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Marzipanherstellung: Tradition, Qualität und Innovation in Lübeck

J.G. Niederegger aus Lübeck, ehemaliger Lieferant des Kaiserhofs, verführt seit 1806 mit handgefertigtem Marzipan. Erfahren Sie, wie Sie Testesser für neue Kreationen werden können.

(Foto: Niederegger)

Zunächst werden die Mandeln abgebrüht. Dann geschält, von Hand ausgewählt, gewaschen und mit Zucker vermengt. Anschließend zermahlen Walzen zweimal das Mandel-Zuckergemisch.

„Bei der Herstellung der Rohmasse achten wir darauf, dass die Struktur der Mandel erhalten bleibt, sodass man sie beim Genießen unseres Marzipans noch spüren kann“, sagt Antonie Strait, geschäftsführende Gesellschafterin bei J.G. Niederegger in Lübeck.

Zum Schluss dann wird das Mandel-Zuckergemisch in einem von 20 Röstkesseln rund eine Stunde lang über der Gasflamme erhitzt. Das Herstellungsverfahren hat sich seit mehr als 200 Jahren kaum verändert. Zwar werden die Mandeln heute maschinell gemahlen und nach den Vorgaben für die Lebensmittelbehandlung verarbeitet. Doch dank der traditionellen Röstung entstehen natürliche Aromen – später müssen keine zugesetzt werden.

Die Anteile Mandeln und Zucker entsprechen bei Niederegger dem, was als Reinheitsgebot für das edelste Marzipan gilt, die Rohmasse: 333 Gramm Zucker auf 666 Gramm Mandeln. „Bei uns wird auch in der späteren Verarbeitung kein weiterer Zucker zugesetzt“, hebt Strait hervor.

 

Eine Handvoll Marzipanhersteller gibt es in der Marzipanstadt Lübeck

Damit geht Niederegger über die Reinheitsanforderungen des Lübecker Marzipans hinaus. Denn während Marzipan-Rohmasse mindestens 65 Prozent Mandeln enthalten muss und höchstens 35 Prozent Zucker enthalten darf, geht als Lübecker Edelmarzipan durch, was weitere zehn bis 30 Prozent Zucker enthält und als Konsummarzipan noch, was bis 50 Prozent Zuckeranteil beinhaltet.

Eine Handvoll Marzipanhersteller gibt es in der Marzipanstadt Lübeck. Der bekannteste und traditionsreichste ist Niederegger. Bis zu 30 Tonnen Marzipan täglich stellen die 500 Mitarbeiter und 200 Saisonbeschäftigten in der Hauptsaison her.

Lange Tradition

Seit 1996 ist Lübecker Marzipan von der EU als regionale Herkunftsbezeichnung geschützt. Das aus Persien stammende und von Niederegger verfeinerte „Geheimnis des Marzipans“ ist im Marzipanmuseum im Café des Stammhauses ausgestellt.

„In mittelalterlichen Rezeptbüchern ist als dritte Zutat Rosenwasser angegeben“, berichtet Strait. „Unsere Rezeptur wurde von Johann Georg Niederegger entwickelt und wird in unserem Familienunternehmen von Generation zu Generation weitergegeben.“

Niederegger übernahm 1806 das Café Maret am Lübecker Marktplatz, in dem er als Geselle gearbeitet hatte. 1822 eröffnet er dann seine eigene Konditorei. 1833 ist Niederegger laut Firmengeschichte „Federführender unter Lübecks Konditoren“.

Über die alten Hanseverbindungen Lübecks erreicht das Marzipan

  • 1856 den russischen Zarenhof
  • 1873 wird es auf der Wiener Weltausstellung präsentiert und
  • 1908 wird Niederegger Hoflieferant des deutschen Kaiserhofs.

Da ist der Gründer schon tot. Heute wird das Unternehmen in achter Generation geführt. Über die Hälfte des Umsatzes bringt das Weihnachtsgeschäft ein. Niederegger Marzipan wird vor allem verschenkt.

Als Testesser bewerben

Zum Sortiment gehören von jeher auch Nougat, Schokolade sowie Pralinen. Für die nach Lübecker Art mit Zartbitter umhüllten Marzipanstückchen und -brote experimentieren die Produktdesigner. So gibt es neben der Vollmilchvariante Geschmacksrichtungen wie Orange, Erdbeere, Ananas, Salted Cashew, Pistazie oder Walnuss sowie Espresso, Mirabellengeist, Apfel-Calvados oder Rum-Krokant.

Vier Sorten des Jahres schickt Niederegger an jährlich 50 Testesser. „Dafür kann man sich im Juni über Social Media bewerben“, sagt Gesellschafterin Strait. Im Juli stimmen die Nutzer dann ab, welchen der beiden vorausgewählten Favoriten sie gern hätten.

Die in jeder Geschmacksrichtung enthaltene Rohmasse wird nach dem Mahlen und Rösten zu Blöcken geformt und lagert gekühlt eine Woche lang, bevor sie zu Stückchen, Marzipanbroten, Marzipankartoffeln, Kuchen, Tafeln oder Kunstwerken verarbeitet wird. Oder als Glücksschweinchen, Obst, Seepferdchen oder Robbe in den Verkauf kommt – von Hand geschminkt.

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