Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Zukunftsmärkte > Kündigungswelle droht

Väter verlangen mehr Familienfreundlichkeit

Arbeitgeber müssen sich laut einer neuen Studie auf eine Trendwende einstellen. Immer mehr Väter verlangen etwas anderes als ein hohes Gehalt oder einen schicken Dienstwagen: Betriebe müssen ihnen mehr Möglichkeiten geben, sich um die Familie zu kümmern. Da gibt es nur ein großes Problem.

Immer mehr Väter verlangen etwas anderes als ein hohes Gehalt oder einen schicken Dienstwagen: Betriebe müssen ihnen mehr Möglichkeiten geben, sich um die Familie zu kümmern.© Shutterstock

Viele Jahre lang war die Größe des Dienstwagens ein nennenswertes Kriterium für Männer bei der Frage, bei welchen Arbeitgeber sie anheuern. Gerade wenn es beim Gehalt keine großen Unterschiede gab, spielte schon eine Rolle, ob es Passat oder A6 war. Eine umfangreiche Studie des Prognos-Instituts zeigt nun: Famili­en­freund­lich­keit ist mittler­wei­le für immer mehr Väter ein entschei­den­des Krite­ri­um für die Wahl oder den Wechsel ihres Arbeits­plat­zes – und kann damit für Arbeitgeber zum wesentlichen Faktor werden im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Umgekehrt formuliert: Wer nicht Frauen und Männern hilft, den Spagat zwischen der sogenannten Care-Arbeit und dem Job hinzubekommen, hat bald ein Problem.

Die Studie mit dem Titel „Wie väter­freund­lich ist die deutsche Wirtschaft?“ zeigt im Detail, dass schon heute jeder zehnte Vater mal gekündigt hat, um Familie und Beruf besser in Einklang bringen zu können. Und das dürften mehr werden. Inzwischen denken 17 Prozent häufig und weitere 23 Prozent manchmal darüber nach. In Summe sind also 40 Prozent unzufrieden mit dem Verhalten ihrer aktuellen Arbeitgeber – das sollte Unternehmen wachrütteln. Je mehr Kinder es im Haushalt gibt, desto höher ist übrigens die Wechselbereitschaft.

Die Studie hat Prognos im Auftrag des Bundes­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­ums erstellt. „Wer sich nicht um die Wünsche der Väter kümmert, geht das Risiko ein, sie zu verlie­ren“, mahnt Bundesfamilienminis­te­rin Lisa Paus (Grüne). Die Studie zeigt aus ihrer Sicht, dass Unternehmen gut beraten seien, „im eigenen Inter­es­se“ an ihrer Väter­freund­lich­keit zu arbei­ten. Führungs­kräf­te spiel­en dabei eine wesentliche Rolle, „da sie die Kultur prägen, als Vorbil­der fungie­ren und ganz konkret über Verein­bar­keits­be­din­gun­gen von Vätern entschei­den können“. Dass auch die Mütter und deren Arbeitgeber profitieren, liegt auf der Hand. Schließlich können sie mehr arbeiten, wenn der Vater sich besser einbringt.


Arbeitgeber überschätzen sich

Auffällig ist, dass sich viele Arbeitgeber selbst deutlich besser beurteilen als es ihre Angestellten tun. Kein Unternehmen stuft sich als „väter­un­freund­lich“ ein. 63 Prozent halten sich für „sehr väter­freund­lich“ und weite­re 31 Prozent für „teilwei­se väter­freund­lich“. Auf dieselbe Fragen antworten die Angestellten spürbar anders: Für „sehr väter­freund­lich“ halten ihren Arbeitgeber nur 38 Prozent und 45 Prozent für „teilwei­se väter­freund­lich“. Betriebe finden also deutlich stärker, dass sie die Bedürf­nis­se der Arbeit­neh­mer mit Kindern hinreichend berück­sich­tigen, als es die Angestellten tun. Nur 44 Prozent der befragten Väter sind „zufrieden“ mit den Arbeits­zeit­re­ge­lun­gen, 93 Prozent wünschen sich mehr Flexibilität. Fast jeder zweite würde gern weniger Überstunden machen. Zwar seien Angebote da, aber in der Prognos-Studie heißt es: „Jedoch ist betrieb­li­che Väter­freund­lich­keit nur wirksam, wenn Perso­nal­maß­nah­men in eine väter­be­wuss­te Unter­neh­mens­kul­tur einge­bet­tet und die Anlie­gen der Väter in puncto Verein­bar­keit thema­ti­siert und ernst genom­men werden.“

 

Skurrile Wahrnehmungsdifferenzen bei Teilzeit

Neben der Flexibilität bei den Arbeitszeiten ist die zweite Frage, ob Väter in Teilzeit arbeiten können, ohne nennenswerte Nachteile für die eigene Karriere befürchten zu müssen. Und hier ist die unterschiedliche Wahrnehmung beinahe schon skurril: 70 Prozent der Arbeitgeber sagen, dass es die Möglichkeit gibt, aber nur 37 Prozent der Väter. Wenn nur halb so viele Angestellte wie Führungskräfte der Meinung sind, dass man Teilzeit machen kann – dann scheint also in Deutschland das Motto zu gelten: Theoretisch dürfen Väter in Teilzeit geben, aber nur wenigen wird das Gefühl vermittelt, diesen Weg auch tatsächlich gehen zu können.

Das belegt auch eine weitere Zahl auf der Studie: Bei der der Bewer­tung der Führungs­kräf­te zeigt sich eine deutli­che Kluft: 83 Prozent der Chefinnen und Chefs schätzen sich selbst so ein, dass sie sich glaubhaft für die Verein­bar­keit von Beruf und Familie engagie­ren, denkt nur knapp die Hälfte der Väter, von Unter­neh­mens­sei­te sind es dagegen 83 Prozent – aber nicht mal jeder zweite Vater. Immerhin: 59 Prozent der Väter, die schonmal in Elternzeit gegangen waren, bekamen laut eigener Aussage keine negati­ven Reaktio­nen zu spüren. Rund 30 Prozent berichteten von negati­ven oder abfäl­li­gen Kommen­ta­ren aus der Unter­neh­mens­füh­rung und 16 Prozent gaben an, unter Druck gesetzt worden zu sein, kürzer in Eltern­zeit zu gehen als sie es beantragt hatten. Positiv bewertet werden im Hinblick auf die Familienfreundlichkeit überdurchschnitt häufig Unter­neh­men aus der Dienst­leis­tungs­bran­che. „Kaum väter­freund­lich“ sind dagegen tendenziell Betrie­be des produ­zie­ren­den Gewer­bes sowie der Branchen Handel, Instand­hal­tung, Kfz-Repara­tur, Verkehr, Gastge­wer­be und Infor­ma­ti­on und Kommu­ni­ka­ti­on.

Ähnliche Artikel