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Zukunftsmärkte > Lieferkettenengpässe

Unternehmer stöhnen über Lieferkettengesetz

Tag des Familienunternehmens: Angesichts der drohenden Rezession fordern die Unternehmen weniger Bürokratie. Sorge bereiten vor allem europäische Richtlinien wie das geplante Lieferkettengesetz und Regeln zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Näherinnen in eine Textilfabrik
Näherinnen in eine Textilfabrik: Das Lieferkettengesetz soll auch deren Arbeitsbedingungen verbessernBild: Shutterstock

Steigende Energiepreise, steigende Zinsen, Teilemangel, dazu die unabsehbaren Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine: Deutschland steuert auf eine Rezession zu. Sich in dieser Situation etwa mit Berichtspflichten zu beschäftigen, ist für viele Unternehmen unverständlich. Zumal es so aussieht, als würde eine erledigte Aufgabe dieser Art zwei neue nach sich ziehen – etwa beim Lieferkettengesetz. „Wir brauchen ein Sofortprogramm zum Bürokratieabbau“, forderte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, beim Tag des deutschen Familienunternehmens in Berlin.

Das Thema ist nicht neu, geschehen ist in den vergangenen Jahren aber offenbar wenig. Aus Sicht der Familienunternehmen liegt hier großes wirtschaftliches Wachstumspotenzial. Kirchdörfer zählt Bürokratieabbau zu den „Maßnahmen, die den Steuerzahler nichts kosten, aber viel bewirken können“. Die Stiftung wird von mehr als 500 Familienunternehmen als Förderern getragen. Sie vertritt Firmen mit im Schnitt 850 Millionen Euro Umsatz und 5000 Mitarbeitern.

Das europäische Lieferkettengesetz ist für Kirchdörfer ein typisches Beispiel für ein Gesetz, das wirtschaftliche Aktivitäten erschwert. Die Familienunternehmen seien vollauf beschäftigt, das deutsche Lieferkettengesetz umzusetzen, sagte er. Das europäische werde die Lage verschärfen. Für viele kleine und mittlere Unternehmen sei es zu aufwändig. Nach dem deutschen Lieferkettengesetz müssen vom 1. Januar 2023 an alle Unternehmen darauf achten, dass ihre ausländischen Zulieferer den Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen und Löhne bieten. Und das natürlich auch dokumentieren. Das Gesetz gilt für alle Unternehmen, die in Deutschland tätig sind und zunächst für Firmen mit mehr als 3000 Beschäftigten.

Die geplante EU-Richtlinie sieht ähnliche Regeln vor, allerdings für alle Unternehmen. Auch ist eine neue zivilrechtliche Haftung geplant. Ein Arbeiter aus Bangladesch könnte dann in Deutschland gegen eine deutsche Firma klagen. Das deutsche Gesetz schließt das explizit aus.

Aus Sicht der Familienunternehmen droht vor allem aus Brüssel weiteres Ungemach: Die Taxonomie etwa, die festlegen soll, was nach Umwelt-, sozialen Gesichtspunkten und Aspekten der guten Unternehmensführung (ESG) ein gutes Investment ist. Oder weitere Nachhaltigkeitsberichterstattung. CDU-Parteichef Friedrich Merz sagte, man könne nicht so weitermachen, als habe es den 24. Februar nicht gegeben. An dem Tag griff Russland die Ukraine an und veränderte die europäische Gesamtsituation nachhaltig. Die neue Weltlage braucht für ihn eine andere Herangehensweise – mehr weltpolitisch strategisch statt nach innen regelnd. Merz forderte mehr gründliches und grundsätzliches Vertrauen in Unternehmen und Menschen in Deutschland und weniger Staat und Kontrolle.

Ein wesentliches Ärgernis für die Unternehmen sind seit Jahren auch lange Planungsphasen und langsame Behörden. Bundesverkehrs- und -digitalminister Volker Wissing (FDP) will zumindest die Planung bei der Reparatur der gut 4000 maroden Autobahnbrücken, bei Reparatur und Ausbau des Bahnnetzes und beim Glasfaserausbau beschleunigen. Viel verspricht er sich von seriellem Bauen, also standardisierten Bauteilen, und einer digitalen Modellierung, sehr vereinfacht: Entwicklung am Computer mit Hilfe unter anderem von künstlicher Intelligenz. Vor allem letzteres bringt nach seinen Wort 20 bis 30 Prozent mehr Tempo. Insgesamt will die Regierung die Planungszeit für Infrastrukturprojekte halbieren.

Zum Tag der Familienunternehmen kamen rund 350 Gäste aus familiengeführten Firmen. Dabei waren neben Bundesverkehrsminister Wissing und CDU-Chef Merz auch Grünen-Co-Chef Omid Nouripour, Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundeskanzleramt und zuständig für die G7, Bundesnetzagenturchef Klaus Müller und Chinas Botschafter in Deutschland, Wu Ken.

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