Südafrika hübscht sich für Investoren auf
Cyril Ramaphosa kann nach acht Monaten im südafrikanischen Präsidentenamt erste Zwischenziele verkünden: Das Land hat die Rezession überwunden und nimmt wieder verstärkt internationale Investoren ins Visier.
Der Hoffnungsträger für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents, die Lokomotive des wirtschaftlichen Aufschwungs in Afrika und das Symbol für Wandel und Modernisierung war und ist Südafrika. Doch die einstige Vorzeigenation für Demokratie, Wachstum und Modernisierung hat weiter mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen zu kämpfen.
Die grassierende Kriminalität, das Gefälle in Wohlstand, Einkommen und Eigentum zwischen den Ethnien, HIV und Aids, Energieknappheit, Infrastrukturdefizite, eine stark schwankende Währung – die Liste an Problemen ist lang und zeichnet ein düsteres Bild.
Doch gleichzeitig sind die Potenziale und Chancen des Standortes Südafrika groß, das Land für Investoren und internationale Unternehmen bei allen Schwierigkeiten und Bürokratiehemmnissen attraktiv. Das wissen auch deutsche Unternehmen, die Südafrika besonders gerne für einen Markteintritt in Afrika als Ausgangsbasis nutzen, dort investieren und dem Land die Treue halten, auf eine Verbesserung der Lage setzen. Gut 60 Prozent der Investitionen deutscher Unternehmen nach Afrika gehen in die „Rainbow Nation“.
Südafrika: Kaufkraft im Binnenmarkt wächst
Immerhin ist Südafrika weiterhin einer der größten Volkswirtschaften mit großer Ausstrahlung in die gesamte Region des südlichen Afrika und ein formidabler Binnenmarkt mit einer wachsenden und jungen, teils gut ausgebildeten Bevölkerung. Fachkräfte fehlen dennoch, so dass Unternehmen in die Ausbildung von Mitarbeitern investieren müssen. Die Bevölkerung ist indes nicht nur Arbeitskräftereservoir. In Südafrika gibt es eine wachsende und zusehends kaufkräftige Mittelschicht.
Das Land ist Standort hochwertiger und seltener Rohstoffe und Mineralien, bietet reichlich fruchtbare Böden, Privatwirtschaftstrukturen mit erfolgreichen Exportprodukten, Standort internationaler Unternehmen auch in der Industrie, hat passable Infrastrukturen, ist westlich orientiert und unter dem Strich eine der am weitest entwickelten Volkswirtschaften Afrikas. Die Voraussetzungen für einen Aufschwung sind damit eigentlich vorhanden. Doch viele hausgemachte Probleme und die politischen Entwicklungen trüben die Aussichten.
Ramaphosa sorgt für Aufbruchsstimmung
Südafrika wirft sich nun vielen Investoren an den Hals, will unter dem neuen Präsidenten Cyril Ramaphosa, der durch seine Erfahrung in der Privatwirtschaft dafür gute Voraussetzungen mitbringt, einen neuen Aufbruch in Gang setzen. Korruption und schlechte Regierungsführung des Vorgängers Jacob Zuma hatten das Investorenvertrauen zuvor stark erschüttert, die Wirtschaft geriet in eine Abwärtsspirale.
Der neue Präsident bringt Zuversicht ans Kap, aber tritt nach der Ära Zuma, die auch noch ein großes Loch im staatlichen Haushalt hinterlassen hat, ein schweres Erbe an. Mit dem großen Versprechen, die wirtschaftliche Abwärtsspirale aufzuhalten, kam Ramaphosa im Februar 2018 ans Ruder und legt seitdem einen guten Start hin, will politische Unwägbarkeiten der letzten Jahre vermeiden, durch Einsparungen beim Budget die Verschuldung reduzieren, Institutionen stabilisieren und die Korruption bekämpfen.
Das Wachstum soll zulegen und durch verlässliche Wirtschaftspolitik gefestigt werden. Regulatorische Unsicherheiten will man abbauen und deutlich stärker auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen. Das Kabinett wurde geschrumpft, mit Korruptionsvorwürfen belastete Minister und andere unliebsame Multiplikatoren hat man vor die Tür gesetzt, liegengebliebene Gesetzesverfahren abgeschlossen.
Entschädigungslose Enteignungen werden diskutiert
Südafrika will einen ökonomischen Relaunch hinkriegen und das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen. Erste positive Signale gibt es bereits von internationalen Unternehmen. In den kommenden Jahren sollen Neuinvestitionen mit einem Volumen von 100 Milliarden US-Dollar angezogen werden. Wachstumsmärkte in Südafrika sind unter anderem der Gesundheits- und Medizintechniksektor, die Agrarwirtschaft und der Energiesektor, in dem es zu einem deutlichen Ausbau im Bereich erneuerbarer Energien wie Windkraft und Photovoltaik sowie Erdgas kommen soll.
Ein Problem für die Stimmung der Investoren könnten jedoch die Pläne der Regierungspartei ANC sein, eine Landreform zugunsten der schwarzen Bevölkerung mit entschädigungslosen Enteignungen durchzuziehen. Der neue Präsident scheint dies zu goutieren, allerdings nicht auf Kosten der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung oder der Ernährungssicherheit.
Eine Lösung könnte sein, entschädigungslose Enteignungen auf wirtschaftlich ungenutzte Landflächen zu beschränken. Trotz der Debatte um die Landreform bleibt die Landwirtschaft selbst auf Wachstumskurs. Außerdem bleibt die stärkere wirtschaftliche Teilhabe der schwarzen Bevölkerung durch die Broad Based Black Economic Empowerment-Gesetzgebung ein Thema, das Investoren belastet.
Ambitionierte Großprojekte stehen auf der To-do-Liste des Landes und wurden teilweise schon in Angriff genommen – um weiter die private Investitionsbereitschaft zu steigern. Südafrika will Sonderwirtschaftszonen auflegen, die Infrastruktur (beispielsweise Häfen, Schienen und Verkehr) ausbauen und die Industrie sowie Energieprojekte stärker fördern.
Mittelfristiges Wachstum um 2 Prozent
Tatsächlich wird mit einer Rückkehr Südafrikas auf einen Wachstumspfad gerechnet: 2018 soll die Wirtschaft um fast 1,5 Prozent zulegen, danach wird erwartet, dass sich das Wachstum bei gut 2 Prozent einpendelt. Der Handel zwischen Deutschland und Südafrika bleibt solide und zeigt sich bislang wenig schwankungsanfällig. Deutschland ist ein äußerst wichtiger Handelspartner des Landes – besonders bei Produkten für die Industrie in den Sektoren Chemie, Auto, Metall oder Lebensmittel. Deutsche Unternehmen glauben augenscheinlich weiter an den Standort, wollen investieren.
Es wäre wichtig, dass das für den Kontinent so wichtige Land seine Vorreiterrolle nicht verliert und Zugpferd der Entwicklung bleibt. Denn schließlich sind die Nachbarstaaten sehr eng mit Südafrikas Wohl und Wehe verknüpft und teilweise deutlich von der Entwicklung am Kap abhängig.
Guido Zakrzewski ist Diplom-Geograph.