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Einkauf, Marketing und Marken > Rohstoffknappheit

Teure Ostern: Wie die hohen Kakaopreise Schoko-Hasen verteuern

12.000 Euro pro Tonne Kakao, teure Osterhasen und Shrinkflation belasten Verbraucher. Was hinter den Rekordpreisen steckt und wie Hersteller auf die Rohstoffexplosion reagieren.

Schokolade wird zum Luxusgut: Explodierende Kakaopreise, hitzige Debatten in den sozialen Medien und ein Kassenbon, der zum Symbol einer süßen Krise wird: Ostern 2025 zeigt, wie globale Märkte selbst den Schoko-Hasen nicht verschonen.(Foto: shutterstock)

Das Osterfest naht, und wie jedes Jahr begeben sich Millionen Deutsche auf die Suche – nicht nur nach gut versteckten Schoko-Hasen im heimischen Garten, sondern auch nach erschwinglichen Preisen im Supermarktregal. Doch dieses Jahr ist alles ein bisschen anders: Schokolade, das heimliche Herzstück jedes Osternests, entwickelt sich zur kostspieligen Delikatesse.

Ein Fall sorgt derzeit für besonders viel Wirbel: In den sozialen Netzwerken macht ein Foto die Runde, das zu leidenschaftlichen Debatten anregt. Es zeigt eine handelsübliche Kiste mit 16 kleinen Schoko-Osterhasen – daneben ein Kassenbon mit dem stolzen Betrag von 78,24 Euro. Der Facebook-Nutzer kommentiert entgeistert: „Musste gerade 80 Euro für 16 Schoko-Hasen bezahlen. Seit wann ist Schokolade so teuer?“

Die Reaktionen folgen prompt – und könnten gegensätzlicher kaum sein. Während einige Nutzer dem Mann Naivität oder mangelnde Preissensibilität vorwerfen, sprießen unter dem Beitrag die Spartipps wie Frühlingskrokusse: Von Discounter-Hinweisen bis zu DIY-Ideen ist alles dabei.

Doch die entscheidende Frage bleibt: Warum ist Schokolade in diesem Jahr so teuer wie ein Drei-Gänge-Menü? Die Antwort führt uns weit über die Osterdeko hinaus – bis in die komplexe Welt globaler Rohstoffmärkte. Der Preis für Kakao, den Grundstoff aller Schokoladenträume, befindet sich aktuell auf einem historischen Höhenflug. Missernten in Westafrika, Klimawandel, Spekulationen an den Börsen – sie alle befeuern einen Preisanstieg, der längst in europäischen Supermarktregalen angekommen ist.

Was bleibt, ist die Erkenntnis: Der süße Luxus hat seinen Preis. Und vielleicht steckt in diesem Osterfest nicht nur der Schokohase, sondern auch eine kleine Lektion in Sachen Globalisierung und Konsumverhalten.

Preisschock im Supermarktregal

Die Schokoladenregale in deutschen Supermärkten präsentieren in diesem Jahr ein ungewohntes Bild: Deutlich höhere Preise bei teilweise reduzierter Produktgröße. Der beliebte "Goldhase" von Lindt kostet erstmals über 4 Euro, Tafelschokolade ist im Schnitt fast ein Drittel teurer als im Vorjahr. Ritter Sport hat bei seiner Alpenmilch-Tafel den Preis um 27 Prozent auf 1,89 Euro erhöht. Gleichzeitig schrumpfte die Milka-Tafel von 100 auf 90 Gramm, während der Preis von 1,49 auf 1,99 Euro stieg.

Hinter dieser Entwicklung steht eine dramatische Verteuerung des wichtigsten Rohstoffs: Kakao. Der Weltmarktpreis erreichte 2024 mit bis zu 12.000 Euro pro Tonne einen historischen Höchststand – sechsmal mehr als noch vor wenigen Jahren. Diese Preisexplosion stellt die gesamte Wertschöpfungskette vor neue Kalkulationsherausforderungen.

Klimawandel und Ernteausfälle als Hauptursachen

Die Ursachen für die Kakao-Krise liegen primär in den Anbaugebieten Westafrikas, woher rund drei Viertel der weltweiten Kakaobohnen stammen. Extreme Wetterereignisse wie Dürren, Starkregen und Überflutungen haben die Ernteerträge massiv reduziert.

In Ghana, einem der Hauptproduzenten, brach die Ernte 2024 um fast die Hälfte ein – die schlechteste in zwei Jahrzehnten. Auch die Elfenbeinküste meldete erhebliche Rückgänge.

Zusätzlich machen Pflanzenkrankheiten den Kakaobäumen zu schaffen. In Ghana mussten nach Brancheninformationen rund 13 Millionen erkrankte Bäume abgeholzt werden. Da neue Bäume erst nach bis zu fünf Jahren Früchte tragen, wird sich die Situation nicht kurzfristig entspannen.

Kakaobauern erhalten nur 9 % – Supermarktpreis 14-fach höher

Von den Supermarktpreisen erhalten Kakaobauern lediglich etwa neun Prozent, wie eine von der britischen NGO Oxfam zitierte Studie belegt.

Ghanas Kakaobehörde kauft den Bauern die Bohnen für circa 70 Prozent des erwarteten Saisonpreises ab – aktuell etwa 3.000 Euro pro Tonne. Dies ist zwar ein Rekordwert, liegt aber deutlich unter den Börsenpreisen. Die weiterverarbeitete Kakaomasse wird dann für rund 20.000 Euro verkauft.

Der Supermarktpreis für eine Tonne "Goldhasen" von Lindt & Sprüngli beläuft sich auf etwa 43.000 Euro – mehr als das 14-fache dessen, was die Kakaobauern erhalten.

"Shrinkflation" als Produktionsstrategie?

Neben direkten Preiserhöhungen greifen einige Unternehmen zu weniger offensichtlichen Maßnahmen wie der Reduktion der Produktgröße bei gleichbleibendem oder leicht erhöhtem Preis – ein Phänomen, das Verbraucherschützer als "Shrinkflation" bezeichnen.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch kürte die Milka-Tafel des Konzerns Mondelez aufgrund dieser Praxis zur "Mogelpackung des Monats".

Trotz der Kostensteigerungen bleiben die Margen der großen Hersteller beachtlich. Der Schweizer Schokoladenkonzern Lindt & Sprüngli erzielte 2024 einen Reingewinn von 715 Millionen Euro, obwohl das Unternehmen nach eigenen Angaben die Preissteigerungen an die Kunden weitergeben musste.

2025: 12 Millionen Osterhasen weniger im Regal

Nach Daten des Marktforschers NIQ wurde zu Jahresbeginn 10 Prozent weniger Tafelschokolade und 20 Prozent weniger Pralinen verkauft als im Vorjahreszeitraum.

Die deutschen Süßwarenhersteller haben laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) ihre Produktion von Schoko-Osterhasen um 12 Millionen auf 228 Millionen Stück reduziert.

Für preisbewusste Konsumenten gibt es dennoch Strategien: Viele Supermarktketten bieten Sonderaktionen an, bei denen die Preise deutlich reduziert sind. Nach den Feiertagen werden Schokoladenprodukte zudem häufig mit Rabatten von bis zu 50 Prozent angeboten.

Faktenbox: Kakao-Krise 2024

Die aktuelle Situation auf dem Kakaomarkt stellt eine historische Zäsur dar. Nie zuvor wurden so hohe Preise für den Rohstoff gezahlt, der die Grundlage für die 20 Milliarden Euro schwere Schokoladenindustrie bildet.

  • Gesamtumsatz zu Ostern 2025: Der Einzelhandel in Deutschland erwartet für das Ostergeschäft 2025 einen Umsatz von 2,3 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 3,8 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. 
  • Knapp 41 % der Verbraucher planen, zu Ostern Geld auszugeben. 
  • 38 % der deutschen Haushalte kaufen vor Ostern Schokoladen-Osterhasen. 
  • Der Lindt-Goldhase ist mit 17 % Marktanteil der beliebteste Schoko-Osterhase, gefolgt vom Milka-Schmunzelhasen mit 13 %.
  • Rund 80 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Kakaos stammt aus der Elfenbeinküste und Ghana. Eine kurzfristige Verlagerung der Beschaffung in andere Regionen ist nach Angaben des BDSI aufgrund der Importmengen und der EU-Entwaldungsverordnung nicht realistisch.
  • Der Weltmarktpreis für Kakao erreichte 2024 mit bis zu 12.000 Euro pro Tonne einen historischen Höchststand, was einer Versechsfachung gegenüber dem Durchschnittspreis der Vorjahre entspricht. Diese Preisexplosion übertrifft alle bisherigen Schwankungen auf dem Kakaomarkt.
  • Die Kakaoernte in Ghana, einem der Hauptproduzenten, brach 2024 um fast 50 Prozent ein – der schlechteste Wert seit zwei Jahrzehnten. In der Elfenbeinküste, dem weltgrößten Kakaoproduzenten, wurden ebenfalls erhebliche Ernteausfälle verzeichnet.
  • Verteuerung des Rohstoffs: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts erhalten Verbraucher in Deutschland für jeden Euro ein Drittel weniger Schokolade als noch vor fünf Jahren. 

 

Discounter-Debatte um "Sitzhasen" und den Untergang des christlichen Abendlandes

Vor Kurzem sorgte die Bezeichnung "Sitzhase" für Schokoladenfiguren in Discounter-Prospekten für Diskussionen in sozialen Medien. Nutzer vermuten politische Motive hinter der Namensgebung und einen Verzicht auf den Begriff "Osterhase". 

Entgegen der in sozialen Netzwerken kursierenden Behauptungen bieten Discounter wie Lidl und Aldi weiterhin eine breite Palette an Produkten mit explizitem Osterbezug an. Lidl führt in seinem aktuellen Sortiment beispielsweise das "Favorina Osternest mit Hohlfiguren", den "Favorina Ostermischbeutel" und die "Favorina Ostertasse". Auch ein "Favorina XL Osterhase" ist erhältlich. Bei Aldi finden Kunden unter der Marke Moser Roth "Feine Ostereier" und "Mini-Ostereier".

Die Bezeichnung "Sitzhase" für bestimmte Schokoladenfiguren dient laut Unternehmensangaben lediglich der Produktdifferenzierung. "Einige Schokoladenhasen bezeichnet Lidl in Deutschland seit einigen Jahren als Sitzhasen, um eine klare Unterscheidung zwischen den verschiedenen Artikeln zu ermöglichen", erklärte ein Unternehmenssprecher. Diese Praxis sei branchenüblich und habe keine kulturellen oder politischen Hintergründe.

 

Kurzer Überblick zur Geschichte von Schokolade und Kakao

Die Geschichte des Kakaos reicht bis in die Hochkulturen Mittelamerikas zurück, wo die Maya und Azteken Kakao als heiliges Gut verehrten und als Getränk konsumierten. Erst nach der Eroberung Amerikas gelangte Kakao im 16. Jahrhundert nach Europa. Dort entwickelte er sich vom Luxusgetränk der Aristokratie zur beliebten Zutat für Süßwaren. Mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert begann die kommerzielle Massenproduktion von Schokolade – und damit auch die globale Vernetzung des Kakaomarkts. Seither ist der Kakaoanbau eng mit wirtschaftlichen, politischen und klimatischen Entwicklungen in den Hauptanbauregionen verknüpft.

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