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KfW-Hilfen: „Panik wäre trotz Krise fehl am Platz“

Die Stimmung im Mittelstand ist laut KfW-Geschäftsklimaindex deutlich schlechter als in der Finanzkrise vor gut zehn Jahren. Wie der Staat dem Mittelstand in der Corona-Krise helfen kann, sagt KfW-Bereichsleiter Detlev Kalischer im Interview.

Die vergangenen Wochen waren auch für die KfW ein ziemlicher Kraftakt. Wie geht es Ihnen?Danke der Nachfrage – mir und meinen Kollegen geht es gut! Sie haben recht: In der Tat haben wir die Programme der KfW-Coronahilfe unter hohem Zeitdruck auf die Straße bringen müssen. Das hat uns da und dort auch an Grenzen geführt, aber ich denke, die Anstrengungen haben sich gelohnt. Die Programme stehen, und die Antragszahlen zeigen, dass die Hilfe ankommt.

Hat die Politik richtig auf die Krise reagiert?

Als Förderbank des Bundes stehen wir als KfW in besonderer Weise im Dienst der Bundesregierung. Daher steht es mir nicht zu, ihre Arbeit zu bewerten. Es scheint mir aber offensichtlich, dass die Bundesregierung außerordentlich schnell und entschlossen alle notwendigen Ressourcen mobilisiert hat. Und wir wiederum haben alles in Bewegung gesetzt, um den Bund dabei mit unserem Bank-Know-how zu unterstützen.

 

Glauben Sie, dass das Volumen des von der Politik geschnürten Hilfspakets groß genug ist?

Ich bin grundsätzlich Optimist. Aber letztlich weiß niemand, wie sich diese Pandemie und die von ihr verursachte Krise entwickeln werden. Die Politik hat ein Hilfspaket geschnürt, das es in diesem Umfang noch nie gegeben hat. Ich gehe davon aus, dass es die Folgen der Krise so abfedern kann, dass es rasch wieder aufwärtsgeht.

 

Am Anfang wurde kritisiert, dass die KfW bei ihren Krediten nicht die volle Haftung übernahm. War das ein Konstruktionsfehler?

Die Diskussion um die Haftungsfreistellung für die Finanzierungspartner hat für meinen Geschmack ein zu großes Gewicht erhalten. Richtig ist: Wenn in kurzer Zeit Kredite in hoher Stückzahl und hohen Volumina durchgeleitet werden sollen, ist eine Risikoentlastung der Banken aufgrund der Regulierungsvorgaben sinnvoll. Eine vollständige Risikoübernahme durch den Staat – wie beim KfW-Schnellkredit – sollte aber im Interesse der Steuerzahler die Ausnahme bleiben und nur gezielt und begrenzt eingesetzt werden.

Wie hoch ist die aktuelle Ablehnungsquote bei Kreditanträgen?

Da uns nur Kreditanträge erreichen, die von unseren Finanzierungspartnern mitgetragen werden, kann ich über Ablehnungsquoten nichts sagen.

Wenn Sie ein erstes Zwischenfazit nach gut drei Monaten Corona-Krise ziehen: Wie steht der deutsche Mittelstand aktuell da?

Der Mittelstand gilt ja nicht zu Unrecht als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Viele Unternehmen nehmen führende Positionen in ihren Märkten ein. Gerade der industriell geprägte Mittelstand ist wachstums- und finanzstark. In den vergangenen Jahren haben die meisten mittelständischen Unternehmen sehr erfolgreich gewirtschaftet. Daher verfügt ein großer Teil der Firmen über die Kraft und das finanzielle Polster, auch kritische Phasen für eine gewisse Zeit recht unbeschadet zu überstehen. Was an dieser Krise besonders ist: Die Pandemie hat aus einer Phase der Hochkonjunktur innerhalb kurzer Zeit zu einem faktischen Stillstand weiter Teile des Wirtschaftslebens geführt. Darauf konnten sich die Unternehmen kaum vorbereiten. Das haben wir so noch nie erlebt. Dass der Staat den damit verbundenen finanziellen Herausforderungen für die Firmen mit Hilfsprogrammen begegnet, halte ich für absolut wichtig und richtig.

Sehen Sie die Gefahr, dass sich Unternehmen überschulden, weil sie derzeit leicht an Geld kommen?

Es gibt dieses Risiko, aber ich bin recht sicher, dass es beherrschbar ist. Die Coronahilfe der KfW ist an klare Bedingungen geknüpft, nicht zuletzt daran, dass nur Unternehmen mit ausreichender Kreditwürdigkeit von der Hilfe profitieren. Unsere Finanzierungspartner verfügen über die Marktnähe, Kundenkenntnis und das bankfachliche Know-how, um bei ihren Kreditentscheidungen auch auf diesen Aspekt zu achten. Das ist eine große Verantwortung, die die Banken engagiert wahrnehmen.

Zahlen, bitte!

Mitte Mai lagen der KfW rund 42.500 Kreditanträge in einem Volumen von etwa 41,5 Milliarden Euro vor. Das Gros davon (knapp 42.000 Anträge) belief sich auf Kredite bis drei Millionen Euro. Diese wurden sofort zugesagt. Dasselbe gilt für den KfW-Schnellkredit. Auch Kreditanträge bis zehn Millionen Euro durchlaufen ein vereinfachtes und beschleunigtes Prüfungsverfahren und werden, nach Angaben der KfW, im Regelfall innerhalb weniger Tage zugesagt. Nur Kredite im Volumen von mehr als zehn Millionen Euro prüft die KfW noch einmal selbst.

Rechnen Sie mit einer nochmaligen Antragsflut, wenn es eine zweite Welle mit entsprechendem Lockdown geben sollte?

Das ist schwer vorherzusagen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir alle als Gesellschaft auch weiterhin diszipliniert sind und es daher nicht zu einem erneuten Lockdown kommen wird.

Mit welcher Kreditausfallquote rechnen Sie?

Auch hierüber lässt sich nur spekulieren. Der Erfolg der gesamten Hilfe des Bundes hängt von der erfolgreichen Eindämmung der Corona-Pandemie ab. Je länger die Krise andauert, umso gravierender werden die gesamtwirtschaftlichen Folgen sein – und desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen.

Manche sagen, dass die Staatshilfen auch eigentlich marode Firmen „künstlich“ am Leben hielten. Sehen Sie die Gefahr, Zombie-Unternehmen zu züchten?

Nein. Unternehmen, wie Sie sie beschreiben, sind von den Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen. Die Sondergenehmigung der Europäischen Kommission besagt, dass nur Unternehmen unterstützt werden dürfen, die nachweislich erst aufgrund der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind. Dass die Banken vor Ort die Kreditanträge ihrer Kunden prüfen und ja auch einen Teil der Haftung übernehmen, hilft zudem, dieses Risiko zu begrenzen.

Wie ist momentan die Stimmung im Mittelstand?

Was die Unternehmen derzeit am meisten quält, ist die Unsicherheit über den Fortgang der Krise und der damit verbundenen Einschränkungen. Das zeigt auch unser Geschäftsklimaindex deutlich: Danach ist die Stimmung im Mittelstand noch schlechter als vor elf Jahren auf dem Tiefpunkt der Finanzkrise. Die Unternehmen stehen durch die Corona-Krise vor gewaltigen Herausforderungen. Panik wäre aber fehl am Platz.

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