Soja statt Schnitzel: Freiburgs Bio-Pionier Taifun-Tofu knackt die 48-Millionen-Euro-Marke
Vom Kellerraum zum Millionenunternehmen: Wie Taifun mit regionalem Soja und innovativen Produkten den Tofu-Markt erobert.

Von Andreas Kempf
Da ein Heizungsbetrieb, daneben ein IT-Spezialist, weiter vorn ein Maschinenbauer, dazwischen Hallen in Standardbauweise: Hier ist also das Mekka vieler Menschen, die sich gerne vegetarisch oder vegan ernähren. Der Sitz von Taifun hier im Freiburger Norden ist von anderen Gewerbekomplexen kaum zu unterscheiden. Doch wer Tofu gerne auf dem Speisezettel hat, schnalzt schon beim Blick auf das Firmenlogo mit der Zunge. Taifun ist die Marke, die Kenner dieser Sojaspezialität besonders schätzen und die vor allem in den einschlägigen Bio-Läden nicht fehlen darf.
Die Freiburger legen sichtlich nicht viel Wert auf ein pompöses Äußeres. Auf die inneren Werte soll es ankommen. Die Rohware wird deshalb nicht in Übersee eingekauft, sondern stammt von etwa 150 Ökobauern aus der Umgebung. „Darauf legen unsere Kunden großen Wert", betont Geschäftsführer Jesús Bastante. Rund 6000 Tonnen werden bei Taifun jährlich verarbeitet. Es entstehen Gerichte zum Frittieren, Aufstriche, vegane Würstchen, aber auch Black-Forest-Tofu, der speziell geräuchert ist.
Tofu wird aus zu Sojamilch verarbeiteten weißen Sojabohnen hergestellt. Mithilfe von Nigari (Magnesiumchlorid), Zitronensäure oder Calciumsulfat gerinnen die Eiweißbestandteile. Diese werden anschließend durch Erhitzen und Abschöpfen oder Filtrieren abgetrennt. In Japan, genauer Okinawa, benutzt man Seewasser statt Nigari und nennt solchen Tofu Shima-dofu (Inseltofu). Mitunter wird Tofu auch gepresst, um ihm Flüssigkeit zu entziehen. Erste nachweisbare Quellen, die über Tofu berichten, stammen aus China und gehen auf das Jahr 965 zurück. Dort, wie auch in Korea, Japan, Vietnam oder Thailand, ist er neben Reis ein Grundnahrungsmittel.

Im deutschen Südwesten entfachte eine Gruppe um Wolfgang Heck und Klaus Kempff den Soja-Sturm. Die beiden unternahmen 1986 schon erste Versuche mit Tofu in einem Freiburger Kellerraum – sehr zum Missfallen des örtlichen Wirtschaftskontrolldienstes. Ein Jahr später finden die Tofu-Fans ein Gebäude zur größeren Produktion und eröffnen einen Stand in der Freiburger Markthalle. Der Firmenname sollte – passend zur asiatischen Herkunft der Speise – einen exotischen Klang haben. Neben Hakuin, Samurai, Mikado kommt auch Taifun als Idee auf – und wird es. Geld müssen sich die Tofu-Enthusiasten privat leihen. „Die Banken waren damals sehr skeptisch", erinnert sich Heck. Er ist damals der Einzige, der täglich in der Markthalle steht und Tofu-Gerichte verkauft. Der Rest der Mitstreiter ist nur für Teilzeitmitarbeit zu begeistern.
Anbau in Deutschland
Kempff treibt parallel die Produktion mit seiner Firma „Life Food" voran. Mit Heck ist vereinbart, dass beide sich unterstützen und abstimmen. 1989 legen sie ihre Aktivitäten zusammen. So produziert und vertreibt Life Food ihre Gerichte unter der Marke Taifun. Der Name wird international geschützt und gewinnt zunehmend in den Biogeschäften einen Platz in den Regalen. Die ersten genveränderten Sojabohnen aus den USA bringen eine weitere Wende. Die Kunden wollen nun genauer wissen, wie die Lebensmittel entstehen, die sie kaufen und essen.
Die Freiburger sehen sich im Zuge dieser Verbrauchersensibilisierung nach Ökobauern der Umgebung um. Im Laufe der Jahre steigert sich die Sojaanbaufläche für Taifun-Tofu von 40 auf 2500 Hektar. Es entsteht auch eine Kooperation mit der Landwirtschaftsuni in Stuttgart-Hohenheim. Gemeinsam entwickeln sie neue proteinreiche Sojasorten mit klangvoll-asiatischen Namen wie Tofina, Tori, Todeka. Sie sind seit 2019 offiziell zugelassen.
Inzwischen verteilen sich die Anbauflächen auf Deutschland, Österreich und Frankreich. Das soll das Risiko von Ernteausfällen verringern. „Dennoch spüren wir die aktuellen klimatischen Veränderungen bereits deutlich", sagt Heck. Die entstehenden Ertragsschwankungen mussten durch „kostspielige Lagerhaltung" ausgeglichen werden. „Die Sojabohne wird uns also auch weiterhin von Ernte zu Ernte in eine gewisse Anspannung versetzen", sagt der Gründer, der sich schrittweise aus dem Unternehmen zurückziehen will. „Unsere Pionieraufgabe, den eigenen Sojaanbau in Deutschland und Europa zu installieren, haben wir erfüllt."
Seit 2014 sind die Anteile an Taifun-Tofu in der Heck-Stiftung eingebracht. Die soll dafür sorgen, dass die auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Firmenvision langfristig verfolgt werden kann. Für Geschäftsführer Bastante ist Tofu ein Beispiel gelebter Ernährungswende. Durch den hohen Anteil an hochwertigem Sojaeiweiß sei dies ein wichtiges Lebensmittel für die Zukunft. „Wir brauchen innovative Lösungen, um die Klimakrise bewältigen zu können", sagt er. Tofu sei ideal für eine ausgewogene und kreative vegetarische Küche geeignet, wirbt der Taifun-Geschäftsführer.
Diese besondere Sinnhaftigkeit sei auch täglich unter den 120 Beschäftigten spürbar. „Unsere Leute leben das Produkt. Manche sind schon seit Jahrzehnten dabei", erklärt Bastante. Stolz sind die Leute bei Taifun auf den Deutschen Nachhaltigkeitspreis, mit dem der Tofu-Hersteller für 2025 ausgezeichnet wurde. Die Jury würdigte unter anderem den Einsatz gegen Lebensmittelverschwendung und die ressourcenschonende Herstellung.
Wie genau auf den inzwischen gut 10.000 Quadratmetern Produktionsfläche gefertigt wird, bleibt streng gehütetes Geheimnis. Im vergangenen Jahr ist der Umsatz um elf Prozent auf 48 Millionen Euro gestiegen. Knapp 60 Prozent des „Bio-Tofu aus Leidenschaft" werden in Deutschland verkauft. Weitere 27 Prozent finden im benachbarten Frankreich ihren Absatz. Insgesamt sind die Taifun-Produkte inzwischen in den Regalen von zwölf europäischen Ländern zu finden.
Neues Wachstum erhofft sich Co-Geschäftsführer Sebastian Klose durch die Zusammenarbeit mit großen Lebensmittelketten wie Edeka oder Rewe. „Das ist allerdings schon eine andere Welt", gibt er zu. Die Einkaufsmethoden unterscheiden sich von denen der Bioläden und Spezialketten. Zudem will man Taifun-Tofu auch in den Betriebskantinen verbreiten. Die Ernährungspioniere haben sich damit einer neuen Herausforderung gestellt: Black-Forest-Tofu könnte die Currywurst verdrängen.
Taifun-Tofu GmbH
Taifun-Tofu hat sich seit seiner Gründung 1989 zu einem führenden Hersteller von Bio-Tofu in Europa entwickelt. Das Unternehmen setzt auf Nachhaltigkeit, regionale Produktion und innovative Produkte.
- Sitz: Freiburg
- Gründung: 1989
- Mitarbeiter: 320
- Umsatz: 48 Millionen Euro
- Regionaler Sojaanbau: Taifun bezieht Soja von etwa 150 Ökobauern aus der Umgebung. Die Anbaufläche ist von anfänglich 40 auf 2500 Hektar gewachsen, verteilt auf Deutschland, Österreich und Frankreich.
- Produktinnovationen: In Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim wurden neue proteinreiche Sojasorten wie Tofina, Tori und Todeka entwickelt. Diese sind seit 2019 offiziell zugelassen und speziell für den Tofu-Anbau in Europa geeignet.
- Wirtschaftlicher Erfolg: Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz um 11% auf 48 Millionen Euro. 60% der Produkte werden in Deutschland verkauft, 27% in Frankreich. Insgesamt sind Taifun-Produkte in 12 europäischen Ländern erhältlich.
- Zukunftsperspektiven: Taifun expandiert in neue Vertriebskanäle wie große Lebensmittelketten und Betriebskantinen. Das Unternehmen sieht Tofu als wichtigen Beitrag zur Ernährungswende und zur Bewältigung der Klimakrise.
© Taifun Tofu
BU: Mission Qualität: Die Geschäftsführer Sebastian Klose (l.) und Jesús Bastante arbeiten am optimalen Produkt. Der Auftritt ist eher zurückhaltend.