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Einkauf, Marketing und Marken > Vorbild Österreich

Pfandexplosion: Österreich macht vor, Deutsche Brauer wollen nachziehen

Seit 1. Februar kostet das Pfand für eine Bierflasche in Österreich 20 statt 9 Cent. Deutsche Brauereien wollen ähnliche Erhöhung.

Österreich: Pfand für Mehrweg-Glasflaschen ist von neun auf 20 Cent gestiegen. Von der Änderung sind vor allem Bierflaschen betroffen. (Bildquelle: shutterstock)

In Österreich hat sich über Nacht der Wert einer leeren Bierflasche mehr als verdoppelt. Seit dem 1. Februar 2025 beträgt das Pfand für Mehrweg-Glasflaschen 20 Cent statt der bisherigen 9 Cent. Diese drastische Erhöhung sorgt nicht nur in der Alpenrepublik für Aufsehen, sondern lässt auch die deutschen Nachbarn aufhorchen. Insbesondere die Brauwirtschaft verfolgt die Entwicklung mit großem Interesse.

Österreichs Pfandrevolution: Hintergründe und Ziele

Die Entscheidung zur Pfanderhöhung in Österreich wurde nach zweijähriger Vorbereitung getroffen. Karl Schwarz, Obmann des Verbands der Brauereien in Österreich, erklärt die Motivation: "Das niedrige Pfand führte augenscheinlich dazu, dass immer mehr Menschen die Flaschen entsorgten." Diese Entwicklung entzog dem Mehrweg-Kreislauf wertvolle Ressourcen und verursachte den Brauereien Millionenschäden.

Die neue Regelung betrifft primär Bierflaschen, die 90 Prozent der betroffenen Flaschen ausmachen. Ein Tragerl Bier (20 Flaschen) kostet nun allein an Pfand 7 Euro - mehr als das Doppelte des bisherigen Betrags. Diese erhebliche Steigerung soll die "Rückgabe-Mentalität" der Verbraucher deutlich verbessern und somit den Mehrwegkreislauf stärken.

Deutsche Brauereien: Ruf nach Anpassung wird lauter

Die Entwicklung in Österreich hat in Deutschland eine Debatte über die hiesigen Pfandregelungen angestoßen. Stefan Stang, Hauptgeschäftsführer des Vereins privater Brauereien in Deutschland, fordert: "Wir fordern das für Deutschland seit Langem, werden uns das österreichische Beispiel sehr aufmerksam ansehen." Der Verein vertritt die Interessen von 650 vorwiegend kleineren Brauereien.

Auch Dietrich Sailer, Chef der Brauerei "Münchner Kindl", unterstützt die Forderung nach höheren Pfandpreisen. Er argumentiert, dass die aktuellen Pfandbeträge in Deutschland, die seit 40 Jahren unverändert sind, nicht mehr den heutigen Wiederbeschaffungskosten entsprechen. In Deutschland liegt das Pfand für Mehrwegbierflaschen derzeit bei lediglich 8 Cent.

Grenzüberschreitende Auswirkungen: Pfandtourismus im Fokus

Die unterschiedlichen Pfandregelungen in den Nachbarländern werfen die Frage nach möglichem Pfandtourismus auf. Walter König, Sprecher des Bayerischen Brauerbunds, äußert Bedenken: "Die große Unbekannte ist, wie viel Pfandtourismus es geben wird, denn in Deutschland erworbene Glasflaschen können in der Tat im österreichischen Handel zurückgeben werden."

Ein Rechenbeispiel verdeutlicht das potenzielle Ausmaß: Wer Bierflaschen in Deutschland kauft und in Österreich zurückgibt, könnte pro Flasche 12 Cent gewinnen. Bei einem ganzen Kasten summiert sich der Gewinn auf 3,90 Euro. Besonders Brauereien in Grenznähe, deren Absatzmarkt bis zu 25 Prozent im österreichischen Handel liegt, sehen sich mit dieser Herausforderung konfrontiert.

Wirtschaftliche Konsequenzen für die Brauindustrie

Die Umsetzung einer ähnlichen Pfanderhöhung in Deutschland wäre mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen verbunden. Walter König schätzt: "Eine Stichtagslösung wie sie Österreich nun umgesetzt hat, würde wegen der Flaschen und Kisten, die im Umlauf sind, für unsere Brauereien einen Verlust von 380 bis 400 Millionen Euro bedeuten."

Diese Summe verdeutlicht die Dimension der Herausforderung für die deutsche Brauwirtschaft. Im Vergleich zu Österreich ist der deutsche Biermarkt um ein Vielfaches größer, was die Komplexität und die Kosten einer Umstellung erheblich erhöht. Dennoch sehen viele Branchenvertreter langfristig die Notwendigkeit einer Anpassung, um die Rücklaufquoten zu verbessern und Ressourcen zu schonen.

Fazit

Die Pfanderhöhung in Österreich markiert einen bedeutenden Schritt zur Stärkung des Mehrwegsystems und könnte als Vorbild für ähnliche Maßnahmen in Deutschland dienen. Während die deutschen Brauereien eine Anpassung befürworten, stehen der Umsetzung noch erhebliche wirtschaftliche und logistische Hürden im Weg. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die österreichische Maßnahme die erhofften Effekte erzielt und inwieweit dies die Diskussion in Deutschland beeinflusst. Eine schrittweise Anpassung des Pfandsystems in Deutschland erscheint angesichts der Komplexität des Marktes als wahrscheinlichstes Szenario.

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