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Zukunftsmärkte > Gastbeitrag vom Stepstone-CEO

Mehr künstliche Intelligenz ist die passende Antwort auf weniger Nachwuchs

Die demografische Entwicklung ist einer der Gründe für den dramatischen Personalmangel. Künstliche Intelligenz kann hier helfen. Ein Gastbeitrag von Sebastian Dettmers, CEO von Stepstone, der führenden digitalen Recruiting-Plattform.

The Stepstone Group - CEO Sebastian Dettmers. Bildquelle: The Stepstone Group

Weniger Kinder heute = weniger Arbeitskräfte morgen = weniger Wohlstand für alle. Auf diese simple Gleichung laufe viele Reaktionen auf die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes hinaus. Danach kamen in Deutschland im vergangenen Jahr rund 700.000 Kinder zur Welt; die Zahl der Geburten lag 6,4 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021. Wenn diese Gleichung stimmen sollte, gibt es neben einer höheren Zahl von Einwanderern nur einen Ausweg: mehr Kinder. Und damit sind wir schnell bei der Forderung nach mehr Kindergeld, mehr Kitas und aktuell einer umfassenden Kindergrundsicherung.

Mehr Geld = mehr Kinder?

Fragt sich nur, ob die Gleichung „Mehr Geld = mehr Kinder“ aufgeht? Ein Blick in andere wohlhabende Staaten kann zumindest skeptisch stimmen. Seit Jahren stemmt sich beispielsweise Südkorea gegen einen Bevölkerungsrückgang und investierte hierfür bislang schätzungsweise mehr als 200 Milliarden Euro. Viele Instrumente wie die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs kommen uns bekannt vor. Andere wie „Baby Vouchers“ hat Deutschland noch nicht ausprobiert. Doch das Ergebnis bleibt bescheiden. Südkorea meldet nach wie vor die niedrigste Geburtenrate der Welt. Nicht viel besser sieht es in Japan aus, wo immer mehr Dörfer verwaisen. Zwar spricht die Regierung nun von einem „Now or never“-Moment und versucht mit allen Mitteln, den Trend umzukehren. Doch die Inselbewohner ziehen bislang ebenso wenig mit wie die benachbarten Chinesen, wo alle Propaganda für eine „Drei-Kind-Familie“ wirkungslos verpufft.

Mehr Wohlstand = weniger Kinder!

Geld ist offensichtlich nicht der limitierende Faktor, wenn sich Eltern für oder eben gegen Nachwuchs entscheiden. Vielmehr gilt über alle Kontinente, Religionen und Gesellschaftsformen hinweg eine andere Gleichung: „Mehr Wohlstand = weniger Kinder“. Erst in Europa, dann in Nordamerika und nun in Asien sank die Geburtenrate mit fortschreitender Industrialisierung. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen, angefangen von den Wohnverhältnissen in Ballungsräumen bis hin zu der dort oft höheren Toleranz für alternative Lebensentwürfe. Vor allem aber hat sich die Rolle der Frauen geändert: Je besser ihr Zugang zu Bildung, desto größer ihre Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben durch bezahlte Arbeit und desto geringer ihre Bereitschaft, „nur“ Mutter zu sein. Finanzielle Hilfen des Staates können in dieser Situation zwar helfen, Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen. Doch zu einer höheren Geburtenrate führen sie aller Voraussicht nach nicht.

Die Zukunft: Mehr Technologie = Mehr Wohlstand

Sind also eine steigende Arbeiterlosigkeit und ein rückläufiger Wohlstand aufgrund der geringen Geburtenraten unausweichlich? Auf keinen Fall! Denn wir stehen mit dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz (KI) gerade am Beginn der nächsten „industriellen“ oder besser digitalen Revolution. Manch einer vergleicht ChatGPT bereits mit der Erfindung der Dampfmaschine – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Produktivität und damit unseren Wohlstand. Zudem können Unternehmen mit mehr KI-Einsatz und damit mehr Automatisierung zumindest zum Teil Personalengpässe überwinden.

Natürlich wird KI auch Millionen traditioneller Arbeitsplätze überflüssig machen. Zum ersten Mal trifft dies in hohem Maße auch Bürojobs. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite entstehen Millionen neuer Jobs rund um die Entwicklung dieser und weiterer Technologien, der Wartung der entsprechenden Geräte und der Betreuung ihrer Nutzer. Zudem befreit KI die Menschheit nach gut 200 Jahren von dem Zwang, vielfach monotone und repetitive Arbeit zu verrichten. Wir werden künftig vor allem in den Bereichen tätig sein, wo der menschliche Kontakt und die menschliche Intelligenz den Unterschied machen. Dazu zählen lang eher stiefmütterlich behandelte Sektoren wie Bildung und Pflege. Eine einmalige Chance.

Damit KI tatsächlich unseren Wohlstand mehrt, braucht es nicht nur weitere technologische Durchbrüche, sondern auch politische Weichenstellungen. Die Politik muss grundsätzliche ethische Fragen klären und einen rechtlichen Rahmen schaffen. Die jüngsten Zahlen aus Wiesbaden sind ein Weckruf, diese Themen auf nationaler und internationaler Ebene mit Hochdruck voranzutreiben. Mehr künstliche Intelligenz ist die richtige Antwort auf kaum zu beeinflussende rückläufige Geburtenraten. Die Erfolgsformel der Zukunft lautet: Weniger Kinder = mehr Technologie = mehr Wohlstand!

Über den Autor
Sebastian Dettmers ist CEO von The StepStone Group. Er trat 2011 als Geschäftsführer für Deutschland in das Unternehmen ein und wurde 2020 zum CEO ernannt. Er hat einen Doktortitel und einen MBA von der Universität Münster. Sein Buch "Die große Arbeiterlosigkeit" wurde in Deutschland zu einem Bestseller und stand auf der Shortlist für den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis.


Über The Stepstone Group
The Stepstone Group ist eine führende digitale Recruiting-Plattform, die Unternehmen mit passenden Bewerber*innen zusammenbringt und Menschen hilft, den richtigen Job zu finden. The Stepstone Group verbindet jährlich mehr als 100 Millionen Bewerbungen mit über 160.000 Arbeitgebern. Als integrierte Plattform automatisiert The Stepstone Group mit KI-basierten Lösungen sowohl die Jobsuche als auch die Rekrutierung passender Mitarbeiter*innen. Im Geschäftsjahr 2022 erwirtschaftete The Stepstone Group einen Umsatz von rund 1 Milliarde Euro. The Stepstone Group ist in mehr als 30 Ländern aktiv – darunter mit StepStone in Deutschland, mit Appcast in den USA und mit Totaljobs in Großbritannien. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf und beschäftigt weltweit rund 4.000 Mitarbeiter*innen.
 

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