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Zukunftsmärkte > Von Mainz aus ins All

Marsmission gelungen

Der Maschinenbauer Evobeam setzt auf Projekte mit weltweiter Aufmerksamkeit: Zu seinen Kunden zählt auch die Nasa.

Das Gewerbegebiet südlich von Mainz ist überschaubar groß. Abgemähte Äcker und Weinberge umringen die asphaltierte Fläche. Nichts deutet darauf hin, dass dieses Fleckchen Erde für die Eroberung des Weltalls – sagen wir – mitentscheidend ist. Evobeam, 23 Mitarbeiter klein, entwickelt hier Vakuum-Bearbeitungsmaschinen. Mit deren Hilfe hat die amerikanische Weltraumbehörde Nasa Bauteile des Marsrovers zusammengeschweißt. Dazu nutzt sie einen im Vakuum erzeugten Elektronenstrahl zum Schweißen von Metallen mit sehr hohem Schmelzpunkt. Dabei stellt das Hochvakuum eine ideale Schutzumgebung für fehlerfreie Schweißnähte dar.

 

„Das Verfahren haben wir nicht erfunden, aber so weiterentwickelt, dass der Einsatz für Unternehmen ökonomisch sinnvoll ist und wir auch bei nur bedingt schweißbaren Materialien gute Ergebnisse liefern“, sagt Alexander Weil, Geschäftsführer von Evobeam. Der gelernte Maschinenbauer gründete 2011 gemeinsam mit Matthias Wahl, einem damaligen Arbeitskollegen, das Unternehmen. „Alexander kennt sich mit der Konstruktion von Hochvakuum-Beschichtungsanlagen aus und ich mich mit der Entwicklung von Elektronenstrahl-Maschinen“, sagt Wahl, der ebenfalls Geschäftsführer von Evobeam ist. „Unsere technischen Expertisen können wir ideal kombinieren.“

 

Ein Großteil der Kunden stammt aus der Raum- und Luftfahrt. Während die Luftfahrtindustrie wegen der Pandemie bei neuen Aufträgen zurückhaltender geworden sind, wächst das Geschäft mit der Raumfahrt. Hier hat der Mittelständler einen neuen Absatzmarkt ins Visier genommen. „Indien ist das Land der Erde, das derzeit am meisten Satelliten ins All schießt“, sagt Wahl. Um sich auf dem Subkontinent einen Namen zu verschaffen, sprach das Unternehmen ein indisches Forschungsinstitut an, das Schweißprozesse für Produktionsfirmen entwickelt. „Wenn wir einen neuen Markt erschließen, suchen wir immer nach einem gut vernetzten Referenz-Unternehmen als Kunden“, sagt Wahl.
Leichter gesagt, als getan: Bei der Suche nach solchen Leuchtturmprojekten arbeitet Evobeam häufig mit lokalen Vertriebspartnern zusammen. Ein solcher stellte auch den Kontakt zum indischen Institut her. „Die Arbeit mit indischen Unternehmen unterscheidet sich schon recht stark von der mit der Nasa“, meint Weil. „Die Nasa zieht uns hin und wieder zurate, wenn sie bei schwierigen technischen Prozessen nach einer Lösung suchen. In Indien bekommen wir hingegen Anweisungen, die wir haarklein umsetzen müssen.“ Doch auch an diese Arbeitsweise hat sich Evobeam gewöhnt. Inzwischen macht das Unternhemen ein Fünftel seines Umsatzes dort.

 

Kontrolle aus der Ferne

 

Der Mittelständler fertigt aber nicht nur seine Maschinen in Rheinhessen, sondern er wartet sie auch von dort. „Dadurch können wir 95 Prozent aller Anfragen unserer Kunden innerhalb von vier Stunden umsetzen“, sagt Weil. Die eingesparten Geschäftsreisen machen sich derzeit gleich doppelt bezahlt. Dank Fernwartung konnte sich das Unternehmen auch dann um seine Kunden kümmern, als wegen der Pandemie die Grenzen dicht waren. Damit dieses Modell funktioniert, braucht es eine gute Internetverbindung – und die ist südlich von Mainz keine Selbstverständlichkeit in Deutschland. Das ist jedenfalls die Erfahrung, die Weil gemacht. „Für unseren Teilbereich des Gewerbegebietes war kein schneller Internetzugang vorgesehen“, sagt der Geschäftsführer. „Also mussten wir auf eigene Kosten einen Glasfaseranschluss legen lassen.“

 

Eine weitere Besonderheit des Unternehmens ist, dass fast alle der 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ingenieure sind. „Auch unsere Vertriebsmitarbeiter müssen sich technisch auskennen, damit sie auf die Wünsche der Kunden eingehen können.“ Entwickeln die Konstrukteure ein neues Modell, montieren sie den Prototyp komplett selbst. Dadurch stellen sie Abweichungen sofort fest, und können unmittelbar Korrekturen veranlassen. Auch vor den beiden Geschäftsführern macht die technische Arbeit nicht halt. „Wir sind immer stark in die Produktionsprozesse unserer Kunden eingebunden und müssen verstehen, für welche Zwecke genau sie unsere Maschinen einsetzen möchten“, sagt Wahl. „Schließlich müssen wir unsere Produkte entsprechend weiterentwickeln.“ Trotz einschlägiger Berufsausbildung und -erfahrung ist das für die beiden nicht immer eine leichte Aufgabe. „Wir bewegen uns ständig an der Grenze des technisch machbaren, doch genau darin liegt der Reiz unserer Arbeit“, meint Weil.

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