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Einkauf, Marketing und Marken > BGH-Urteil zu Birkenstock

"Keine urheberrechtlich geschützten Werke" - BGH weist Birkenstock-Klage ab

Bundesgerichtshof entscheidet: Birkenstock-Sandalen genießen keinen Urheberrechtsschutz. Konkurrenten dürfen ähnliche Modelle weiterhin verkaufen.

Birkenstock-Sandalen gelten laut BGH-Urteil nicht als Kunst und genießen keinen Urheberrechtsschutz. (Foto: Shutterstock)

Die ikonischen Sandalen von Birkenstock gelten nicht als Kunst und genießen folglich keinen Urheberrechtsschutz. Mit diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag eine Klage des Schuhherstellers gegen Nachahmerprodukte abgewiesen. "Die Ansprüche sind unbegründet, weil es keine urheberrechtlich geschützten Werke der angewandten Kunst sind", erklärte der Vorsitzende Richter Thomas Koch in Karlsruhe. Damit dürfen Konkurrenten wie Tchibo, das dänische Modeunternehmen Bestseller und shoe.com ihre ähnlichen Sandalen weiterhin verkaufen.

Rechtsstreit um ikonisches Design

Im Zentrum des Rechtsstreits standen die Birkenstock-Modelle Madrid, Arizona, Boston und Gizeh. Für diese wollte der Sandalen-Hersteller mit Sitz in Rheinland-Pfalz Urheberschutz erlangen. Damit zielte das Unternehmen darauf ab, den Verkauf ähnlicher Sandalen durch Konkurrenten zu unterbinden. Vor dem Oberlandesgericht Köln hatte die Klage bereits keinen Erfolg. Die Revisionen gegen das Kölner Urteil wurden nun vom BGH zurückgewiesen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die unterschiedliche Schutzdauer von Urheberrecht und Designschutz. Während der Urheberschutz noch 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers gilt, endet der Designschutz bereits nach 25 Jahren. Da der Schuhmacher Karl Birkenstock - Jahrgang 1936 - seine ersten Modelle in den 70er-Jahren schuf, war der Designschutz für die frühen Modelle bereits abgelaufen. Ein Urheberschutz hätte Birkenstock einen deutlich längeren Schutz vor Nachahmern gewährt.

Juristische Grenze zwischen Design und Kunst

Der juristische Unterschied zwischen Design und Kunst besteht darin, dass sich Design aus Form, Material und Erscheinungsbild ergibt und eine Gebrauchsfunktion erfüllt. Bei Werken der angewandten Kunst muss hingegen die individuelle künstlerische Kreativität erkennbar sein, und die Gestaltung muss über die Funktionalität hinausgehen. Das Oberlandesgericht Köln kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass nicht festgestellt werden könne, "dass der bestehende Gestaltungsspielraum in einem Maße künstlerisch ausgeschöpft worden ist, das den Sandalenmodellen der Klägerin urheberrechtlichen Schutz verleiht", wie es in der Urteilsbegründung des BGH heißt.

Birkenstock-Anwalt Konstantin Wegner betonte nach dem Richterspruch, die Sandalen hätten ein "ikonisches Design" und kündigte weitere Verfahren an. "Für uns ist der Rechtsstreit wie ein Marathon. Wir haben insgesamt fünf Gutachten vorgelegt, die unsere Position untermauern", sagte Wegner gegenüber der F.A.Z. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, welche weiteren Punkte für die höchstrichterlich geforderte Gestaltungshöhe und damit das künstlerische Element hätten vorgelegt werden müssen.

Kultmarke Birkenstock

Um die Bedeutung des Urteils für Birkenstock besser einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Geschichte und aktuelle Position des Unternehmens:

  • Unternehmensgeschichte: Birkenstock wurde 1774 gegründet und ist damit eines der ältesten Schuhunternehmen der Welt. Die charakteristische Fußbettform wurde in den 1960er Jahren entwickelt und hat seitdem das Image der Marke geprägt.
  • Globale Expansion: In den letzten Jahrzehnten hat sich Birkenstock von einem deutschen Traditionshersteller zu einer international bekannten Lifestyle-Marke entwickelt. Die Sandalen werden mittlerweile in über 100 Ländern verkauft.
  • Produktportfolio: Neben den klassischen Sandalen umfasst das Sortiment inzwischen auch geschlossene Schuhe, Socken und sogar Betten. Die Diversifizierung hat zur Stärkung der Marke beigetragen.
  • Börsengang: Im Oktober 2023 ging Birkenstock an die New Yorker Börse. Der Börsengang bewertete das Unternehmen mit rund 8,6 Milliarden Euro.
  • Umsatzentwicklung: Trotz des aktuellen Rechtsstreits verzeichnet Birkenstock ein starkes Wachstum. Für das Geschäftsjahr 2023 wird ein Umsatzplus von 17 Prozent erwartet.

Dies verdeutlicht, dass Birkenstock trotz des Rückschlags vor dem BGH weiterhin eine starke Marktposition innehat. Die Herausforderung wird nun darin bestehen, diese Position auch ohne den zusätzlichen Schutz durch das Urheberrecht zu behaupten.

Auswirkungen auf Birkenstocks Geschäftsmodell

Das Urteil könnte weitreichende Folgen für Birkenstocks Geschäftsmodell haben. Die an der New York Stock Exchange gehandelte Birkenstock-Aktie rutschte am Donnerstag zeitweise um sechs Prozent ab und notierte bei 51,51 Dollar. Dennoch gab das Unternehmen aufgrund des starken Weihnachtsgeschäfts für das letzte Quartal ein Umsatzwachstum von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bekannt. Für das gesamte Geschäftsjahr geht Birkenstock von 17 Prozent Wachstum aus.

Steffen Schäffner, der bei Birkenstock als Inhouse-Jurist global für den gewerblichen Rechtsschutz zuständig ist, verwies auf weitere anhängige Verfahren in der Schweiz, Frankreich, Dänemark und den Niederlanden. Vor den als liberal geltenden niederländischen Gerichten sei in Kürze eine mündliche Verhandlung angesetzt, so Schäffner.

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