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Mit diesem Trick erhält Deutschland weiter russisches Gas

Wladimir Putin wollte Gas nur noch gegen Rubel liefern. Die EU hat das mit Hinweis auf die Sanktionen verboten. Inzwischen haben sich beide Seiten auf ein trickreiches System geeinigt, das einerseits die gegenseitigen Vorschriften erfüllt, andererseits die Gaslieferungen sicherstellt.

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Wirtschaft ist nie moralisch, sondern stets praktisch. Und manchmal erfindet sie Wege, auf die die Politik nicht gekommen wäre. Ein Beispiel dafür zeigt sich im Umgang der Energieversorgungsunternehmen mit den Sanktionen, die die EU gegen Russland beschlossen hat.

Als Russland die Ukraine überfiel, waren sich die Staaten der EU rasch einig: Die Antwort könne nur in harschen Sanktionen bestehen. Einzelne russische Wirtschaftsbosse wurden auf Sanktionslisten gesetzt, Geldtransfers von und nach Russland wurden verkompliziert, Energielieferungen nach und nach boykottiert. Seither wurden diese Stellschrauben mehrmals weiter angezogen – nur in einem Punkt sind insbesondere Deutschland, Österreich und auch Italien sehr empfindlich: Gas sollte weiter fließen, und natürlich wollten die Empfänger auch dafür bezahlen. Das russische gas, so stellte sich schnell heraus, ist die die Achillesverse der EU.

Der russische Machthaben Wladimir Putin erkannte das und verfügte darauf, dass Gas nur noch in Rubel bezahlt werden durfte. Das sollte der eigenen Währung helfen, die mit Kriegsausbruch abgestürzt war. Es entsprach aber nicht dem, was die EU von den Unternehmen in ihren Mitgliedsländern forderte. Hier eine EU, die Russland wirtschaftlich mit allen Mitteln in die Knie zwingen wollte, dort ein russischer Machthaber, der das nicht zulassen konnte. Das war die unversöhnliche Situation bis vor zwei Wochen.

Dann endete eine Übergangfrist, bis zu der die von Putin diktierte Regelung in Kraft treten sollte – und siehe: Es gibt eine Lösung. Die sieht so aus: Das Gas fließt weiter, die Unternehmen in Europa, vor allem die deutschen Versorger, zahlen dafür in Euro oder Dollar, ganz wie es den EU-Sanktionen entspricht. Die staatliche Gazprombank aber, bei der das Geld landet, hat spezielle Konten eingerichtet, auf denen das Geld in Rubel konvertiert wird. Der Mechanismus ist ein bisschen aufwendiger als bisher, aber Hauptsache: Er funktioniert und alle Seiten sind zufrieden. Die EU bekommt weiter Gas und ihre Unternehmen halten sich strikt an die Sanktionsvorgabe, nicht in Rubel zu bezahlen. Russland liefert weiter, erhält Geld, das vor allem in der Kriegskasse dringend gebraucht wird. „Dass die Russen sagen, wir hätten in Rubel bezahlt, damit müssten wir leben“, bewertete Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach den Deal in einem Interview mit der FAZ. Das System stehe „im Einklang mit dem neuen Zahlungsmechanismus“, heißt es vom Unternehmen. Zum ersten Mal bezahlt worden sei Ende Mai. Uniper handle auf diese Weise sanktionskonform und könne weiterhin eine fristgerechte Vertragserfüllung gewährleisten. „Das Vorgehen war im Vorfeld mit der Bundesregierung abgestimmt worden und folgt den entsprechenden EU-Leitlinien.“ Deutschlands größter Stromversorger RWE erklärte ebenfalls, er habe seine Zahlmethode nach den neuen Vorgaben umgestellt.

Alle haben allerdings nicht mitgemacht bei dieser Lösung. Der staatliche finnische Energieversorger Gasum zum Beispiel dachte nicht daran, diesen Weg zu gehen – und zerrte Gazprom wegen Vertragsverletzung vor Gericht. Man habe keine andere Wahl gehabt, sagte Gazum-Chef Mika Wiljanen. Eine Bezahlung in Rubel komme nicht in Frage. Russland stellte daraufhin prompt Ende Mai seine Gaslieferungen nach Finnland ein.

Die Einigung auf diese Zahlungsmodalitäten erzeugt nebenbei den von Russland gewünschten Effekt, dass der Rubel wegen der starken Nachfrage auf ein Siebenjahreshoch im Vergleich zum Euro gestiegen ist. Der Rubel-Absturz, wie er sich nach Kriegsausbruch abgezeichnet hatte ist damit Geschichte.

Die Moral steht bei dieser Lösung hintenan, das Machbare ist in den Vordergrund gerückt. Den Menschen hilft das allerding manchmal.

MuM

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