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Zukunftsmärkte > Familienunternehmen

Lieber Trump als Merkel

Eine neue Studie der Familienunternehmer zur Wettbewerbsfähigkeit sieht die USA ganz vorn und Deutschland weit abgeschlagen. Das Ergebnis zeigt, wie begrenzt die Aussagekräftigkeit solcher Untersuchungen ist.

Der Befund scheint eindeutig: Deutschland ist im internationalen Standortwettbewerb immer weiter zurückgefallen. In einem aktuellen Vergleich unter 21 Industrienationen, den die Stiftung Familienunternehmen alle zwei Jahre mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW in Mannheim herausgibt, rutscht Deutschland im Vergleich zu 2018 um drei Plätze auf Rang 17 ab und erreicht damit die schlechteste Position in der Geschichte des "Länderindex Familienunternehmen". So weit, so klar.

Nur: Auf den beiden Spitzenplätzen dieser Studie haben die USA das Vereinigte Königreich abgelöst. Die Trump-Administration hat demnach alles richtig gemacht und schneidet damit noch besser ab als die Truppe von Boris Johnson in Downingstreet Number 10. Liebe Familienunternehmerinnen und -unternehmer – glaubt ihr das wirklich?

Begrenzte Aussagekraft

Die Aussagekraft der Rankings, die uns in enger Taktung ereilen und meistens draufhinweisen sollen, dass irgendwo, irgendetwas im Argen liegt, ist begrenzt. Und zwar im Guten wie im Schlechten. Das ist die tröstliche Vorbemerkung zu dieser Studie, die die Familienunternehmer alle zwei Jahre herausgeben. Die Überschrift lässt sich vernachlässigen - das entbindet jedoch nicht davon, die nachfolgenden Seiten genauer zu lesen, dort also, wo es darum geht, die Stärken und Schwächen des eigenen Standorts aufzudecken.

Bei den Schwächen gibt es vor allem zwei Schmerzpunkte: Es geht um Steuern und die digitale Infrastruktur. Die Familienunternehmen und das ZEW schreiben, dass Deutschland hinsichtlich der steuerlichen Belastung der Firmen inzwischen "im Vergleich mit den europäischen und amerikanischen Wettbewerbern ins Hintertreffen geraten ist".

Die Ökonomen verweisen auf Unternehmenssteuerreformen in Frankreich und den USA. Sie empfehlen ganz konkret, steuerliche Verlustverrechnungen zu erweitern. Unternehmen sollten frühere Gewinne großzügiger mit derzeitigen Verlusten verrechnen können. Dies kann in der Krise helfen, es kann aber auch hohe Transformationskosten etwa für den Autozulieferer, der auf E-Motoren-Teile umrüstet, oder für den Energieversorger, der auf grün schaltet, abfedern. Darüber hinaus empfiehlt das ZEW eine Senkung der Körperschaftssteuer, um die Gesamtbelastung zu reduzieren.

Einig sind sich Unternehmer und Ökonomen bei der Bewertung der digitalen Infrastruktur: Die Schmerzgrenze sei hier überschritten. Ein Rätsel ist es den Ökonomen und Unternehmern, wieso trotz vergleichsweiser stabiler Finanzlage des Staates eine derartige Unterversorgung mit digitaler Infrastruktur zu besichtigen sei.

Gepriesene Finanzstabilität

Womit die Studie bei den Pluspunkten – und damit auch bei ihren inneren Widersprüchen angelangt ist. Ganz vorne sehen die Autoren Deutschland nämlich in Sachen Finanzstabilität. "Diese ist ein Asset, das gerade in der Coronakrise mit ihren enormen Finanzierungslasten stark zu würdigen ist", schreiben sie. Dass die finanzielle Stabilität des Staates unmittelbar mit der beklagten hohen Steuerbelastung zu tun hat, wäre an dieser Stelle sicher ein paar Ausführungen mehr wert gewesen.

Unterm Strich zeigt die Studie damit dreierlei. Erstens: Beim Thema digitale Infrastruktur hat das Land in der Ära Merkel, die sich in diesem Jahr dem Ende neigt, den Anschluss verpasst. In Sachen Steuern wird es – zweitens - keinen Politiker geben, der alle Anspruchsgruppen befriedigt. Und drittens: Studien, die scheinbar wissenschaftlich belegt, zu Politikwechseln auffordern, sind mit Vorsicht zu genießen.

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