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Einkauf, Marketing und Marken > Die neue Konsumwelt für Hund, Katze & Co.

Tierliebe als Wirtschaftsfaktor: So boomt der Heimtiermarkt in Deutschland

| Markt und Mittelstand Redaktion

Haustiere als Wirtschaftsfaktor: Knapp sieben Milliarden Euro Umsatz in Deutschland – Tendenz steigend.

Paar am Messestand der Animal 2024
Emotionaler Wachstumstreiber: Der Heimtiermarkt boomt mit Futter, Technik und Tiergesundheit. (Foto: Messe Stuttgart)

29.7.2025 -  Markt und Mittelstand

Hunde, Katzen, Kaninchen – wer sie liebt, spart nicht an ihnen. Was jahrzehntelang als Nischenmarkt galt, hat sich zu einem ökonomischen Schwergewicht entwickelt. Die deutsche Heimtierbranche erwirtschaftete zuletzt über 6,9 Milliarden Euro Umsatz jährlich, Tendenz steigend. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Futter und Körbchen. Gesundheit, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Emotionalisierung treiben die Dynamik eines Marktes, der kaum noch vom klassischen Konsum zu trennen ist.

Hinter dem Wachstum steht eine klare Entwicklung: Haustiere werden zunehmend wie Familienmitglieder behandelt – und entsprechend umsorgt. Diese Verschiebung verändert Kaufentscheidungen, Markenstrategien und Preissensibilität. Wo früher Preis-Leistungs-Denken dominierte, herrscht heute eine Art emotionale Zahlungsbereitschaft. Gekauft wird, was gut tut – für das Tier und das eigene Gewissen.

Die Ökonomie der Zuneigung

Die Konsumlogik im Heimtiersegment folgt nicht der klassischen Bedürfnisbefriedigung, sondern einer aufschiebbaren Rationalität. Wer seinem Hund Bio-Futter kauft, entscheidet nicht nach Kilopreis, sondern nach Wertelogik. Das macht das Segment resistent gegenüber wirtschaftlichen Schwankungen – und interessant für Marken, die sich im Premiumbereich positionieren wollen.

Zudem handelt es sich um einen stetig wachsenden Kundenstamm: 47 Prozent aller Haushalte in Deutschland leben mit mindestens einem Tier. Die Corona-Pandemie und der Trend zum Homeoffice haben diesen Anteil zusätzlich steigen lassen – Haustiere sind in vielen Familien nicht nur Begleiter, sondern auch soziale Strukturgeber geworden. Das befeuert den Markt für Zubehör, Dienstleistungen, Versicherungen und sogar Individualreisen mit Hund.

 

Die Heimtierbranche ist jung, wachsend, emotional – und digitalisierbar

Die Branche differenziert sich rasant aus. Besonders auffällig ist der Boom bei:

  • Pet Food: Funktionale Snacks, barf-optimierte Produkte, Nahrungsergänzung

  • Pet Tech: Tracker, Überwachungskameras, digitale Futterspender

  • Pet Health: Physiotherapie, Zahnreinigung, Telemedizin für Tiere

  • Versicherungen: Tierkrankenversicherungen mit KI-gestützter Risikoprüfung

  • Green Pet: Nachhaltige Produkte, Zero-Waste-Spielzeug, kompostierbare Verpackungen

Hinzu kommen Start-ups, die mit Plattformlösungen, Abo-Modellen oder maßgeschneiderten Ernährungsplänen neue Impulse setzen – oft mit Venture Capital im Hintergrund. Denn auch Investoren haben das Potenzial erkannt: Die Heimtierbranche ist jung, wachsend, emotional – und digitalisierbar.

Vom Handel zur Haltungskultur

Was zunächst nach Tierliebe aussieht, ist zunehmend ein Teil kultureller Selbstvergewisserung. Haustiere kompensieren Einsamkeit, schaffen Routine, geben Halt. Sie sind Projektionsflächen in einer hochindividualisierten Gesellschaft. Der Markt folgt dieser Entwicklung mit Produkten, die nicht einfach „nützlich“ sind, sondern bedeutsam.

Darin liegt die eigentliche Sprengkraft des Segments: Es lässt sich nicht mehr rein funktional beschreiben. Der Heimtiermarkt ist ein emotionalisierter Wachstumsmarkt, in dem Ökonomie, Psychologie und Kultur in Echtzeit ineinandergreifen. Die PETS in Ludwigsburg bildet diesen Trend exemplarisch ab – als Messe, aber auch als gesellschaftlicher Seismograf.

Heimtiermarkt Deutschland – Zahlen, Trends und Perspektiven

  • Wirtschaftsfaktor Heimtier

Die deutsche Heimtierbranche erwirtschaftete 2024 einen Gesamtumsatz von rund 7 Milliarden Euro – ein stabiles Ergebnis trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten. Der stationäre Fach- und Lebensmitteleinzelhandel steuerte dabei 5,4 Milliarden Euro bei, der Onlinehandel etwa 1,5 Milliarden Euro.

  • Futtermittel als Wachstumstreiber
    Besonders robust zeigte sich der Bereich Heimtier-Fertignahrung: Mit einem Umsatz von rund 4,3 Milliarden Euro konnte dieses Segment um 1,3 % gegenüber dem Vorjahr zulegen. Katzenfutter bleibt mit 2,3 Milliarden Euro Umsatz das stärkste Segment, angeführt von Trockenfutter (+5,9 %) und Snacks (+3,9 %).

  • Hundefutter im Rückgang
    Der Markt für Hundefutter zeigte leichte Rückgänge. Während Snacks zulegten (+1,5 %), verzeichneten Trocken- und Feuchtfutter jeweils ein Minus (–2,8 % bzw. –2,0 %).

  • Zierfische und Kleintiere: gemischte Entwicklung
    Zierfischfutter konnte erneut zulegen (+3,3 %), während Ziervogelfutter (–4,1 %) und Kleintierfutter (–7,9 %) deutlich unter Druck standen. Auch Wildvogelfutter verzeichnete mit –9,9 % einen Rückgang – wohl auch wegen des milden Winters.

  • Premiumisierung und Tierwohl im Fokus
    Heimtiere gelten immer häufiger als Familienmitglieder – laut Umfragen stimmten dem 2023 74 % der deutschen und 77 % der nordamerikanischen Tierhalter zu. Das schlägt sich in der Nachfrage nach hochwertigen Produkten und Services nieder.

  • Europäischer Vergleich
    Deutschland bleibt europäischer Spitzenreiter bei der Heimtierhaltung: 34,3 Millionen Tiere leben hierzulande in Haushalten – mehr als in Italien (33,7 Mio.) und Frankreich (31,9 Mio.).

  • Die wichtigsten Messen sind die Interzoo in Nürnberg und die ZOOMARK in Bologna

Quelle: Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF. Der Verband setzt sich seit über 75 Jahren für eine verantwortungsvolle Heimtierhaltung ein – mit wachsender Bedeutung in einer Gesellschaft, die Tierhaltung zunehmend als Teil von Lebensqualität begreift.

Fazit

Der Heimtiermarkt ist kein Randthema mehr – er ist ein Beispiel dafür, wie sich Konsum, Wertewandel und Wirtschaftsdynamik in einem Segment verdichten können. Wer verstehen will, wie sich Märkte von morgen entwickeln, sollte auf die Tierwelt von heute schauen. Denn hier zeigt sich: Der Kunde ist längst nicht mehr König. Sondern Halter. Und das Tier? Das ist die neue Mitte.

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