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Zukunftsmärkte > Neuntgrößtes Land der Welt bietet immenses Potential für Europas Wirtschaft

„Ohne Kasachstan keine grüne Wende“

Kasachstan, der aufstrebende Partner Europas, bietet immense Möglichkeiten für die grüne Wende. Mit reichen Rohstoffvorkommen und erneuerbaren Energien könnte es eine Schlüsselrolle in der europäischen Wirtschaft spielen.

Kasachstan als Partner Europas bietet immense Rohstoffvorkommen und erneuerbare Energien, entscheidend für die europäische grüne Wende.

Markt und Mittelstand - Interview mit Kanat Sharlapaev, Minister für Industrie und Bauwesen der Republik Kasachstan

Herr Minister, Kasachstan ist in der aktuellen geopolitischen Lage der neue aufstrebende Partner für Europas Wirtschaft. Was bietet Kasachstan?

Kasachstan gehört inzwischen zu den wichtigsten Erdöllieferanten für Deutschland. Unser Land verfügt zudem über ein immenses Potenzial, um die Versorgung Deutschlands mit klassischen Energieressourcen wie Gas zu erhöhen, aber auch grünen Wasserstoff auf großen Flächen zu produzieren und anschließend zu exportieren. Wir verfügen außerdem über wichtige kritische und strategische Rohstoffvorkommen und seltene Erden, die für die Energie- und Mobilitätswende bis hin zur Chipproduktion von immenser Bedeutung sind. Deutschland und Europa haben mit Kasachstan einen verlässlichen und sicheren Rohstoffpartner an seiner Seite, der wesentlich mit dazu beiträgt, die Ziele des europäischen Grünen Deals umzusetzen.

Solche Angebote sind wichtig, vor allem nachdem Europa sich gerade beim so wichtigen Import kritischer Rohstoffen gegenüber China und Russland in eine einseitige Abhängigkeit begeben hat. Wie sehr kann Kasachstan für Europa in die Bresche springen?

Sehr sogar. Der Bedarf ist riesig: Um bis 2050 weltweit Netto-Null-Emissionen zu erreichen, wird der globale Bedarf an mineralischen Rohstoffen bis 2040 um ein Sechsfaches höher sein als heute. So benötigt ein typisches Elektroauto sechsmal mehr Mineralien als ein herkömmliches Auto und die Konstruktion einer On-Shore-Windkraftanlage erfordert neunmal mehr Mineralien als eine gasbefeuerte Anlage. Vor wenigen Wochen erst hat daher die Europäische Union mit der Initiative „Minerals Security Partnership Forum“ unter anderem mit der Aufnahme Kasachstans eine wichtige Plattform geschaffen, um die die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Anbietern und Bedarfsträgern strategisch wichtiger Rohstoffe weiter zu fördern. Mit der Aufnahme Kasachstans als neuntgrößtes Land der Welt und wichtiger globaler Mittelmacht in den Kreis der Partner des Forums vertieft die EU nicht nur ihre Beziehungen im zentralasiatischen Raum, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag in der Diversifizierung ihrer Bezugsquellen für kritische und strategisch wichtige Rohstoffe.

Von welchem Rohstoffpotenzial sprechen wir konkret?

Sowohl die Rohstoffkooperation als auch Partnerschaft zur Verbesserung der Anbindung zwischen der Europa und Kasachstan sind ein wichtiger Motor für die wirtschaftliche Sicherheit und den Wohlstand beider Seiten. Ein Teil der Lösung vor allem für die Digital,-, Energie-, und Mobilitätswende der europäischen Wirtschaft befindet sich in der Erde unseres Landes. Kasachstan verfügt aktuell über mehr als 8.000 Lagerstätten für mehr als 100 verschiedene Mineralien. Mit 5000 weiteren Lagerstätten dürfte bei entsprechender Exploration zu rechnen sein. Allein deren Gesamtwert wird auf 46 Billionen Dollar geschätzt. Kasachstan ist reich an verschiedenen festen Mineralien, darunter Eisen, Gold, Kupfer, Uran, Zink, Molybdän, Wolfram, Mangan, Gold und Aluminium. Kasachstan verfügt über bedeutende Anteile an den weltweiten Reserven an Wolfram (63 %), Chrom (48 %), Uran (14 %), Silber (6 %) und Kupfer (mehr als 4 %) sowie verschiedenen Seltenen Erden. Insgesamt fördert Kasachstan 18 der 34 von der EU im gerade vorgestellten „Critical Raw Materials Act (CRMA)“als „kritisch“ eingestuften Rohstoffarten. Ohne Kasachstan also keine grüne Wende.

Entscheidend ist nicht nur ein verlässlicher Rohstoffbezug, sondern insgesamt sichere Lieferketten und Logistikrouten. Bislang wird die Masse der Güter aus Asien und Zentralasien über Russland transportiert…

Die Route besteht und wird weiterhin bedient. Doch haben wir ein großes Interesse, die Versorgung Europas mit Gütern und Rohstoffen noch sicherer und nachhaltiger zu gestalten. Vor wenigen Tagen haben Kasachstan und die zentralasiatischen Nachbarstaaten eine gemeinsame Koordinierungsplattform für den gemeinsam mit der EU geplanten transkaspischen Verkehrskorridor (TCTR) ins Leben gerufen. So sollen über den unter anderem durch die Europäische Union als nachhaltige Verkehrsroute geförderten transkaspischen Verkehrskorridor, Rohstoffe und andere Güter in weniger als 15 Tagen und unter Umgehung Russlands sowie Irans, zwischen Zentralasien und Europa transportiert werden. Gleichzeitig soll das Projekt auch als Korridor für Wissensaustausch und Innovation zwischen Europa und Zentralasien dienen. Es tut sich also viel in Zentralasien.

Das spiegelt sich auch in den deutschen Direktinvestitionen wider, die 2023 einen neuen Rekordwert von 712 Millionen erreicht haben. Was macht Kasachstan so attraktiv für deutsche Unternehmen?

Kasachstan hat neben kritischen Rohstoffen und fossilen Energien wie Öl, Gas und Kohle, große Möglichkeiten im Auf- und Ausbau erneuerbarer Energien. Hinzu kommt jetzt, dass wir sehr daran interessiert sind, diese Rohstoffe nicht nur nachhaltiger zu fördern, sondern auch im eigenen Land zu verarbeiten, womöglich bis hin zu Endprodukten wie etwa in der Batterieproduktion. Das bietet eine hervorragende Basis für uns als Partner und macht es interessant, gerade im Hinblick auf positive Klimaeffekte, Vorprodukte aus Kasachstan in unsere Wertschöpfungsketten einzubeziehen. Zusammenfassend gesagt, bietet Kasachstan neben Öl und Gas viel Raum und Platz, hat Sonne und Wind zur Produktion erneuerbarer Energie, immense Agrarflächen von über 200 Millionen Hektar, die zur weltweiten Ernährungssicherheit beitragen, dazu kritische Rohstoffe für Europas Energie- und Mobilitätswende sowie viel Potenzial, neue logistische Wege und Produktionsstätten zu entwickeln. Hier gibt es noch viele Möglichkeiten für deutsche Logistiker, Agrar- und Bauunternehmen sowie Spezialisten im Auslandsbergbau, sich intensiv mit einzubringen.

Wie ist insgesamt das kasachische Marktumfeld und sein Potenzial?

Unser Marktumfeld ist attraktiv. Im „Doing Business”-Ranking der Weltbank belegen wir inzwischen weltweit den 25. Platz und sind damit nur noch drei Plätze von Deutschland entfernt, das auf Platz 22 liegt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, Gesetze reformiert, das Lizenzierungssystems verbessert, die Unternehmensgründung vereinfacht sowie die staatlichen Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten optimiert. Ein umfangreiches Programm soll außerdem in den kommenden Jahren die Privatisierung von mehr als 900 staatlichen Unternehmen sichern.

Und wie drückt sich das in Zahlen aus?

Für das Jahr 2024 prognostiziert unsere Regierung ein Wachstum der kasachischen Wirtschaft von mindestens 5,3 Prozent. Alle wichtigen Sektoren zeigten eine positive Dynamik: Bauwesen – 13,3 Prozent, Handel – 11,3 Prozent, Informations- und Kommunikationsdienstleistungen – 7,1 Prozent, Transportdienstleistungen – 6,9 Prozent, Industrie – 4,3 Prozent – umso mehr freuen wir uns auf Unternehmen aus Deutschland und der Europäischen Union, ob börsennotierte Firmen wie auch große Mittelständler.

Wie viele deutsche Unternehmen sind bereits in Kasachstan vertreten?
Es gibt über 600 Joint Ventures mit deutscher Kapitalbeteiligung. Große Unternehmen sind dabei wie Metro, Knauf Gips, Heidelberg Cement, BASF, Linde, Obi oder Claas. Die Hauptbereiche deutscher Firmen liegen im Baugewerbe, Handel, industrielle Fertigung und Bergbau. Sie alle profitieren neben modernen und digitalen Infrastrukturen auch von unserem günstigen Investitionsklima. Hierfür existieren in Kasachstan 14 Sonderwirtschaftszonen (SWZ), die auch Steuer- und Zollvergünstigungen bieten, wie etwa eine Befreiung von der Körperschaftssteuer, der Landsteuer, der Vermögenssteuer, der Mehrwertsteuer für Waren, die in der SWZ verbraucht werden sowie eine freie Grundstückspacht für zehn Jahre. Es ist als noch viel Platz für deutsche und europäische Unternehmen bei uns, die wir mit offenen Armen und übrigens mit einem gut ausgebildeten Fachkräftemarkt empfangen werden.

Herr Minister, vielen Dank für das Gespräch.

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