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Unklare Unternehmensstrukturen und fehlende Digitalisierung gefährden den Geschäftserfolg

Damit mittelständische Firmen ihren Erfolg absichern bzw. weiter ausbauen können, dürfen sie ihre eigenen Unternehmensziele und die Struktur nicht aus dem Blick verlieren

In der Pandemie hat der Corona-bedingte Druck auf die Geschäftsergebnisse das Problem intransparenter Ziele und fehlender Struktur überlagert. Gerade KMU haben häufig mit unklar definierten Geschäftsbereichen, Verantwortlichkeiten und Prozessen zu kämpfen. Die Eigentumsverhältnisse und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Mittelstands bringen oft Interessenskonflikte in der Geschäftsführung hervor und es entwickeln sich konträre Strategien.

Verschärft wird das Problem, wenn parallel ein unkontrolliertes Organisationswachstum eintritt. Viele Betriebe sind so mit dem Wachstum beschäftigt, dass schlicht versäumt wird, den Organisationsausbau in feste Bahnen zu lenken und Strukturen inkl. Verantwortlichkeiten einzuziehen. Denn zu Anfang war der Bedarf nach einer Organisationsstruktur gering, nimmt aber mit wachsendem Erfolg zu. Damit stellen KMU sich selbst ein Bein. Unzufriedenheit entsteht in der Belegschaft durch hohe Belastung und fehlende Verantwortlichkeiten, Tätigkeiten sind ineffizient, weil das Ziel unklar ist, Prozesse sind unnötig lang. Es ist dringend erforderlich, den Wildwuchs zu beenden und das Unternehmen klar zu strukturieren – unter anderem, indem fachliche und personelle Verantwortlichkeiten etabliert werden.

Auch das Thema Digitalisierung kommt oftmals zu kurz. Während 77 Prozent der Großunternehmen Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) beschäftigen, sind es nur 17 Prozent der KMU. Prozesse sind fehleranfällig und zeitintensiv, digitale Archivlösungen selten. So verlieren KMU sukzessive den Wettbewerbsanschluss. Für ein erfolgreiches und nachhaltiges Fortbestehen, sollten sich KMU regelmäßig entlang folgender drei Säulen überprüfen:

Säule 1: Transparente Geschäftsstrategie

Gerade im Mittelstand sind viele Unternehmen stark wachsend und verbreitern ihren Betrieb über viele Jahre stetig. Dabei werden neue Geschäftsbereiche erschlossen und aufgebaut, andere reduziert. Der Fokus auf die Kerngeschäftsfelder geht verloren. Daher gilt es, die Geschäftsstrategie regelmäßig zu prüfen und bestmöglich zu konkretisieren. Klar definierte Ziele geben Leitplanken zur Verfolgung der festgelegten Strategie vor. Dabei sollte auf eine ausreichende Messbarkeit Wert gelegt werden – weiche Ziele wie "der weitere Ausbau eines Geschäftsbereichs" sind zu vage und sollten daher immer mit messbaren Ziel-Kennziffern, wie Höhe des Marktanteils, Kundenwachstumsquote, Umsatz hinterlegt werden. Neben den klassischen können weitere geeignete Erfolgskennziffern, wie die Anzahl neu gewonnener strategischer Partner und Dienstleister oder der Ausbau des Produktportfolios um eine festgelegte Anzahl an Produkten herangezogen werden.

Um die eigene Geschäftsstrategie zu prüfen und zu konkretisieren, empfiehlt es sich, den alltäglichen Arbeits-Rhythmus zu durchbrechen und einen Strategieworkshop außerhalb des Büros im Kreis der Geschäftsführung durchzuführen. Hier können ggfs. externe Berater zur Moderation sowie für die Strukturierung und neue Impulse hinzugezogen werden.

Säule 2: Trennscharf abgegrenzte Geschäftsbereiche und -verantwortung

Sind die Geschäftsstrategie und das mittel- / langfristige Unternehmensziel skizziert und festgelegt, gilt es, klare Verantwortlichkeiten für die einzelnen Geschäftsbereiche zu etablieren. Die eingesetzten Führungskräfte, u. a. bestehende Gesellschafter, neue (externe) Geschäftsmitglieder oder -mitarbeiter, sind für die Erreichung der festgelegten Ziele, laufenden Überprüfung, Dokumentation und Offenlegung verantwortlich. Zusätzlich müssen die eigenen Mitarbeiter den Geschäftsbereichen und Führungskräften zugeordnet werden. Die disziplinarische Mitarbeiterverantwortung ist in der Geschäftsführung und bei Führungskräften mit klaren Zuständigkeiten zu verankern. Notwendige fachliche oder personelle Verzahnungen zwischen den Geschäftsbereichen gilt es zu identifizieren, um standardisierte Regelprozesse zu etablieren (siehe Säule 3).

Durch die klare Strukturierung und Fokussierung der einzelnen Geschäftsbereiche kann das Geschäftsmodell zukünftig flexibel und schnell angepasst werden. Mithilfe dieser Maßnahmen sind KMU gegen Krisen, wie. die Corona-Pandemie, wesentlich besser gewappnet. Das zeigt auch eine Umfrage des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) 2020, in der die flexible Anpassung des Geschäftsmodells als notwendige Sofortmaßnahme Platz 3 hinter "Liquidität sichern" und "Geschäftsbetrieb erhalten" einnimmt.

Säule 3: Schlanke Prozesse und Digitalisierung

Viele Prozesse sind gerade im Mittelstand historisch gewachsen, meist der Unternehmensgröße nicht mehr angemessen und ineffizient. Durch die Auflistung der relevanten Prozesse gilt es in einem ersten Schritt Transparenz zu schaffen. Ausgewählte, elementare Prozesse gilt es vertieft zu analysieren und zu optimieren. Hierbei stellt die Digitalisierung eines der größten Optimierungshebel dar. Das belegt auch eine Umfrage des IfM 2020: 62,2 Prozent der befragten Experten/-innen sehen die Digitalisierung als zweitwichtigste Herausforderung des Mittelstands an, hinter "Wettbewerbsfähigkeit sichern".

Aufwändige manuelle und analoge Prozesse sind fehleranfällig und zeitintensiv – die Überführung dieser Prozesse in digitale end-to-end Prozesse führt zu einer Effizienzsteigerung bei gleichzeitiger Erhöhung der Prozessqualität. Auch die Einführung von digitalen Archivlösungen zur Aufbewahrung und zum schnellen Auffinden von Dokumenten hilft, die Effizienz zu erhöhen. Es gilt die Prozesse pragmatisch und mit Augenmaß zu verschlanken und zu optimieren, eine zu starke Formalisierung wirkt kontraproduktiv und sollte vermieden werden.

Personell müssen sich KMU dringend im Bereich Digitalisierung neu aufstellen. Denn intransparente, analoge Prozesse sind oft fehleranfällig und haben einen hohen Kapazitätsbedarf – IT-Fachkräfte können diese digitalisieren bzw. automatisieren und damit den Personalbedarf senken. Dafür müssen sich die Führungskräfte der KMU jedoch dringend und mit klarem Ziel zusammenfinden. Neben personellen Verantwortlichkeiten muss die gesamte Geschäftsleitung gemeinsam Geschäftsschwerpunkt und Kommunikationsstrategie (auch intern) festlegen. Eine grobe Prozessaufnahme und -bewertung muss erfolgen. Erst dann kann ein Maßnahmenplan zur Umsetzung entwickelt werden und ausgewählte Prozesse mit marktüblicher Software mit Augenmaß optimiert und verschlankt werden.

Sebastian Stöcker hat Wirtschaftsingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Karlsruhe und der Lappeenranta University of Technology (LUT) in Finnland studiert. Die Schwerpunkte seines Studiums legte er dabei insbesondere auf Spieltheorie und Finance. Nach Praktika in verschiedenen Branchen entschied er sich 2017 für den Einstieg in die Beratung und für Berg Lund & Company. Seither begleitet Sebastian Stöcker die BLC-Klienten vor allem bei vertriebsstrategischen Fragestellungen im Corporate Banking und bei Herausforderungen im Zuge des digitalen Wandels. Insbesondere die digitale Transformation und die Schaffung von Innovationen sind aktuelle Fragestellungen aus seinem Berufsalltag.

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