Aufstiegsmacher: Wie die Munk Group mit Aluminiumleitern die Industrie erklimmt
Münchner Leiternmacher hebt ab: Munk Group erobert neue Höhen mit Sicherheit und Innovation – von Bayern bis Afrika.

Von Andreas Kempf
Ausgerechnet Leitern. Wie kann man damit in Deutschland erfolgreich sein? „Wir produzieren vor allem Sicherheit. Darauf legen wir großen Wert", sagt Ferdinand Munk. Tatsächlich findet man die meist aus Aluminium bestehenden Steighilfen der Firmengruppe Munk nicht im Baumarkt oder als Billigangebot beim Discounter. Sie sind kein Massenprodukt. Überwiegend nutzen Profis die Leitern und Arbeitsplattformen – Feuerwehren, Handwerker oder Beschäftigte von Konzernen wie Airbus, BMW oder Deutsche Bahn.
Vom Kutschenbauer zum Leiterspezialisten
Rund 2500 verschiedene Produkte hat Munk aus dem bayerischen Günzburg im Programm. Bis auf Sonderanfertigungen sind alle im Lager verfügbar. „Darauf legt der Chef großen Wert", verrät ein Mitarbeiter während eines Rundgangs durch die weitläufigen Hallen. Der Patron versteht kurze Lieferzeiten als Wettbewerbsvorteil. Als die Konkurrenz wegen des knapp gewordenen Aluminiums nicht mehr liefern konnte, war Munk immer noch da. „Das hat uns viele neue Kunden gebracht", erinnert sich der 63-Jährige. Die Kapitalbindung durch den umfassenden Lagerbestand nehme man dafür in Kauf, ergänzt Schwiegersohn Alexander Werdich, der seit 2020 Mitglied der Geschäftsführung ist.
Munk produziert ausschließlich in Günzburg. Dort kennt jeder den quirligen Unternehmer, der auch Stadt- und Kreisrat der CSU ist. Er verkörpert jenen Mittelständler, der sich für sein Umfeld engagiert und seinen Erfolg mit Mitbürgern und Mitarbeitern teilt. Das honorieren die 450 Beschäftigten mit langjähriger Firmentreue. Zudem ist der umtriebige Munk schon vielen Schülern als Sponsor in Vereinen und Veranstaltungen ein Begriff. Hier rekrutiert die Firmengruppe den eigenen Nachwuchs. Für die Munks ist das wichtig, denn das Unternehmen will weiter wachsen. In diesem Jahr sollen ein neues Kundenzentrum und eine weitere Produktionshalle fertig werden. Seit 1982 ist die Betriebsfläche von 7000 auf 220.000 Quadratmeter gewachsen. Die Gruppe hat sich bereits neue Flächen im Günzburger Gewerbegebiet gesichert. Die aktuelle Krise scheint den Leiterspezialisten nicht zu treffen. „Dafür sind wir bewusst sehr breit aufgestellt", erklärt Werdich.

Von Holz zu Aluminium: Der Beginn einer Erfolgsgeschichte
Begonnen hat Munks Urgroßvater Leopold 1899 als Wagen- und Kutschenbauer. Später kommen Feuerwehrleitern hinzu. Aber erst mit dem heutigen Firmenchef nimmt der Familienbetrieb so richtig Fahrt auf. Während Vater Leopold weiter Leitern aus Holz vor allem für die Feuerwehren produzierte, startet Ferdinand Munk 1982 eine eigene Fertigung von Steighilfen aus Aluminium und Edelstahl. Das Material erweitert das Anwendungsspektrum deutlich. Die Metallleitern trotzen zudem besser der Witterung und sind unempfindlicher gegen Hitze und Nässe. Und auch Farben, Lacke und Säuren haben ihnen weniger an. Das spricht sich vom Handwerk bis in die Industrie immer mehr herum. Das Geschäft wächst.
Wie so oft steht hinter dem Macher eine starke Frau: „Wir haben mit null angefangen. Ich war Frau, Mutter, habe den Einkauf gemacht und alles, was sonst so anfiel", erinnert sich Ferdinands Gattin Ruth. Der einstige Ableger wächst kräftig. Den Günzburgern kommt zugute, dass in vielen Bereichen wesentlich strengere Normen zum Arbeitsschutz herrschen. Arbeitsplattformen und sichere Steighilfen haben somit manch abenteuerliche Vorrichtung aus Bierkisten und quer liegendem Brett ersetzt. Aus einem Umsatz von 250.000 D-Mark 1982 sind jetzt rund 85 Millionen Euro geworden. Der frühere Kern der Munks, die Produktion von Leitern für die Feuerwehren, ist inzwischen als Sparte in der Munk-Gruppe integriert und fertig weit mehr als nur Leitern für Einsatzkräfte. Unter Werdich hat das Geschäftsfeld einen eigenen Standort im benachbarten Leipheim bezogen. Rund zehn Millionen Euro hat Munk in diese Erweiterung investiert. Dort entstehen spezielle Alu-Behälter, in denen Gerätschaften und Werkzeuge für Rettungskräfte untergebracht werden. Der Inhalt dieser Rollcontainer ist individuell mit den Kunden abgestimmt. „Es ist ein wachsendes Geschäft", berichtet Werdich.
Innovation durch Kooperation: Die Feuerwehr redet mit
Munks Erfahrung in der Ausrüstung von Rettungskräften hat der Gruppe bundesweit viel Ansehen und Respekt eingebracht. Munk spielt als Vertreter der mittelständischen Betriebe eine wichtige Rolle in der Abstimmung mit den sogenannten Blaulichtorganisationen (Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen) und dem Bundesverteidigungsministerium. Im Leipheimer Werk tauschen sich die Experten von Munk und von Feuerwehren über ihre Erfahrungen aus. Aus den Gesprächen ergibt sich, was wie weiterentwickelt werden sollte. Solche Neuerungen können eines Tages lebensrettend sein.
Das Geschäft der Munk-Gruppe konzentriert sich überwiegend auf Westeuropa. Wachstumsmöglichkeiten sehen die Günzburger aber auch in Nordamerika und Afrika. Vor allem Afrika sieht Munk als spannenden Kontinent. „Den sollten wir nicht den Chinesen überlassen", mahnt der Firmenchef. Das Konzept der Steighilfen aus Aluminium wird gerade überprüft. Intern experimentieren sie mit verschiedenen anderen Materialien. So könnten in einigen Jahren Leitern und Arbeitsbühnen aus Karbon die Produktpalette erweitern oder sogar ganz verändern. Wie seinerzeit der Wechsel von Holz auf Alu.
Familientradition vs. Übernahmeangebote: Die Zukunft der Munk Group
Diesen Kurs soll Werdich künftig allein bestimmen. Der Seniorchef will sich aus dem aktiven Geschäft zurückziehen. Der Schwiegersohn schaut dem Patron schon seit zehn Jahren über die Schulter und hat zunehmend Verantwortung übernommen. „Für mich ist es das Größte, dass sich jemand aus der Familie bereit erklärt hat, die Firma fortzuführen", gesteht Munk. Dabei habe es viele Übernahmeangebote gegeben. Neben Werdich sind auch die Töchter und weitere Schwiegersöhne in der Gruppe aktiv. Auf dem offiziellen Familienbild zur 125-Jahrfeier wird mit den Enkeln sogar schon die womöglich sechste Generation vorgestellt, die einmal den Günzburger Betrieb weiterführen könnte.
Der 39-jährige Werdich übernimmt nun auch den täglichen Rundgang durch den Betrieb. „Sichtbarkeit ist wichtig", sagt er. Darum werden in der Geschäftsführung grundsätzlich keine Termine vor neun Uhr angesetzt, damit immer genug Zeit bleibt, um sich vormittags mit den Mitarbeitern auszutauschen. Hat Werdich keine Zeit, übernimmt der Senior die Runde. „Kein Tag ohne Gespräch mit der Belegschaft", lautet die Devise. „Das schätzen unsere Mitarbeiter. Sie wissen, irgendwo ist immer ein Mitglied der Familie Munk greifbar, der hilft", sagt Margit Werdich-Munk, Tochter von Ferdinand Munk. Das führt auch zu besonderen Investitionen. Damit die Beschäftigten ihren Nachwuchs während der Sommerferien gut untergebracht wissen, betreibt Munk auf dem Firmengelände einen eigenen Hort mit Spielplatz.
Zukunftspläne: Wohnungsbau für Mitarbeiter
Die nächste Investition haben Munk und Werdich bereits geplant. Sie wollen kleinere Wohnungen für zusätzliche Mitarbeiter bauen. „Einige Unternehmerkollegen haben ebenfalls Interesse signalisiert", berichtet Munk. Vorbild ist der benachbarte Freizeitpark „Legoland", der ebenfalls Mitarbeiterwohnungen errichtet hat. Etwas ausgebremst fühlt sich der Macher des Aufstiegs von der Stadtverwaltung, die Wohnungen im Industriegebiet nicht begrüßt. „Das bekommen wir schon hin", sagt Munk und lacht tatkräftig. Für Munk gibt es eben keine Hürden, die man nicht überwinden kann.