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Einkauf, Marketing und Marken > Handel im Weihnachtsgeschäft

Konsumverweigerung im deutschen Einzelhandel?

Verbraucher halten ihr Geld zurück: Deutsche Händler warnen vor Weihnachtstief. Umsatzrückgang, Sparquote und Ladenschließungen setzen Branche unter Druck.

(Foto: shutterstock)

Der deutsche Einzelhandel blickt mit gemischten Gefühlen auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft, das für viele Geschäfte in der Branche, die Umsatzstärkste Zeit des Jahres ist. „Die Verbraucherstimmung hellt sich ein wenig auf“ konstatiert Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Verbandes HDE. Gleichwohl ist die Branche insgesamt skeptisch. Mehr als jeder zweite Betrieb rechnet damit, dass die Umsätze zu Weihnachten schlechter ausfallen als im Vorjahr.

Eigentlich war der Handel mit großem Optimismus in das Jahr 2024 gestartet und erwartete ein nominales Wachstum von drei Prozent. Vor allem zu Beginn des Sommers sind die Umsätze der Branche allerdings deutlich eingeknickt. Das konnten die Folgemonate offenbar nur noch bedingt kompensieren. Doch jetzt hat der HDE seine Erwartungen einkassiert. Nominal sei noch mit einem Plus von 1,3 Prozent zu rechnen. Das entspricht einem Volumen von 121,4 Milliarden Euro „Real rechnen wir also mit einer schwarzen Null“, so Verbandpräsident Alexander von Preen.

Krieg in der Ukraine, Kämpfe im nahen Osten: Da halten die Menschen ihr Geld zusammen

Konsum sei nun mal in hohem Maße von der Psychologie geprägt, so der HDE-Chef. „Und hier sieht es aktuell nicht richtig gut aus. Krieg in der Ukraine, Kämpfe im Nahen Osten und große wirtschaftliche Verunsicherung. Das führt dazu, dass die Menschen ihr Geld eher zusammenhalten“, so von Preen. So würden die Gehaltserhöhungen gespart. Der Handel konnte damit der Binnenkonjunktur nicht den erhofften Schub geben.“

Die Erkenntnisse aus dem Handel untergraben die Argumentation der Gewerkschaft, die ihre Lohnforderung auch damit begründen, dass so die Nachfrage befeuert und folglich die Wirtschaft insgesamt angekurbelt wird. Der Handel spricht hingegen von einer „gestiegenen Konsumverweigerungsquote“ und meint damit den Anteil den die Verbraucher auf die hohe Kante legen. Dieser Wert ist nach Berechnungen des HDE in diesem Jahr von 10,3 auf 11,1 Prozent deutlich gestiegen. Für das kommende Jahr erwartet der Handel eine ebenfalls hohe Sparquote von 10,8 Prozent.

Geschenkausgaben

Was ist mit dem Weihnachtsgeschäft?

Noch nicht alle Bereiche haben das Weihnachtsgeschäft abgeschrieben. Immerhin erwartet der HDE, dass die Verbraucher vor den Feiertagen im Schnitt 297 Euro an der Ladenkasse liegen lassen. Das sind zwei Euro Mehr als im Vorjahr. Laut HDE wollen etwas mehr als die Hälfte der Menschen gleich viel wie im Vorjahr in Weihnachtsgeschenke investieren. Elf Prozent planen sogar mit einer Steigerung. Allerdings wollen 24 Prozent ihre Ausgaben reduzieren. Gut 30 Prozent der Verbraucher legen Geschenkgutscheine unter den Weihnachtsbaum. Es folgen, Spielwaren, Kosmetik oder Körperpflegeprodukte.

Aber auch bei den Händlern von Schmuck und Uhren keimt Hoffnung. Mehr als jeder Dritte setzt trotz Krise auf mehr Nachfrage. Auch die Anbieter von Spielwaren, die kurz vor Weihnachten ein Viertel des Jahresumsatzes erzielen, sind zuversichtlich. Eher trübe schauen Möbelhäuser und Bekleidungsgeschäfte auf die wichtigsten Händlerwochen des Jahres. Unter den Anbietern von Elektronik geht jeder Vierte von schlechteren Umsätzen aus wie noch 2023. Auf den gesamten Einzelhandel mit allen seinen Teilbranchen gerechnet liegt der Umsatzanteil von November und Dezember bei 18,5 Prozent des Jahresumsatzes

Aber auch beim Onlinehandel wachsen die Bäume nicht mehr so rasant in den Himmel wie noch vor Jahren. Die Weihnachtsumsätze in diesem Bereich werden um nominal 1,4 Prozent im Vergleich zu 2023 steigen, hier liegt der Umsatz dann bei 21,5 Milliarden Euro. Für das Gesamtjahr liegt das Plus dann bei nominal plus zwei Prozent. Der Onlinehandel hatte während der Coronazeit einen enormen Schub erhalten und ein hohes Umsatzniveau erreicht, das derzeit schwer zu übertreffen ist.

Der Handel mahnt Politik mehr für die Attraktivität der Innenstädte zu tun. Sicherheit, Sauberkeit und ein leichter Zugang der Kunden auch mit dem eigenen Auto: diese Punkte gehören nach Ansicht von HDE-Hauptgeschäftsführer Genth zu diesen Aufgaben. Zudem müssten die Vermieter flexibler auf die wirtschaftliche Lage der Geschäfte mit ihren Tarifen reagieren. Gemeinsames Ziel müsse es sein. Ein Abwandern an den Stadtrand zu verhindern, wie die bereits im Süden Europas geschehen sein. „Sind die Läden einmal weg, kommen sie nie wieder“, betont Genth.

Renner im Weihnachtsgeschäft

Immer mehr geben auf

Im deutschen Einzelhandel geben immer mehr Unternehmen auf. Nach Berechnungen des Verbandes HDE werden noch 311.000 Betriebe mit 3,1 Millionen Beschäftigten am Markt sein. Das sind 5000 weniger als 2023. Dabei sind 20.000 Stellen verloren gegangen. Schon im Vorjahr haben 9.000 Geschäfte aufgegeben. Zum Vergleich: 2025 waren noch 372.000 Händler aktiv.  Trotz des Rückgangs fehlen auch in der Branche Mitarbeiter. Nach der jüngsten Erhebung des HDE sind insgesamt 120.000 Stellen unbesetzt. Dadurch müssten viele Geschäfte Ihr Angebot einschränken, weil nicht genug Personal zur Verfügung steht.              

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