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Einkauf, Marketing und Marken > Rewe Backwaren-Produktion

Rewe backt kleinere Brötchen: Supermarktriese gibt Eigenproduktion auf

Rewe Group zieht sich aus der Herstellung von Brot und Backwaren zurück. 480 Arbeitsplätze betroffen. Harry Brot übernimmt die Produktion.

Die REWE Group plant Rückzug aus Brot- und Backwaren-Herstellung. Harry Brot errichtet in Erlensee eine neue, hoch-moderne Großbäckerei und übernimmt die Produktion in Bergkirchen (Bayern). (Foto: picture alliance)

Überraschende Wende in der Welt der Supermarkt-Backwaren: Die Rewe Group, einer der größten Lebensmittelkonzerne Deutschlands, hat beschlossen, sich aus der Eigenproduktion von Brot und Backwaren zurückzuziehen. Diese Entscheidung markiert einen signifikanten Strategiewechsel.

Das Ende einer Ära: Rewe schließt Glockenbrot-Bäckerei

Die Rewe Group plant, ihre Glockenbrot-Bäckerei in Frankfurt am Main in den kommenden drei bis fünf Jahren schrittweise stillzulegen. Parallel dazu soll der Produktionsstandort der Glockenbrot-Bäckerei in Bergkirchen bei München an die Firma Harry Brot verkauft werden. Diese Maßnahmen markieren das Ende einer jahrzehntelangen Tradition der Eigenproduktion von Backwaren bei Rewe.

Der Rückzug aus der Brotproduktion ist Teil einer größeren Umstrukturierung. Bereits Anfang 2020 trennte sich die Rewe Group von ihren 110 Bäckerei-Shops der Glockenbrot-Bäckerei in den eigenen Supermärkten im Rhein-Main-Gebiet. Diese werden nun von regionalen Bäckereiketten betrieben. Die aktuelle Entscheidung setzt diesen Trend fort und zeigt, dass Rewe seine Rolle als Produzent zugunsten der Rolle als reiner Händler aufgibt.

Wirtschaftliche Zwänge: Die Gründe hinter Rewes Entscheidung

Die Gründe für diesen drastischen Schritt sind vorwiegend wirtschaftlicher Natur. Hans-Jürgen Moog, Vorstand für Ware und Einkauf der Rewe Group, erklärt: "Die Glockenbrot-Bäckerei war über Jahrzehnte ein integraler Bestandteil der Rewe Group. Dennoch haben wir die schwere Entscheidung getroffen, uns aus der Eigenproduktion von Brot- und Backwaren perspektivisch zurückzuziehen."

Ein wesentlicher Faktor ist die begrenzte Expansionsmöglichkeit am Standort Frankfurt. Die Kapazitäten sind erschöpft, und ein Neubau würde enorme Investitionen erfordern. Allein für neue Produktionstechnologien wären "Investitionen im dreistelligen Millionenbereich" nötig, ohne die Neubaukosten zu berücksichtigen. In einem wirtschaftlich herausfordernden Umfeld, in dem energieintensive Bereiche besonders unter Druck stehen, erscheint diese Investition für Rewe nicht mehr rentabel.

Auswirkungen auf Mitarbeiter und Produktion: Ein Balanceakt

Die Schließung der Glockenbrot-Bäckerei in Frankfurt hat weitreichende Folgen für die 480 Beschäftigten. Rewe hat angekündigt, in den kommenden Wochen Gespräche mit dem Betriebsrat zu führen, um einen "Interessenausgleich und Sozialplan" zu verhandeln. Ziel ist es, "sozialverträgliche Lösungen für die Mitarbeitenden" zu finden. Dies könnte Umschulungen oder andere Unterstützungsmaßnahmen umfassen, um den Übergang für die Betroffenen zu erleichtern.

In Bergkirchen sieht die Situation anders aus. Harry Brot, der neue Eigentümer, plant, die 320 Arbeitsplätze am Standort zu erhalten. Dies zeigt, dass die Übernahme durch spezialisierte Unternehmen nicht zwangsläufig zu einem Arbeitsplatzverlust führen muss.

Zukunftsperspektiven: Rewes neue Backwaren-Strategie

Trotz des Rückzugs aus der Eigenproduktion wird Rewe weiterhin eine breite Auswahl an Backwaren anbieten. Harry Brot, der neue Hauptlieferant, plant bereits einen neuen Produktionsstandort in Erlensee bei Frankfurt. Dieser soll voraussichtlich 2028 in Betrieb gehen und die Rewe-Märkte mit frischen Backwaren beliefern.

Interessanterweise behält Rewe seine Großmetzgerei Wilhelm Brandenburg bei und plant sogar, die Investitionen in diesem Bereich zu erhöhen. Dies zeigt, dass der Konzern nicht generell aus der Eigenproduktion aussteigt, sondern seine Ressourcen gezielt einsetzt.

Diese Entwicklung spiegelt einen breiteren Trend in der Lebensmittelindustrie wider: die zunehmende Spezialisierung und Auslagerung von Produktionsprozessen. Supermärkte konzentrieren sich verstärkt auf ihr Kerngeschäft - den Verkauf - während spezialisierte Produzenten die Herstellung übernehmen.

Die Harry-Brot GmbH mit Sitz in Schenefeld bei Hamburg ist Marktführer bei Brot- und Backwaren. Über 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter backen an zehn Standorten. Der Harry-Frischdienst liefert Backwaren tagesfrisch aus der nächstgelegenen Harry-Großbäckerei über die zugehörigen Vertriebsstellen in den Lebensmittelhandel. Das 1688 gegründete Familienunternehmen ist damit die größte deutsche Lieferbäckerei.

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