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Einkauf, Marketing und Marken > Krisenbewältigung

Trumpf sieht noch kein Ende der Krise

Trumpf kämpft mit Auftragsrückgang und Investitionsdruck. CEO mahnt politische Unterstützung an, setzt aber weiter auf eigene Innovationskraft.

Produktion bei Trumpf
(Foto: Trumpf)

„Es ist Grund zur Sorge angebracht.“ Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin des Maschinenbauers Trumpf in Ditzingen bei Stuttgart, ist keine Frau, die zur Dramatisierung neigt. Gleichwohl lässt sie deutlich durchblicken, dass sie mit großer Skepsis in die Zukunft blickt. Der Auftragseingang für das Ende Juni 2025 auslaufenden Geschäftsjahr werde allenfalls auf dem Laufenden Niveau stagnieren und der Umsatz dementsprechend geringer ausfallen.

Damit schlägt die Krise beim erfolgsgewohnten Familienunternehmen immer deutlicher durch. Schon im vorherigen Geschäftsjahr ging der Umsatz um 3,6 Prozent zurück. Der Auftragseingang sank um 10,4 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. „Wir haben somit eine Milliarde Euro binnen zwei Jahren beim Auftragseingang eingebüßt“, stellt Leibinger-Kammüller klar.

Bisher konnte der Hersteller von Laser-Werkzeugmaschinen, Elektronik-Komponenten und wichtige Teile für die Chip-Herstellung das einbrechende Geschäft mit dem hohen Bestand an Bestellungen kompensieren, der sich nach der Pandemie angehäuft hatte. „Wir sind im vergangenen Geschäftsjahr noch glimpflich davongekommen“, so Leibinger-Kammüller. Doch in den meisten Sparten folgen immer weniger Order vor allem aus dem Ausland. So ist der Umsatzanteil des deutschen Heimatmarkts auf 15,9 Prozent gestiegen. Im Geschäftsjahr 2022/23 waren es noch 14,5 Prozent. Doch auch hier spürt der Maschinenbauer die Krise. Denn auch im Inland bestellen die Kunden – oft kleine und mittelständische Unternehmen immer weniger.

Das Familienunternehmen hat schon früh damit begonnen, Kosten einzusparen

Dabei greift Trumpf vor allem Absatz von Werkzeugmaschinen den Abnehmern in Europa aktiv mit Krediten aus der eigenen Trumpf-Bank unter die Arme. "Wir bieten bessere Konditionen als viele Banken, weil wir unsere Kunden kennen. Im Notfall können wir die Maschine zurücknehmen und etwas damit anfangen. Das kann eine Sparkasse nicht", erläutert Finanzchef Lars Grünert.

Bis zu einem Drittel der Werkzeugmaschinen finanziert Trumpf somit selbst. Durch diesen besonderen Einblick in die Finanzlage der Kunden bekommen die Ditzinger einen sehr tiefen Einblick in die aktuelle Situation bei vielen Mittelständlern. „Die ist bei vielen schlecht“, fasst es Grünert zusammen. So sei auch die Zahl der Insolvenzen unter den langjährigen Kunden merklich gestiegen.

Das Familienunternehmen hat schon früh damit begonnen, Kosten einzusparen. Nach 178 Millionen Euro in der vorherigen Periode sollen es in diesem Geschäftsjahr noch einmal rund 300 Millionen Euro werden. An vielen deutschen Standorten hat Trumpf damit begonnen die Arbeitszeit abzusenken. Die Mitarbeiter können dabei bis zu 100 Minusstunden ansammeln.

"Das ist ein zinsloser Kredit des Unternehmens", erläutert Personalchef Oliver Maassen. Über diese Grenze hinaus greift der Tarifvertrag Beschäftigungssicherung (TV-Besch), der eine Lohnabsenkung von bis zu zehn Prozent vorsieht. „Wir wollen versuchen mit der gesamten stamm-Mannschaft durch diese Zeit zu kommen“, betont Maassen. Sollte sich die Lage bis zum Frühjahr aber weiter zuspitzen, schließ die Trumpf-Führung auch einen Stellenabbau nicht aus.

Nicht gespart wird bei den Investitionen für Forschung und Entwicklung. Die stiegen zuletzt um 54 Millionen Euro auf 530 Millionen Euro. Damit investiert Trumpf mehr als jeden zehnten Umsatzeuro (10,3 Prozent) in weitere Innovationen. Mit dieser Quote liegt deutlich über dem Schnitt der Branche, die zwischen fünf und sechs Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung einsetzt. Leibinger-Kammüller sieht sich vereint mit tausende von Mittelständlern, die Ihre Innovationen selbst finanzieren und kaum Fördergelder beziehen. „Wie helfen uns in der Rezession selbst.“ Umso weniger Verständnis hat sie, dass für große Konzerne, die nach staatlicher Hilfe rufen, wenn die Geschäfte schlecht laufen. Diese Milliarden würden für die steuerliche Entlastung von Handwerk und Mittelstand dringend benötigt.

 

Wo sind jene Schritte, die dazu beitragen, dass Deutschland wieder wettbewerbsfähig wird?

Leibinger-Kammüller rügt die Tendenz der Politik, den Unternehmen immer höhere Hürden in den Weg zu stellen, während subventionierte Wettbewerber aus Asien auch noch mit gefälschten Maschinenzertifikaten auf den EU-Markt drängen. „Während wir nachweisen sollen, dass unsere Lieferketten im Sinne der Menschenrechte funktionieren.“ Die Trumpf-Chefin rügt, dass die Ampel der tatsächlichen Lage der Wirtschaft nicht gerecht werde und sich im parteipolitischen Kleinklein verliert, statt die tatsächlichen Probleme anzugehen. „Die Bürokratie für Unternehmen und Privatpersonen ist auf einem Höchststand.“

Die Trumpf-Chefin vermisst eine Gemeinschaftsinitiative von Politik, Wirtschaft und Bürgern, um die Krise im Rahmen einer „Agenda 2030“ anzugehen. Stattdessen werde auch in der Industrie schnell nach dem Staat gerufen. Das habe zum „planwirtschaftlichen Agieren der Ampel“ geführt. „Wo sind jene Schritte, die dazu beitragen, dass Deutschland wieder wettbewerbsfähig wird? Wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen die zu unserer Wirtschaftsstruktur als Produktionsstandort passen.“

„Wir glauben an unsere Produkte, unsere Technologien und vor allem: unsere Mitarbeiter“. Damit macht die Trumpf-Chefin klar, dass ihr Unternehmen aus eigener Kraft die Krise bewältigen will. Sorgen bereitet der Trumpf-Führung die Entwicklung in China und den USA, wo sich die protektionistischen Tendenzen weiter verstärken. Das verstärke den Druck auf das Unternehmen. Auch die Konflikte in der Ukraine und Nahost würden die allgemeine Verunsicherung verstärken. „Wir blicken mit Entschlossenheit in die Zukunft; nicht mit naivem Optimismus.“

Die Trumpf Gruppe

Der Maschinenbauer Trumpf hat im Geschäftsjahr 2023/24 (30. Juni) mit 19.000 (Plus 3,6 Prozent) Beschäftigten einen Umsatz von 5,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das sind 3,6 Prozent weniger als in der vorangegangenen Rechnungsperiode, als das Familienunternehmen ihr 100jähriges Bestehen gefeiert hat.

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank um 114 Millionen Euro auf eine halbe Milliarde Euro, war einer Rendite von 9,7 Prozent (Vorjahr 11,5 Prozent) entspricht.

In Deutschland stieg die Zahl der Mitarbeiter um 4,2 Prozent auf 9500.

Die wichtigsten Standorte sind im Großraum Stuttgart, Freiburg, Schramberg und Hettingen.  Insgesamt arbeiten fast 3100 Spezialisten an der Entwicklung neuer Erzeugnisse. Die Nachfrage nach Trumpf-Produkten ist zuletzt um gut zehn Prozent weltweit eingebrochen. Eine Wende ist aktuell nicht in Sicht.                             

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