
Immer wieder erleben deutsche Mittelständler, dass der chinesische Käufer ihres Unternehmens Bedingungen nachverhandeln will, obwohl der Vertrag schon beurkundet ist. Grund dafür sind kulturelle Unterschiede in der Verhandlungspraxis, erklärt Nina Böttger, Rechtsanwältin für Gesellschaftsrecht und Mergers & Acquisitions. Deren Auswirkungen aber könne man kontrollieren.

Klassische Unternehmenskäufe laufen so ab: Verhandlung, Vertragsunterzeichnung, Vollzug und Überweisung des Kaufpreises, Prozess abgeschlossen. Beim Verkauf an einen chinesischen Investor kann es aber sein, dass dieser nach der Beurkundung noch einmal anruft und nachverhandeln will. Weshalb?
Für chinesische Geschäftsleute endet die Verhandlung nicht mit Vertragsunterzeichnung. Die Beurkundung ist ein Zwischenziel, danach geht es weiter. In diesem Punkt unterscheidet sich einfach die kulturelle Verhandlungspraxis.
Wie kann ich solche Verzögerungen als deutscher Unternehmer vermeiden?
Eigentlich nur, indem Sie direkt mit dem chinesischen Chef sprechen – am besten unter vier Augen. In Deutschland ist es üblich, dass Berater die Übernahmeverhandlungen führen und nur einzelne bedeutende wirtschaftliche Punkte zur Entscheidung an Verkäufer und Käufer kommunizieren. In China haben Berater dieses Mandat de facto nicht. Was sie in Verträgen stellvertretend zusagen, sieht der Geschäftsführer des chinesischen Unternehmens daher nicht unbedingt als verbindlich an. Eine mündliche Vereinbarung mit dem Geschäftsführer des anderen Unternehmens dagegen schon.
Aber unter vier Augen kann man sich ja erst recht missverstehen. Vor allem, wenn beide Verhandlungsführer sich in Rechtsdingen nicht auskennen.
Deswegen empfehlen wir immer, dass beide Seiten trotzdem international erfahrene Berater mitnehmen, die beide Sprachen oder jedenfalls sehr gut Englisch sprechen. Sowohl Übersetzungsfehler als auch kulturell bedingte Missverständnisse kann man so vermeiden. Die Berater sind in diesem Konstrukt nur mit im Raum, notieren sich das Besprochene und fassen es nachher in Verträge. An den Verhandlungen der Geschäftsführer nehmen sie aber nicht aktiv teil.
Eine weitere Hürde für den Unternehmensverkauf an Chinesen sind Kapitalverkehrskontrollen. Kann man die vertraglich umgehen?
Leider nein, die muss die deutsche Seite so akzeptieren. Man kann es aber zeitlich richtig einplanen. Wenn ein in China ansässiges Unternehmen ein ausländisches kaufen möchte, muss das chinesische Devisenamt die Transaktion in einer Fremdwährung ab einer Kaufsumme von über 5 Millionen US-Dollar genehmigen. Die gute Nachricht ist, dass diese Genehmigung immer erteilt wird; die schlechte, dass es bis zu drei Monate dauert. Das sollten die Verhandlungspartner in den Ablauf des Verkaufsprozesses einkalkulieren. Und am besten den Vollzug der Transaktion an die Freigabe durch das chinesische Devisenamt koppeln.