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Zukunftsmärkte > Gastbeitrag

KI zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Vielen Unternehmen fehlen die Voraussetzungen, um die künstliche Intelligenz zu nutzen. Kooperationen mit spezialisierten Partnern eröffnen daher sinnvolle Perspektiven.

Wenn es um künstliche Intelligenz (KI) geht, stehen die Zeichen auf Boom: Laut dem AI Index 2021 Annual Report wurden im Jahr 2020 weltweit 67,9 Milliarden US-Dollar in KI-Firmen investiert; das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 40 Prozent. Eine ähnliche Dynamik zeigt sich in der Forschung. Hier wurden im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Patente mit Bezug zur KI angemeldet.

Daher ist es wenig überraschend, dass große Technologieunternehmen wie Google, Amazon, Facebook oder Microsoft bereits eine «KI-First»-Strategie verfolgen. Und der Rest? Was machen die kleineren Unternehmen? Wie steht es um den KI-Einsatz im Mittelstand? Laut der Global AI Survey gaben die Hälfte der Befragten an, dass ihre Unternehmen KI benutzt. Federführend dabei ist die Informatik- und Telekommunikationsbranche: Mehr als 70 Prozent der Befragten wollen hier KI bereits im Einsatz haben. In der Finanzindustrie sind es immerhin 60 Prozent. Eine deutliche Mehrheit der Manager, die KI nutzen, hat damit Geld verdient: Typischerweise soll sie eine Umsatzsteigerung von mehr als fünf, nicht selten sogar von mehr als zehn Prozent ermöglicht haben. Angesichts dieser beachtlichen Zahlen: Warum setzen Firmen nicht in allen Bereichen KI ein?

Pläsierchen mit Papierchen

Der Knackpunkt sind die Ressourcen. Große Firmen wie Google, Facebook oder Microsoft können eine "KI-First"-Strategie verfolgen, weil sie über die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen verfügen, um eine massgeschneiderte Software selber zu entwickeln. Mittelständische Firmen verfügen nicht über diese Kapazitäten. Daher bietet es sich an die Entwicklung von KI-Software einem spezialisierten Partner zu überlassen.

Wie etwa im Bereich der Ausgabenverwaltung. Hier können Unternehmen erheblich von diesem technologischen Fortschritt profitieren. Die Einsparungen, die sich durch eine Automatisierung etwa im Spesenmanagement und der Rechnungsverarbeitung erzielen lassen, sind erheblich. Beispielsweise, weil KI in der Lage ist aus einer Restaurantquittung Dinge herauslesen, die auf dem Papier gar nicht enthalten sind.

Auf den ersten Blick mag eine solche Quittung nur wie ein kleines, billiges Stück Papier erscheinen, das man achtlos einsteckt. Doch dieses Papierchen ist gut geeignet, sowohl die Möglichkeiten und als auch die Schwierigkeiten aufzuzeigen, die mit der Nutzung der KI im Geschäftsalltag einhergehen. Diese sind rasch umrissen: Das Papier enthält etliche Informationen und Meta-Informationen, sodass die Herausforderungen tatsächlich vielfältig sind: Welche der verschiedenen Zahlen ist der Totalbetrag? Wo finden sich Angaben zur Mehrwertsteuer? Ist das netto oder brutto? Hotelübernachtung oder Taxifahrt? Wenn es gelingt, diese rasch und ohne menschliches Zutun zu erfassen, ist das bares Geld wert.

Es lassen sich auf so einem Papierchen Dutzende von Merkmalen feststellen, die den Kontext bilden, der die richtige Interpretation des Textes erst ermöglicht. Solche Merkmale können sein: Die relative Position einer Buchstabenfolge oder das Vorhandsein bestimmter Schlüsselwörter. KI ist in der Lage Zusammenhänge zwischen Merkmalen zu erkennen, die in Modelle eingebracht werden können. Diese lassen sich mit Millionen von Fallbeispielen schulen und laufend verfeinern.

Ein weiterer Vorteil, wenn KI im Bereich Spend-Management eingesetzt wird: Die Software lässt sich an unternehmensspezifische Arbeitsabläufe anpassen. Nutzer können festlegen, wer wann unter welchen Umständen eine Buchung überprüfen muss, oder absegnen darf. Auf diese Weise werden die potenziellen Risiken der Automatisierung handhabbar – und KI attraktiv für den Mittelstand.

Autor Philippe Sahli ist CEO der Schweizer Yokoy Group AG, die unter anderem Lösungen für eine Automatisierung des globalen Spesen-, Rechnungs- und Kartenmanagement eines Unternehmens anbietet.

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