen an, was zur späteren Entdeckung des Koffeins führte. Auch in den Werken von Marcel Proust oder Franz Kafka spielt Kaffee eine Rolle – sei es als sozialer Katalysator oder als Metapher für rastlose, moderne Existenz.

In Zeiten steigender Preise könnte man literarisch fragen: Verliert der Kaffee seinen demokratischen Charakter? In Bertolt Brechts Theaterstücken stehen Luxusgüter oft als Symbole für soziale Ungleichheit. Ein ähnlicher Wandel ist heute spürbar: Kaffee, einst ein alltäglicher Begleiter, wird für manche zum Luxusprodukt.

 

Kaffee, Konsum und Existenz

Philosophisch betrachtet ist Kaffee mehr als nur ein Getränk – er ist ein Symbol für unsere konsumgetriebene Gesellschaft. Jean-Paul Sartre und die Existenzialisten sahen im Kaffeetrinken einen Ausdruck bewusster Existenz: Der Genussmoment war für sie zugleich eine Reflexion über das eigene Sein. Hannah Arendt wiederum hätte das Kaffeehaus als "Ort der Öffentlichkeit" verstanden, an dem Diskurs und Gemeinschaft gepflegt werden.

Doch was bedeutet es, wenn steigende Preise Kaffee für einige unerschwinglich machen? Karl Marx hätte dies als Beispiel für Kapitalismus und Klassendynamik herangezogen: Der Rohstoff wird an Börsen gehandelt, während die Produzenten oft nur einen Bruchteil des Profits erhalten. Auch Theodor W. Adorno hätte in der Preisentwicklung eine Entfremdung des Menschen vom Produkt gesehen: Kaffee ist nicht mehr einfach ein Getränk, sondern eine Ware, deren Wert von Spekulationen bestimmt wird.

Kaffee bleibt somit weit mehr als nur ein Wachmacher – er ist ein Spiegel unserer Zeit.

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