Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Zukunftsmärkte > Macher der Woche

Stefan Heissner wechselt zu PWC

Er war Chefaufklärer bei den Wirtschaftsprüfern von EY: Stefan Heissner ist ein landesweit gefragter Experte, wenn es darum geht, Regeln für eine saubere Unternehmensführung festzulegen. Doch seit EY in den Wirecard-Skandal verwickelt ist, haben es Chefaufklärer im eigenen Hause schwer. Jetzt wechselt Heissner zur Konkurrenz.

Aktionäre erinnern sich mit Schauern: Im vergangenen Jahr, da hat es einen der bisher größten Finanz- und Betrugsskandale in der deutschen Geschichte gegeben, als der Finanzdienstleister Wirecard krachend zusammenbrach. Das Management musste einräumen, dass 1,9 Milliarden Euro in der Unternehmensbilanz aus Luftbuchungen bestanden. Staatsanwälte ermitteln seither, ob möglicherweise seit 2015 nur noch Scheingewinne bei Wirecard ausgewiesen worden waren. Milliarden an Aktionärskapital sind verraucht.

Mittendrin im Skandal: die Wirtschaftsprüfer von EY. Sie hatten dem Konzern jahrelang testiert, dass aus ihrer Sicht eigentlich alles in Ordnung sei. Und mitten mittendrin stand Stefan Heissner, ein ehemaliger Polizist mit 15 Jahren Berufserfahrung im Polizeidienst. Er hatte seinen Beamtendienst quittiert und war als Berater zu EY gewechselt. Seine Spezialität: unsaubere Unternehmensführung und was sich dagegen unternehmen lässt. Für EY war das ein lukrativer Geschäftszweig.

Doch seit jüngstem ist Heissner nun auch nicht mehr bei den Beratern von EY. Er und seine Kämpfer für mehr moralische Sauberkeit in Unternehmen verlassen geschlossen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und wechseln zu einem anderen der sogenannten "big four", der vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: Der direkte EY-Konkurrent PwC kann nun auf sie zählen. Managermagazin und die Nachrichtenplattform The Pioneer haben zuerst darüber berichtet.

Heissner, ein studierter Ökonom, ist so etwas wie der deutsche Antibetrugs-Papst. Er leitete bei EY die Abteilung Fraud Investigation & Dispute Services und veröffentlichte regelmäßig Aufsätze, hielt Vorträge und gab Interviews zu Themen rund um die sogenannte "verantwortungsvolle Unternehmensführung". Er ist Dozent an der European School of Management and Technology in Berlin sowie an Polizeiakademien. "Die Bedeutung von Compliance ist auch bei deutschen Unternehmen angekommen. Dennoch ist Compliance vielerorts eher ein Pflichtthema, das kaum als aktiver Werttreiber verstanden wird", klagte er 2013 in einem Interview. Dafür, dass sich das ändert, stand er in den Diensten von EY, die sich immer stärker auch als Berater und nicht nur als Prüfer verstanden. Er ermittelte immer dort unbestechlich, wo es für die Unternehmen selbst ungemütlich wurde. Unternehmen wie Siemens, Deutsche Bank und Ferrostaal hat er von ihrer dunkleren Seite kennengelernt.

Als um so unpassender muss er es empfunden haben, dass ausgerechnet der eigene Arbeitgeber, nämlich EY, plötzlich im Rampenlicht solcher Machenschaften stand. Die Wirtschaftsprüfer wollen jahrelang nicht bemerkt haben, dass bei ihrem Kunden Wirecard nach Strich und Faden betrogen wurde. Heissner musste sich deswegen vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags verantworten und zog mit seinen eher schmallippigen Aussagen den Unmut der Bundestagsabgeordneten auf sich. Allerdings steckte der Ermittler selbst in der Zwickmühle. Jedes Wort zuviel hätte möglicherweise den eigenen Arbeitgeber belastet, der selbst auf der Anklagebank sitzt: Aktionäre werfen ihm vor, dazu beigetragen zu haben, dass sie gutgläubig Anlageentscheidungen trafen, die sich mit dem Untergang der Firma als finanzielles Desaster entpuppten.

Heissner hat aus diesem persönlichen Dilemma jetzt die Konsequenzen gezogen. Gemeinsam mit ihm wechseln einige Dutzend weitere EY-Kollegen von der einen zur anderen Beratungsgesellschaft, alle stammen sie aus Heissners Anti-Betrugs-Truppe. Damit wird klar: Eifrige Aufklärer sehen ihre eigene Zukunft bei EY derzeit nicht sonderlich rosig.

Ähnliche Artikel