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Einkauf, Marketing und Marken > Stellenabbau bei Autozulieferern

Stellenabbau und Umstrukturierung: Deutsche Autozulieferer-Riesen schrumpfen

Continental und ZF Friedrichshafen kündigen massive Einschnitte an. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

Die deutsche Automobilzulieferindustrie steht vor einem radikalen Umbruch. (Foto: Shutterstock)

Die deutsche Automobilzulieferindustrie steht vor einem radikalen Umbruch. Continental, einer der weltweit größten Autozulieferer, kündigte am 18. Februar 2025 an, weitere 3.000 Stellen in der Forschung und Entwicklung abzubauen. Zeitgleich prüft ZF Friedrichshafen, der drittgrößte Zulieferer Deutschlands, die Abspaltung seiner gesamten Antriebssparte. Diese Entwicklungen markieren einen Wendepunkt für eine Branche, die lange als unverwüstlich galt.

Continental: Radikaler Stellenabbau in der Entwicklung

Der Hannoveraner Konzern Continental setzt den Rotstift an: Bis Ende 2026 sollen weltweit 3.000 Stellen in der Forschung und Entwicklung wegfallen, davon 1.450 in Deutschland. "Diese werden neu aufgestellt und fokussieren sich auf Zukunftstechnologien, die hohes Kundeninteresse finden", erklärte der DAX-Konzern gegenüber der Automobilwoche. Betroffen sind vor allem die Standorte Frankfurt und Babenhausen mit jeweils 220 Stellen, aber auch Ingolstadt, Regensburg und Nürnberg müssen Einschnitte hinnehmen.

Dies ist bereits die zweite Welle von Stellenstreichungen bei Continental innerhalb kurzer Zeit. Erst im Vorjahr hatte das Unternehmen den Abbau von 7.150 Stellen angekündigt, davon 5.400 in der Verwaltung und 1.750 in der Entwicklung. Insgesamt erhöht sich die Zahl der Stellenstreichungen damit auf über 10.000. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Iglhaut zeigte sich alarmiert: "Wir sind zutiefst besorgt, dass sich die tiefen Einschnitte bei der Automotive-Forschung und -Entwicklung zu einem umfassenden Kahlschlag ausweiten", erklärte er gegenüber der Tagesschau.

ZF Friedrichshafen: Komplette Antriebssparte auf dem Prüfstand

Noch dramatischer stellt sich die Lage beim Friedrichshafener Zulieferer ZF dar. Wie das Handelsblatt berichtete, prüft das Unternehmen die komplette Abspaltung seiner Antriebssparte, die als Herzstück des Traditionsunternehmens gilt. In der sogenannten "E-Division" bündelt ZF alle Pkw-Antriebsvarianten – von konventionellen über Plug-in-Hybrid- bis zu rein elektrischen Antrieben.

Die mögliche Ausgliederung hätte gewaltige Auswirkungen: 32.000 Beschäftigte wären betroffen, der Umsatz der Sparte beträgt 11,5 Milliarden Euro. Damit stünden jeder fünfte ZF-Mitarbeiter und ein Viertel des Konzernumsatzes zur Disposition. Ein ZF-Sprecher wollte die Pläne auf Anfrage nicht bestätigen, erklärte aber: "Wir prüfen derzeit strategische Kooperationen und Partnerschaften, um dieser Division wieder profitables Wachstum zu ermöglichen und die dafür nötigen Investitionen zu tätigen."

Gründe für die Krise der Autozulieferer

Die Gründe für die tiefgreifenden Umstrukturierungen bei den deutschen Autozulieferer-Riesen sind vielschichtig:

  • Transformation zur Elektromobilität: Der Umstieg auf Elektroantriebe erfordert massive Investitionen in neue Technologien und Produktionsanlagen. Gleichzeitig brechen Umsätze im traditionellen Verbrennungsmotor-Geschäft weg. Viele Zulieferer haben Schwierigkeiten, diese Lücke zu schließen.
  • Hohe Schuldenlasten: Strategische Zukäufe der Vergangenheit belasten die Bilanzen. ZF etwa hat durch die Übernahmen von TRW und Wabco Nettoverbindlichkeiten von 10,5 Milliarden Euro angehäuft. Dies schränkt den finanziellen Spielraum für Investitionen ein.
  • Margendruck durch Autohersteller: Die Automobilhersteller geben den Kostendruck, dem sie selbst ausgesetzt sind, an ihre Zulieferer weiter. Dies führt zu sinkenden Margen bei gleichzeitig steigenden Anforderungen an Innovationen.
  • Globaler Wettbewerb: Neue Konkurrenten aus Asien drängen mit kostengünstigen Produkten auf den Markt. Dies verstärkt den Preisdruck zusätzlich.
  • Verzögerter Anlauf der E-Mobilität: Die Nachfrage nach Elektroautos entwickelt sich langsamer als erwartet. Dies führt zu Überkapazitäten und bindet Kapital in nicht ausgelasteten Produktionsanlagen.

Auswirkungen auf den Mittelstand: Dominoeffekt befürchtet

Die Krise der Branchenriesen Continental und ZF könnte einen Dominoeffekt auslösen, der auch mittelständische Zulieferer erfasst. 

Unternehmen wie Brose oder Mahle, die ebenfalls stark vom Wandel in der Automobilindustrie betroffen sind, könnten unter zusätzlichen Druck geraten. Brose, ein Familienunternehmen mit Sitz in Coburg, das sich auf Türsysteme und Sitzmechaniken spezialisiert hat, steht bereits vor schwierigen Entscheidungen. Für den Standort Würzburg wird es eng, wie unter anderem das Handelsblatt berichtet. Die Schließung des Werks mit rund 1400 Mitarbeitern steht im Raum. 

Auch Mahle, ein Stuttgarter Zulieferer mit Fokus auf Motorkomponenten und Thermomanagement, kämpft mit den Herausforderungen der Transformation. Das Unternehmen setzt verstärkt auf alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff, um sich für die Zukunft zu rüsten. 

Die Umwälzungen bei den großen Autozulieferern Continental und ZF Friedrichshafen markieren einen Wendepunkt für die gesamte Branche. Mittelständische Zulieferer wie Brose und Mahle stehen vor der Herausforderung, mit deutlich geringeren finanziellen Ressourcen den technologischen Wandel zu bewältigen. Ihre Fähigkeit zur Innovation und Anpassung wird darüber entscheiden, ob sie als eigenständige Unternehmen überleben oder von größeren Konkurrenten übernommen werden. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der deutsche Mittelstand in der Automobilzulieferindustrie seine Stärke bewahren kann oder ob eine Konsolidierungswelle die Branchenstruktur grundlegend verändert.

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